Arbeitssicherheit 2009-10-12T00:00:00Z Besteht eine Gefahr für Dachdecker durch Mobilfunk?

Über die Auswirkungen von elektromagnetischer Strahlung wird heftig gestritten. Von der unterschätzten Gefahr bis zur reinen Einbildung reichen die Einschätzungen. Wir lassen beide Seiten zu Wort kommen.

JA

Handwerker auf Dächern sind hauptsächlich der Strahlung durch aufgestellte Sendemasten ausgesetzt. Bei wenigen Metern Abstand schützt der in der 26.BImSchV vorgegebene Grenzwert vor thermischer Wirkung. Innerhalb dieser Zone darf nur mit Schutzanzug gearbeitet werden, der aber für Dachdecker ungeeignet ist. Es bleibt nur das konsequente Abschalten des Senders für die Dauer der Arbeit. Außerhalb dieser anerkannten Gefahrenzone schützt kein Gesetz vor athermischen Wirkungen. Mehr als tausend Umweltmediziner haben deshalb schon 2003 den Freiburger und danach den Bamberger Appell formuliert (siehe www.igumed.de/apell.html), um bei Betreibern, Politik und Behörden zu erreichen, dass auch die athermischen Wirkungen durch Vorsorgemaßnahmen begrenzt werden. Das Umweltbundesamt und die EU-Umweltagentur haben in der Studie "Späte Lehren aus frühen Warnungen" dokumentiert, wie viel Zeit von frühen Warnungen bis zur Anerkennung konkreter Gefahren vergeht. Obwohl es kein Naturgesetz ist, dass Schadensursachen immer so spät erkannt werden wie bei Zigaretten, Asbest oder Holzschutzmitteln, sollten Handwerker nicht auf die Einsicht von Öffentlichkeit und Gesetzgeber warten. Gerade wegen der widersprüchlichen Beweislage gilt es, wirksame Gesundheitsvorsorge über ihre Innungen fordern:

Vor dem Arbeitseinsatz ist mittels eines für diese Zwecke ausreichend genauen Handmessgerätes der Arbeitsbereich auf dem Dach zu überprüfen, ob Sendeleistungen oberhalb 1/1000 des Grenzwertes auftauchen. Wenn ja, sollte der Betreiber der Sendeantenne die Sendeleistung für die Zeit der Arbeit entsprechend absenken.

Die Höhe der Strahlung und Expositionszeit sollten Sie dokumentarisch mittels sogenannter Dosimeter festhalten, um nötigenfalls Ihre Forderungen auf Anerkennung berufsbedingter Gesundheitsschäden unterstützen. Damit wären Handwerker heute in einer weitaus besseren Beweislage als die damaligen Radartechniker.

Erste Schutzmaßnahmen vor Elektrosmog werden zwar durch die Bauberufsgenossenschaft geschult (BGR B 11 "Elektromagnetische Felder"), aber Stichproben bei den Handwerkern lassen teils auf ein sehr geringes Problembewusstsein schließen und teilweise zu Recht wird die Praktikabilität der vorgeschriebenen Maßnahmen in Frage gestellt. Der Mensch besitzt leider kein Sinnesorgan, das die Belastung durch den Elektrosmog sofort anzeigt. Erst wenn unser Körper, die permanente Strahlung nicht mehr erträgt, erscheinen Krankheitssymptome sehr vielfältiger Art, die von den wenigsten Ärzten richtig gedeutet werden können. Nicht zuletzt deshalb, weil seriöse Einrichtungen wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) oder die Strahlenschutz-Kommission betonen, dass über die Langzeitwirkungen von EMF nicht genügend wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen und somit bisher keine einheitlichen Kriterien zur Diagnostik formuliert wurden.

Gerrit Krause

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Gefahr durch Mobilfunk die Kernargumente

Dachdecker sind durch auf Dächern aufgestellte Sendemasten intensiver Elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt.

Auch außerhalb anerkannter Gefahrenzonen kann die Strahlung gesundheitliche Schäden verursachen.

In der Vergangenheit etwa bei Asbest und Zigaretten hat es Jahrzehnte bis zur Anerkennung einer gesundheitsschädlichen Wirkung gedauert auch bei widersprüchlichem Forschungsstand ist daher Vorsicht geboten.

Renommierte Institutionen wie das Bundesamt für Strahlenschutz und die Bauberufgenossenschaft raten inzwischen zu Schutzmaßnamen vor elektromagnetischer Strahlung.

