Vier Azubis bildet Dachdecker Helmut Zimmer aus St. Wendel jedes Jahr aus – und das seit über 30 Jahren. Dafür wurde der dreifache Handwerksmeister letztes Jahr mit dem Schulewirtschaft-Preis ausgezeichnet. Doch sein Geld verdient er vor allem mit Businessparks und Solarmodulen.
Sitzen im Büro, das kann ich mir bei Helmut Zimmer kaum vorstellen. Als ich ihn im Industriegebiet St. Wendel besuche, kommt er gerade von einer Baustelle mit Asbestentsorgung. Er springt aus dem Pritschenwagen und führt mich sofort auf seinem Gelände herum – und das ist nicht gerade klein. Aber Platz hat Zimmer auf jeden Fall, vor allem für Azubis. Seit 33 Jahren selbstständig, bildet der 54-Jährige vier Azubis aus, jedes Jahr! Ein guter Schnitt bei einem 25-Mitarbeiter-Unternehmen. „Die ersten zehn Jahre hatten wir sogar immer zwölf Azubis.“ Dafür wurde Zimmer 2017 mit dem Schulewirtschaft-Preis ausgezeichnet. Geehrt werden Unternehmen, die sich in vorbildlicher Weise für die berufliche Orientierung von Jugendlichen engagieren. In der Kategorie „Kleine Unternehmen“ wurde die Helmut Zimmer GmbH mit dem ersten Platz ausgezeichnet. Über 100 Azubis sind seitdem von ihm und seinen Meistern ausgebildet worden. Und Helmut Zimmer lebt die Ausbildung. So führt er jede Woche eine Schulklasse durch den eigenen Betrieb oder geht aktiv selbst in die Schulen und wirbt für das Dachdeckerhandwerk.

100 Azubis für den Arbeitsmarkt
Doch was treibt den zweifachen Familienvater an, sich so intensiv um Nachwuchs zu kümmern? Denn im Grund ist es ja immer ein Minusgeschäft mit viel Aufwand und oft geringem Ertrag. Doch Zimmer sieht das anders und gibt ein Beispiel: „Vor Jahren stand die Prüfung für unsere vier Azubis an, zwei Realschüler, ein Haupt- und ein Sonderschüler. Um den Stoff besser zu lernen, habe ich ihnen die letzten Wochen freigegeben. Was ist passiert? Die Realschüler waren faul und haben nichts gelernt, der Hauptschüler auch nicht. Nur der Sonderschüler hat sich hingesetzt, gebüffelt und als Einziger der vier die Prüfung bestanden. Ab da ging der Junge mit einem ganz anderen Selbstwertgefühl durch den Ort“, erzählt Zimmer stolz.
Bei einem anderen Azubi war es noch extremer. Der kam nach trauriger Kindheit auf die schiefe Bahn, landete im Gefängnis. Zimmer holte ihn dort raus und ließ ihn sogar bei sich wohnen. Später war dieser Azubi Landessieger im Dachdeckerhandwerk, leitet heute ein Unternehmen und „schickt mir regelmäßig Nachrichten. Das ist doch das Beste! Du bekommst meistens viel mehr zurück, als du gibst“, ist sich Zimmer sicher. Nur einmal in 33 Jahren musste der Dachdeckermeister, der zugibt, nicht gerne „Nein“ sagen zu können, die Reißleine ziehen. Ein Azubi nutzte die Gutmütigkeiten aus und log so dreist, dass Zimmer ihn entlassen musste.
Der gute Ruf spricht sich in der Gegend um St. Wendel natürlich herum, vom strukturschwachen Saarland keine Spur. „Wir haben keine Probleme, Nachwuchs zu finden – im Gegenteil. Nach einem Praktikum schauen wir uns die Kandidaten genau an. Mich interessiert auch, aus welchem Elternhaus sie kommen“, sagt Zimmer. Für das gute Klima tut Zimmer einiges: Gemeinsam feiert das Team regelmäßig Geburtstage, Bootstouren auf der Saar gehören auch dazu sowie Theaterbesuche bei Freunden – Zimmer kennt sie alle und lässt sich diese Events etwas kosten: „Bei den Festen lassen wir es richtig krachen. Aber es ist mir schon wichtig, etwas zurückzugeben.“
Investition in PV
Mit offenen Fenstern fahren wir an diesem sonnigen Freitag durch das Industriegebiet St. Wendel. Überall Kunden, Freunde, jedenfalls bekannte Gesichter. Zimmer hebt immer den Arm zum Gruß und kommt kaum zum Schalten.
Johannes Messer
Den kompletten Beitrag lesen Sie in DDH 21.2018.