Steildach 2009-09-14T00:00:00Z Nicht unterschätzen

Mit zwei unterschiedlichen Funktionsprinzipien halten Rauch- und Wärmeabzugsanlagen die Fluchtwege frei - wir beschreiben beide Arten.

Der Rauch- und Wärmeabzug lässt sich technisch elegant über Lichtkuppeln oder -bänder realisieren, wenn diese neben ihrer Beleuchtungs- und Belüftungsfunktion zusätzlich als Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) ausgelegt sind. Möglich ist aber auch die Entrauchung über sichtdichte (opake) Klappen im Dach, deckennahe Fenster oder andere hoch liegende Wandöffnungen.

Dem Thema widmen sich eine Vielzahl von Vorschriften und Normen. Die zentralen Aussagen für die Anordnung und Bemessung findet der Dachdecker in den Landesbauordnungen (LBO) und der DIN 18 232 Rauch- und Wärmefreihaltung. Ein mit der DIN 18 232 weitgehend deckungsgleiches Regelwerk haben die Gebäude- oder Sachversicherer mit ihrer Richtlinie VdS CEA 4020 herausgegeben. Für die Prüfung und Konformität der RWA-Geräte ist seit dem 1. September 2006 DIN EN 12 101 relevant. Und schließlich können - je nach Gebäudetyp - auch andere Vorschriften wie zum Beispiel die Industriebau-Richtlinie, die Verkaufsstätten-Verordnung oder die Schulbau-Richtlinie eine Rolle spielen. Angesichts dieser Vielfalt empfiehlt es sich, bei den Überlegungen für Planung und Einbau von RWA von der Nutzungsart des Gebäudes auszugehen und dabei zwei Fälle zu unterscheiden, die zugleich auch die beiden grundsätzlichen Funktionsprinzipien der Systeme beschreiben.

Rauchabzug in Treppenräumen

Nach der jeweils zutreffenden Landesbauordnung muss dieser eingebaut werden; die RWA arbeitet nach dem "Spülprinzip".

Rauchabzug in allgemeinen Räumen

Dieser ist nach DIN 18232 auszuführen, bei dem die RWA eine Schichtenbildung der Brandgase und die Erhaltung einer raucharmen Schicht in den Fluchtwegen bewirkt.

Gefordert werden Rauchabzugsöffnungen an der obersten Stelle des Treppenraums mit einer freien Rauchabzugsfläche von fünf Prozent der Treppenraumgrundfläche. Je nach Bundesland darf dabei ein Mindestwert von 0,5 oder ein Quadratmeter nicht unterschritten werden. Die freie Rauchabzugsfläche ergibt sich rechnerisch aus der lichten Öffnungsfläche und dem Ausstellwinkel der Lichtkuppel, der Lichtbandklappe oder des Fensters.

Durch die im Brandfall geöffnete RWA entweicht der Rauch mit seinem eigenen thermischen Auftrieb über das Dach aus dem Treppenraum. Außerdem verdünnt von unten nachströmende Luft die Brandgase und verbessert dadurch die Sichtverhältnisse. Hierfür sind entsprechende Zuluftöffnungen (Türen) vorzusehen. Zusätzlich kann die Feuerwehr nach ihrem Eintreffen Hochdrucklüfter installieren und so das ganze Treppenhaus durchspülen.

Raucharme Schicht in den Fluchtwegen

DIN 18 232 beschreibt den Rauch- und Wärmeabzug für Räume im Allgemeinen (ohne Treppenräume). Gerade bei großflächigen Bauten wie Industrie- und Lagergebäuden, Einkaufszentren oder Veranstaltungshallen kommt es nicht primär auf das Verdünnen und Durchspülen des gesamten Raums an. Hier geht es vielmehr darum, die Fluchtwege möglichst lange raucharm zu halten, damit die Eigen- und Fremdrettung der Personen im Gebäude sowie der Löschangriff der Feuerwehr erfolgreich verlaufen können. Über der Brandquelle steigen die Brandgase trichterförmig nach oben (so genannte Plume) und sammeln sich zunächst unter der Decke. Ohne Abzugsmöglichkeit breitet sich der Rauch radial unter der Decke aus und strömt in Folge der Abkühlung an den Seitenwänden anschließend wieder nach unten. Die unten nachströmende Luft reißt diesen Rauch wieder in den Plume. In kürzester Zeit sind dadurch auch vom Feuer entfernte Bereiche vollständig verqualmt.

Wenn die Rauchgase jedoch über RWA im Dach entweichen und durch von unten nachströmende Frischluft ersetzt werden, bilden sich zwei Schichten im Raum aus: eine Rauchschicht im oberen und eine raucharme Schicht im unteren Teil. Die Sicht- und Bewegungsmöglichkeiten für Menschen in den Fluchtwegen bleiben dadurch erhalten. Hierbei sind Zuluftöffnungen im rauchfreien unteren Bereich erforderlich, die in ihrer Größe auf die aerodynamische wirksame Rauchabzugsfläche abgestimmt sein müssen. Räume über 1.600 Quadratmeter sind in Brandabschnitte aufzuteilen, zum Beispiel mit Brandschürzen. Je 200 Quadratmeter Grundfläche ist eine RWA vorzusehen. Das Ziel ist eine raucharme Schicht von mindestens 2,50 Meter Höhe.

Beispiel Dachöffnungen, Lichtkuppeln - und bänder

Gemäß obiger Definition der DIN EN 13501-5 gehören Dachöffnungen, Lichtkuppeln und -bänder ebenfalls zur Bedachung. Genügen diese nicht den Anforderungen an "harte Bedachungen", sind Ausnahmen möglich. Diese sind - wie bei den begrünten Dächern - in den jeweiligen Bauordnungen oder Verwaltungsvorschriften geregelt. So steht in der Bekanntmachung zum Vollzug der Thüringer Bauordnung ". . . Gegen Lichtkuppeln aus brennbaren Baustoffen in Dächern mit harter Bedachung bestehen keine Bedenken, wenn die Grundrissfläche der einzelnen Lichtkuppel in der Dachfläche 6 m2 nicht überschreitet, die Grundrissfläche aller Lichtkuppeln höchstens 20 vom Hundert der Dachfläche erreicht, die Lichtkuppeln untereinander und von den Dachrändern mindestens 1 m Abstand, von Lichtbändern einen Abstand von mindestens 2 m haben." Wird eine der genannten Anforderungen nicht erfüllt, so handelt es sich um "weiche Bedachungen". Diese sind nur bei Gebäuden geringer Höhe und mit besonderen Abständen möglich, wobei der Abstand nicht von der Außenwand sondern vom Dachüberstand zu berücksichtigen ist.

Thomas Hegger

Themenfeld Brandschutz

zuletzt editiert am 11. Dezember 2020