Flachdach 2009-09-07T00:00:00Z Sofort beachten

Die neuen Regeln für Dächer mit Abdichtungen liegen vor, sie müssen bei allen Baumaßnahmen ab sofort beachtet werden. Unser Sachverständigenautor Walter Holzapfel kommentiert Inhalte und Änderungen.

Handwerker entwickelten schon immer Ausführungsregeln, im Bereich von Schiefer- und Ziegeldeckungen sind sie Jahrhunderte alt und bewährt. In den letzten Jahrzehnten und im Zwang zur Bemaßung stützten sich die Verfasser des Regelwerkes auf technische Werkstoffnormen, ohne zu erkennen, wie wenig diese für den praktischen Einsatz am Bau geeignet sind: Werkstoff-(DIN-)Normen dienen ausschließlich der vergleichenden Bewertung neu hergestellter Werkstoffe, für die Nutzung am Bau sind die Werkstoffkennzahlen weitgehend unbrauchbar. Deutsche Ausführungs-(DIN-)Normen beschreiben immer die Mindestanforderung; wenn man sie in Bauregeln überträgt, beschreibt man auch dort nur den Mindeststandard. Die Verkürzung auf Kennzahlen hat in der Baupraxis dazu geführt, dass die als Mindestanforderungen gedachten Kennzahlen zur Standardausführung und damit zu meist schlechter Ausführung wurden. Die DIN 18351 und die neue Flachdachrichtlinie lehnen sich nun an die Praxis unserer Nachbarländer an, die Qualitätsabstufungen beschreiben und dazu jeweilige Mindeststandards festlegen. Erstmals unterscheidet man offiziell in Standard- und gehobene Ausführungen.

Meine Meinung zu den neuen Regeltexten:

1 Allgemeine Regeln

Geltungsbereich

Für nicht genutzte Dächer sind neben der Fachregel auch die Regelungen der DIN 18531 -Abdichtungen für nicht genutzte Dächer- zu beachten.

* Die Regeltexte übernehmen in wesentlichen Teilen die DIN 18531, sodass sich schon daraus eine Übereinstimmung ergibt.

1.2 Begriffe

1.2.1 Allgemeines

1.2.2 Abdichtungslage

Flächengebilde aus Abdichtungsstoffen. Eine Abdichtungslage oder mehrere vollflächig untereinander verklebte Abdichtungslagen bilden die Abdichtung.

1.2.3 Abschottung

Sicherungsmaßnahme, um Wasserunterläufigkeit in verschiedenen Schichten des Dachaufbaus zu verhindern.

* Der Begriff der Abschottung wird neu in die Regel aufgenommen; richtig im Hinblick auf technisch notwendige Abschottungen, zum Beispiel in begrünten Abdichtungen.

1.2.4 Anwendungskategorie

Zuordnung für Dachabdichtungen, bei der hinsichtlich der Planung und der Bemessung unterschiedliche Anforderungen an Stoffe und Konstruktion gestellt werden.

* Dies ist der Einstieg in die technisch beschriebene höherwertige Abdichtung. Der Begriff der "Sonderkonstruktion" ist hier durch die Anwendungskategorie ersetzt; hier werden auch Beanspruchungen durch Auflasten erfasst.

1.2.7 Beanspruchungsklasse

Zusammenfassung mechanischer und/oder thermischer Beanspruchungsstufen zu kombinierten Beanspruchungen von Dachabdichtungen.

* Eine aus DIN 18351 übernommene Einteilung, die meines Erachtens überregulierend und in der technischen Anwendung ohne Nutzen ist.

1.2.16 Eigenschaftsklasse

Abstufungen thermischer und mechanischer Produkteigenschaften, denen die Abdichtungsprodukte aufgrund ihrer spezifischen Stoffeigenschaften zugeordnet werden können.

* Erstmals werden Baustoffe und Abdichtungsstoffe nicht nach technologischem Wert, sondern nach ihrer Nutzbarkeit bewertet.

1.2.26 Luftdichtheit

Beschaffenheit von Konstruktionen zur Vermeidung von Wärmeverlusten durch unkontrollierten Luftaustausch und zur Vermeidung von Tauwasserbildung infolge Konvektion feuchter Luft.

