2011-04-12T00:00:00Z Wie die Luft zum Atmen

Eine definierte und kontrollierte Be- und Entlüftung des geneigten Daches ist eine wichtige Voraussetzung für eine dauerhaft schadensfreie Funktion. Wir beschreiben, welche Unterschiede es bei den verschiedenen Lüftungsebenen gibt und was bei der Ausführung zu beachten ist.

Harte Bedachungen mit kleinformatigen Deckmaterialien wie Dachziegel oder Dachsteine lassen bereits konstruktions- und formbedingt einen gewissen Lufteintrag unter die Deckfläche zu. Die durch die Fläche einströmende Luft hat zwar oft den Nachteil, dass damit auch Schmutz, Flugschnee und Treibregen eingetragen werden. Durch den intensiven Austausch der Luft unterhalb der Deckwerkstoffe werden jedoch die negativen Auswirkungen bei häufigen Frost- und Tauwechseln deutlich reduziert. Außerdem bleiben die Holzbauteile länger haltbar, weil sie luftumspült sind.

Bei Deckungsarten, die in der Fläche keinen oder nur einen geringen Luftaustausch zulassen wie zum Beispiel bei der Biberschwanzdeckung müssen gezielt Be- und Entlüftungsmöglichkeiten geschaffen werden, um diesen Effekt zu erreichen. Aus den Erfahrungen heraus haben sich im Laufe der Zeit dazu Grundlagen entwickelt, die mittlerweile auch in den einschlägigen Regelwerken festgeschrieben wurden.

Erfahrungswerte für Mindestquerschnitte

Die Regeln für Dachdeckungen mit Ziegeln vom Mai 1971 nennen Erfahrungswerte für Mindestquerschnitte bei Dächern ohne Unterkonstruktionen. Für die Traufe ist dies ein Lüftungsschlitz von mindestens 1,5 Zentimeter Höhe zwischen allen Sparren. Am First sind abhängig von der Dachneigung ein bis drei Lüfterziegel je drei Meter Firstlänge vorzusehen. Auch die Regeln für Dachdeckungen mit Betondachsteinen vom August 1971 gehen auf die Lüftung ein. Dort heißt es, dass bei einer geschlossenen Traufe, die keine Zuluftmöglichkeit bietet, besondere Lüfterelemente einzubauen sind. Ein Querschnitt für einen etwaigen Lüftungsspalt wird nicht erwähnt. Außerdem werden Lüftersteine in der zweiten Steinreihe unterhalb des Firstes oder Lüfterelemente am First selbst verlangt. Gleichzeitig wird gefordert, dass bei Dächern mit Unterspannung, deren Neigung unter 25 Grad liegt, Konterlatten anzubringen sind, um die Luftzirkulation zu vergrößern.

Heute gelten immer noch ähnliche Empfehlungen für die Lüftungsöffnungen, wenn auch mit leicht erhöhten Werten. Da mittlerweile jedoch der größte Teil der Steildächer zu Wohnzwecken ausgebaut wird, haben sich weitere und besondere Anforderungen ergeben.

Zwei Konstruktionsarten im Grundsatz

Die Fachterminologie unterscheidet grundsätzlich zwei Arten der Dachkonstruktion:

Nicht belüftete Dächer,

bei denen keine belüftete Ebene direkt über der Wärmedämmung angeordnet ist. Die in diesem Fall diffusionsoffene Zusatzmaßnahme liegt unmittelbar auf der Dämmung auf.

Belüftete Dächer,

bei denen zwischen Wärmedämmung und Zusatzmaßnahme eine belüftete Ebene angeordnet ist.

Diese Form der Unterscheidung betrachtet also primär den Bereich zwischen Wärmedämmung und Zusatzmaßnahme. Unabhängig von diesen Unterscheidungsmerkmalen ist die Deckung selbst gleichgültig ob Dachstein oder Dachziegel in jedem Fall zu unterlüften.

Die Unterlüftung der Deckung

Diese Unterlüftung wird hauptsächlich dadurch erreicht, dass eine Konterlatte angebracht wird. Das "Merkblatt für Unterdächer, Unterdeckungen und Unterspannungen" verlangt hier eine Höhe von mindestens 24 Millimetern. Weiter heißt es aber auch, "die Dicke der Konterlatte sollte in Abhängigkeit von Sparrenlänge, Dachneigung, der zu erwartenden Schneebeanspruchung, unter anderem gewählt werden". Ohne Angabe konkreter Zahlen wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die Konterlatten höher werden sollen, wenn die Dachneigung sinkt oder wenn das Gebäude in einem schneereichen Gebiet liegt. Im österreichischen Regelwerk (ÖNORM B 4119:2010) werden dazu konkrete Zahlen genannt; hier wird im Extremfall eine Konterlattenhöhe von 95 Millimetern verlangt, dies allerdings bei einer Neigung unter zwanzig Grad, einer Sparrenlänge zwischen 15 und 20 Metern und einer Schneelast von 3,25 kN/m.

Eisschanzen durch fehlende Unterlüftung

Auf die größere Höhe der Konterlatte wird nicht ohne Grund so besonderer Wert gelegt. Der damit geschaffene freie Bereich zwischen der Deckung und der Zusatzmaßnahme erfüllt gleich mehrere Funktionen. Durch die Deckung eingedrungene Feuchtigkeit wird hier ebenso sicher abgeleitet wie das von der Unterseite der Deckwerkstoffe abtropfende Tauwasser. Zudem dient dieser Raum der Unterlüftung der Deckung und er verbessert die konstruktiven Anschlussmöglichkeiten.

Hinzu kommt noch ein Kühleffekt, der zum sommerlichen Wärmeschutz beiträgt und in schneereichen Lagen die Entstehung von Eisschanzen an der Traufe vermeiden hilft, weil die stetig durchgeleitete Außenluft das vorzeitige Schmelzen des Schnees auf der Dachfläche verhindert. Fehlt die Unterlüftung, kann die aus dem Raum entweichende Wärme dazu führen, dass die Temperatur unter der Deckung ansteigt, sodass der Schnee selbst bei Außentemperaturen unter Null Grad Celsius von der Unterseite her abtauen kann. Im Traufbereich, wo diese Wärmezufuhr von unten fehlt, kommt es dann zur Eisbildung und zum kontinuierlichen Aufbau eines Eiswalls, hinter dem sich nachlaufendes Wasser aufstaut.

Heinz-Peter Raidt

Den ausführlichen Artikel lesen Sie in Ausgabe DDH 08|2011.

zuletzt editiert am 24. Februar 2021