Flachdachrichtlinie Shortlist Covestro
Wie ändert die aktuelle Flachdachrichtlinie die Flachdach-Praxis? Dachdecker sammeln in diesem Jahr erste Erfahrungen. Foto: Covestro

Flachdach 28. June 2017 Wie geht Flachdach?

2017 war das erste Jahr im Zeichen der neuen Flachdachrichtlinie. Das sorgte naturgemäß für Diskussionen und Fragen. Wir beantworten die wichtigsten.

Wie wurden die Neuerungen vermittelt?

Grundsätzlich ist die Flachdachrichtlinie Teil des Regelwerks. Das heißt: Wer das Regelwerk des Dachdeckerhandwerks abonniert hat, ist immer auf dem neuesten Stand. Zusätzlich haben ZVDH und die Landesverbände in vielen Veranstaltungen die Inhalte vermittelt. Allein der Zentralverband trug vor über 4.500 Betrieben vor.

Ein zentrales Thema ist das Gefälle – was hat sich dort getan?

Die Herstellung eines Gefälles im Flachdach bleibt ein grundsätzliches Ziel, auch im neuen Regelwerk. Die Regelgeber wollten aber auch dem Umstand Rechnung tragen, dass es Konstruktionen gibt, in denen das Wunschgefälle von mindestens 2 % ausführbar ist aufgrund von Rahmenbedingungen, die der Dachdecker nicht beeinflussen kann. Daraus ergibt sich: Wenn belegbare Gründe vorliegen, kann das Gefälle von 2 % unterschritten werden. Zum Beispiel: wenn die Konstruktion nicht mehr hergibt, die Anschlusshöhen nicht machbar sind oder in den örtlichen Bauordnungen entsprechende Forderungen gegeben sind.

Ist stehendes Wasser auf dem Flachdach ein Mangel?

Nicht unbedingt. Die Vermeidung von stehendem Wasser auf dem Flachdach, sagt ZVDH-Techniker Christian Anders, „ist nicht der Regelfall, sondern die Ausnahme. Das pfützenfreie Dach ist ein Sonderfall.“

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Warum spricht die Fachregel vom planerischen Gefälle?

Weil das reale Gefälle innerhalb der Gewährleistungsfrist häufig vom planerischen Gefälle abweicht. Ein Beispiel: Die Konstruktion von Stahltrapezbleche mit nicht dauerhaft formstabiler Dämmung weist am Tag der Abnahme 2 % Gefälle auf, nach viereinhalb Jahren tut sie dies aber höchstwahrscheinlich nicht mehr an allen Stellen. Bei einer zwanghaften Forderung nach 2 % ausgeführtem Gefälle wäre der Handwerker immer verpflichtet, mehr Gefälle zu planen und entsprechende Gefälledämmung zu bestellen, als im Prinzip als Ziel gewünscht wird.

Was sagt die Flachdachrichtlinie zum Thema Materialdicken?

Ganz kurz gesagt: Das Regelwerk sieht bei Kunststoffen Materialdicken von 1,5 mm und mehr als Stand der Technik. Bei selbstklebenden Bitumenbahnen ist der Wunsch nach 3,5 mm formuliert, die Minimalqualität aber bei 2,8 mm angelegt ist.

Was sollte der Dachdecker machen, wenn ein Auftraggeber die neue DIN 18531 einbindet und das Fachregelwerk gleichzeitig ausschließt?

Grundsätzlich gilt: Wer die Flachdachrichtlinie korrekt umsetzt, erfüllt immer auch die 18531. Wenn dort aber zum Beispiel eine Kunststoffbahn mit 1,2 mm Dicke aufgeführt ist, bewegt sich der Dachdecker nach Sichtweise des Fachregelwerks außerhalb der allgemein anerkannten Regeln der Technik ist. Um sich abzusichern, empfiehlt der Verband daher Dachdeckern, die Flachdachrichtlinie explizit als technische Vertragsgrundlage anzusetzen. Und wenn nur die 18531 im Angebot steht: Bedenken anmelden.

Worin unterscheiden sich Richtlinie und Norm und wie soll der Dachdecker damit in der Praxis umgehen?


Der Hauptunterschied: Die Flachdachrichtlinie verzichtet auf die Anwendungsklassen – früher Anwendungskategorien – K1 und K2. Einfach ausgedrückt entspricht die Fachregel, was die Materialien angeht, der Anwendungsklasse K2 in der kommenden Norm. Der zweite Unterschied ist, dass die Richtlinie das Gefälle spezifischer regelt, das heißt, der Verarbeiter kann in bestimmten Fällen vom Gefälle abweichen (siehe oben). Noch einmal Christian Anders: „Wir sind der Meinung, dass man ein qualitativ hochwertiges Dach mit Abdichtung ohne Gefälle ausführen kann.“

Wie entwickelt sich die Flachdachrichtlinie nun weiter?

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Wahrscheinlich schon im Herbst 2017 wird es kleinere Nachbesserungen geben, beim Thema Randfixierungen, bei Plattenabmessungen von Hartschaumdämmungen und beim Thema Kaschierungen von Abdichtungsbahnen und die Frage, wann diese als Trenn- oder Ausgleichsschicht verwendet werden können.

zuletzt editiert am 11.12.2020