* Erstmals eine technische Erläuterung der Luftdichtheit und deren Bedeutung für das Bauwerk - ein längst überfälliger Text.

1.2.32 Schutzschicht

Ein Bauteil zum dauernden Schutz einer Abdichtung gegen mechanische und thermische Beanspruchung.

* Die Bedeutung der Schutzschicht wird hier aus DIN 18190 übernommen.

1.4 Gestaltungs- und Planungshinweise

(3) Bei nicht genutzten Dächern kann eine Standardausführung nach der Anwendungskategorie K1 oder eine höherwertige Ausführung K2 gewählt werden. Diese Anwendungskategorien sind vom Bauherr/Planer festzulegen. Die entsprechenden Anforderungen für den Dachaufbau und die Details sind zu beachten.

* Erstmals werden Planer und "planender" Dachdecker verpflichtet, den technischen Wert der Dachabdichtung auszuweisen und nach Qualitätsstufen auszurichten. Außer der bisher üblichen "Mindestausführung" können Planer und Dachdecker sich auf Vorgaben für die bessere Ausführung berufen.

(7) Der Abstand von Durchdringungen untereinander (von Flanschaußenkante zu Flanschaußenkante) und zu anderen Bauteilen, z. B. Bewegungsfugen, An- und Abschlüssen, soll mindestens 0,30 m betragen. Dies gilt nicht für Attikaabläufe.

* Der Attikaablauf wird neu ins Regelwerk eingeführt. Bisher stand er außerhalb der Fachregel.

(8) Die breite von Flächen zwischen Aufkantung (z. B. Flächen zwischen Lichtbändern/Glasdächern, mit Bahnen ausgekleidete Rinnen) sollte 0,30 m nicht unterschreiten.

* Eine notwendige Klarstellung eines Problems, das oft zu Unstimmigkeiten geführt hatte.

(9) Auf der Dachabdichtung aufgestellte Aggregate und Anlagen sind so anzuordnen, dass ein ausreichender Abstand für Ausführung, Wartung und Pflege zwischen Anlage und Abdichtung vorhanden ist. Dabei sollte der Mindesthöhenabstand über Oberfläche Belag 0,50 m betragen.

* Das gleiche gilt für die Regel (9), wobei der ausgewiesene Höhenabstand für großformatige Aufbauten zu gering bemessen sein dürfte. Meines Erachtens sollte der Abstand auf die Anlagenbreite abgestellt und von 0,5 Meter bis 0,8 Meter bemessen werden.

(11) An- und Abschlüsse von Dachabdichtungen sollten für Wartungszwecke und Instandhaltung zugänglich bleiben.

* Ein überfälliger Zusatz für die Überprüfbarkeit und Reparaturmöglichkeit der An- und Abschlüsse.

(13) Bei einem Dach mit Begrünung können z. B. durch Anstaubewässerung oder Wasserrückhaltung im Begrünungsaufbau die bauphysikalischen Verhältnisse verändern. Dies muss bei der Bemessung der Dampfsperre berücksichtigt werden. In diesem Fall haben sich dampfdichte Stoffe mit einem sd-Wert > 1.500 m, z. B. Bahnen mit Metallbandeinlage, bewährt.

* Ein Hinweis für den Dachdecker, dass beim bauphysikalischen Feuchtenachweis auch Schichten (wie stehendes Wasser) oberhalb der Abdichtung berücksichtigt werden müssen. Damit der Dachdecker auch ohne Rechenleistung "auf der sicheren Seite steht", ist der Hinweis auf die Metallbandeinlage richtig.

(17) Bei großflächigen Dächern können in Abhängigkeit des Brandschutzkonzeptes z. B. die Regelungen der DIN 18234 "Baulicher Brandschutz großflächiger Dächer, Brandbeanspruchung von unten" für die Ausführung eingeplant werden. Dies gilt insbesondere für Dächer nach der Industriebaurichtlinie. Diese fordert, dass Bedachungen (bestehend aus Unterkonstruktion, Dampfsperre, Wärmedämmung und Dachabdichtung) von mehr als 2.500 m² so auszuführen sind, dass eine Brandweiterleitung innerhalb eines Brandabschnittes oder eines Brandbekämpfungsabschnittes über das Dach behindert wird.

Walter Holzapfel

zuletzt editiert am 24. Februar 2021