NEIN

Nach bestem heutigem Wissen sind die warnenden Kassandra-Rufe der Mobilfunk-Kritiker nicht nur unbegründet, sondern sogar schädlich. Auch wer regelmäßig auf Dächern arbeitet und dabei die in Deutschland geltenden Grenzwerte beachtet, ist elektromagnetischen Feldern nicht mehr ausgesetzt als die Inhaber entsprechender Dachwohnungen. "Es gibt bis heute keinen wissenschaftlich glaubwürdigen Nachweis, dass sich bei Einhalten der gültigen Grenzwerte Elektrosmog über Nocebo-Effekte hinaus gesundheitsschädlich auswirkt. Elektro-Smog ist ein Elektro-Spuk allein die Angst davor macht krank!" (Prof. Dr. med. P. Kröling, Universität München). Dies ist auch die Meinung internationaler Experten und Gremien. Dafür, dass gepulste Signale wie die des digitalen Mobilfunks gesundheitsschädlich sind, gibt es bisher ebenfalls keinerlei epidemiologische Anhaltspunkte.

Nieder- und hochfrequente technische Felder gibt es seit Beginn des letzten Jahrhunderts, also seit gut drei Generationen. Diese Zeit, in der sich unsere Lebenserwartung verdoppelt hat, ist sicher lang genug, um mögliche Langzeitwirkungen ausschließen zu können. Selbst wenn man auf biologische Effekte stößt, bedeutet das noch keineswegs, dass sie gesundheitsschädlich sind. Rechnungen und Messungen ergaben, dass Handys mit Strahlungsleistungen von 0,1 bis ein Watt nur lokale Erwärmungen im Kopfbereich um höchstens 0,1 Grad erzeugen können. Die auf den Körper einwirkenden Feldstärken der Basisstationen, die von der Bevölkerung vor allem bei Sichtkontakt(!) gefürchtet werden, sind um mehrere Zehnerpotenzen schwächer und können daher mit Sicherheit nicht thermisch wirksam sein. Im Sinne des Vorsorgeprinzips ist zudem bei den Grenzwerten noch ein Sicherheitsfaktor von 50 berücksichtigt. Eine Schadwirkung ist daher auszuschließen. Untersuchungen, in denen schädliche Wirkungen angeblich nachgewiesen worden sind, gibt es unter den vielen Tausenden von Publikationen immer. Welche Aussagekraft eine Untersuchung hat, kann nur der Experte sagen, der sie im Zusammenhang mit vergleichbaren Studien beurteilt und prüft, ob sie fehlerfrei durchgeführt wurde. Niemand kann nachweisen, dass Elektrosmog absolut unschädlich ist auch wenn dies objektiv so ist. Denn man kann nur etwas beweisen, was wirklich existiert. Aber man kann berechnen, innerhalb welcher Grenzen sich schädliche Wirkungen bewegen würden, wenn es sie gäbe. Und die wären beim Elektrosmog so klein, dass sie im Vergleich zu bekannten Umweltgefahren zu vernachlässigen sind.

Von 420.000 mehrjährigen Handy-Nutzern erkrankten 10 Prozent weniger an Krebs als in einer Vergleichsgruppe, die keine Handys besaß.

Wenn Handys schädlich sind, dann sollten Leute, die viel telefonieren, häufiger erkranken: und zwar besonders an der Kopfseite, an die sie das Handy halten. Diese Erwartung trifft nicht zu.

In Deutschland gab es 1997 etwa 10.000 "Elektrosensible", die an diversen Befindlichkeitsstörungen litten. In England, Finnland, Italien und Österreich dagegen sind solche Fälle kaum bekannt. Daher handelt es sich hier um ein psychologisches Phänomen: um Auto- beziehungsweise Fremdsuggestion, die mit der Resonanz in den Medien einhergeht.

Wissenschaftliche Untersuchungen etwa an der Universität Witten-Herdecke zeigten, dass "Elektrosensible" nicht fähig sind, schwache elektromagnetische Felder tatsächlich zu spüren. Bei Tests zeigten sie vielerlei Befindlichkeitsstörungen unabhängig davon, ob die Testfelder eingeschaltet waren oder nicht.

Wir halten es daher für unverantwortlich, Angst und Panik zu verbreiten vor etwas, dessen Schädlichkeit bis heute wissenschaftlich nicht belegt ist, denn dies bedeutet eine echte, akute Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung ( www.gwup.org/themen/texte/elektrosmog).

Rainer Wolf

Harmloser Mobilfunk die Kernargumente

Es gibt bis heute keinen wissenschaftlich glaubwürdigen Nachweis, dass sich bei Einhalten der gültigen Grenzwerte elektromagnetische Strahlung gesundheitsschädlich auswirkt.

Reale Gesundheitsschäden entstehen durch sogenannte "Nocebo-Effekte" die Erwartung einer schädlichen Wirkung kann tatsächliche Krankheiten verursachen. Panikmache vor "Elektrosmog" ist daher ethisch fragwürdig.

Während es in Deutschland an die 100.00 "Elektrosensible" gibt, ist das Phänomen in anderen Industrieländern nahezu unbekannt.

* Vergleichtests zeigen: Mehrjährige Handy-Nutzer erkranken nicht häufiger.

zuletzt editiert am 11. Dezember 2020