Zuhörer in eine Vortragsaal.
Gut besucht war der 30. Münchener Dachtag im Novotel München. (Quelle: Friedrich)

Solar 2024-03-28T11:19:17.092Z PV-Schäden: Nicht „nice to have“

München: Falsch installierte PV-Anlagen und fehlender Brandschutz waren die Schwerpunkte des 30. Münchener Dachtags. Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll, welche Schnittstellenprobleme Unternehmer in der Praxis vor Herausforderungen stellen. Im Zweifel hilft nur: Aufklärung, Beratung und Vereinbarung.

Die Bundesregierung macht weiter Druck, Dachdecker suchen dringend Nachwuchskräfte, um den Anfragen von Bauherren zu energetischen Sanierungen nachzukommen. Dazu gehören zunehmend Solar-Anlagen, leider von Solarteuren oft falsch montiert. Somit war das Thema Photovoltaik beim 30. Münchener Dachtag Ende Februar gesetzt. Obermeister Dr. h.c. Josef Frank, Dachdeckerinnung München-Oberbayern, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in München im Hotel Novotel München und vor den Bildschirmen. Der Sachverständige verdeutlichte beispielhaft, wie vielfältig die Schäden bei PV-Anlagen sind, zum Beispiel durch unzureichende lastverteilende Maßnahmen, zu geringe Abstände bei Brandwänden oder durch unzureichende Überprüfung der Nahtverfügung. „Wenn es nach dem Willen der Bundesregierung ginge, müssten wir theoretisch Dachdecker einstellen, die nur PV installieren. Doch wir haben zu wenig Nachwuchs, allerdings müssen wir zumindest unsere Dächer schützen. Es kann nicht sein, dass fachfremde Monteure auf unseren Dächern Schaden anrichten“, betonte Frank.

Zwei Männer auf einer Bühne
Obermeister Josef Frank (links) mit Moderator Florian Geyer. (Quelle: Friedrich)

Moderator Dachdecker- und Spenglermeister Florian Geyer, Sachverständiger im Dachdecker- und Spenglerhandwerk, kritisierte ebenfalls die oft unzureichende Ausbildung der Solarteure. „Die Frage nach der Qualität der Installation stellt sich oft nicht“, so Geyer.

Viele Defizite bei PV-Anlagen

Gerade im Bereich Brandschutz gibt es mittlerweile viele Schäden bei PV-Anlagen. Wolfgang Schröder, zertifizierter Sachverständiger für Photovoltaik-Anlagen, sprach über den Brandschutz bei Photovoltaik-Anlagen unter Berücksichtigung der VdS-Richtlinie 6023 „Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) auf Dachflächen mit brennbaren Baustoffen“. Schröder erläuterte, was eine PV-Anlage von anderen elektrischen Anlagen unterscheidet und welche brandrelevanten Fehler auftreten. „Es wird künftig einen weiteren Zubau an PV-Anlagen geben, die Risiken bleiben allerdings: Fehlende Normen, fehlende Normen-Kenntnis, Produktdefizite, Zeitdruck, fehlende Fachkräfte und fehlende technische Abnahmen“, betonte Schröder, der ebenfalls zahlreiche Schadensbilder zeigte. „Es gibt oft keine herstellergleichen Steckverbindungen, auch Taubenkot kann zum Beispiel einen Leitungsbrand auslösen. Es gibt leider oft auch kein Anlagenmonitoring, die PV-Anlagen laufen ‚blind‘ ohne Prüfung oft weiter“, so Schröder. Brandschutz ist nicht nice to have, betonte der Experte abschließend, Fachwissen sei die Grundlage für eine mangelfreie Planung und Ausführung, auch ein Wartungsvertrag sei als Prävention sinnvoll.

ABV: Aufklärung, Beratung und Vereinbarung

Mit den rechtlichen Folgen bei geplanten und installierten PV-Anlagen konfrontierte Dietrich Weder, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München und langjähriger Redner beim Münchener Dachtag, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sein Thema: „Schnittstellenprobleme bei Solaranlagen und Sanierungen im Bestand“. Humorvoll und lebhaft informierte er die Dachdeckerinnen und Dachdecker zu den Fällen Brandlast, Schneelast bzw. PV-Anlage auf Blechdach mit teilweisen Folgeschäden für die Auftragnehmer. „Im Zweifel hilft nur: ABV, Aufklärung, Beratung und Vereinbarung muss ich als Auftragnehmer beweisen können. Dazu sollte er sie am besten dokumentieren, um Beweismittel für die ‚rechtsgeschäftliche Zustimmung‘ der Auftraggeber zu schaffen“, so Weder. Die zahlreichen Wortbeiträge zeigten, wie komplex das Thema Absicherung bei Bauleistungen weiterhin ist.

Mann spricht vor Publikum.
Wolfgang Schröder, Zertifizierter Sachverständiger Photovoltaik-Anlagen, Fachreferent und Fachbuchautor, sprach über den Brandschutz bei Photovoltaik-Anlagen. (Quelle: Friedrich)

Farbige Darstellungen erleichtern das Verständnis

Nach der Pause gab Hans-Georg Roelle, langjähriger Vorsitzender im ZVDH-Fachausschuss Dachziegel/Dachsteine, Einblicke in den aktuellen Entwicklungsstand im Fachregelwerk für Dachdeckungen mit Dachziegeln und Dachsteinen. Neu sind farbige Darstellungen und Prinzip-Skizzen, die das Verständnis beim Einbau erleichtern. Roelle zeigte beispielhaft die Unterteilung der Bauteile in verschiedene Anwendungsklassen. Problembehaftet im Bereich Solar sind in Dachsteine und Traglatten eingehängte Halter für Modul-Tragegestelle, sie drücken auf den Deckwerkstoff und belasten die Kon-
struktion.

Mann spricht am Rednerpult
Mit den rechtlichen Folgen bei PV-Anlagen konfrontierte Dietrich Weder, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München und langjähriger Redner auf dem Münchener Dachtag, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. (Quelle: Friedrich)

Vertragliche Regelungen bei PV-Anlagen beachten

Nach der Pause ging es noch einmal juristisch weiter. Tim Wittke, selbstständiger Rechtsanwalt der Versicherungskammer Bayern, fragte vorab provokant: „Photovoltaik…Segen oder Fluch?“ Immer mehr Beteiligte sind mittlerweile auf dem Solar-Dach beschäftigt, das sorgt oft für mehr Risiken. Auf juristischer Ebene sollen Schäden durch die Anlage wie ein übergreifender Brand oder herabfallende Teile abgedeckt werden, das deckt die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht ab. „Zu beachten sind aber vertragliche Regelungen, sofern ein anderer die Anlage im Wege eines Nutzungsvertrages betreibt“, warnte Wittke die Dachdecker vor Ansprüchen. Im Bereich Solar wird vertraglich geregelt, wer die Prüfung der Standsicherheit für das Gebäude inklusive PV-Anlage übernimmt. Abschließend zeigte der Anwalt zahlreiche Schadensbilder, entstanden zum Beispiel durch Durchdringungen oder fehlende Absicherung der Baustelle. „Achten Sie darauf, dass die Errichtung von PV in der Betriebsbeschreibung steht“, so Wittke. Bis in den frühen Abend diskutierten die Dachdeckerinnen und Dachdecker noch weiter – ein anregender Dachtag ging zu Ende.

zuletzt editiert am 28. März 2024