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Quelle: Elmar Esser

Recht 24. April 2023 Die Bauhandwerkersicherung: Das müssen Sie wissen

Baurecht im Gespräch: Der Auftrag wird nicht abgeschlossen, was mache ich mit meinen Nachträgen? Die Bauhandwerkersicherung gilt als flexibles Instrument zur Absicherung des Dachdeckers.

Dachdeckermeister Matthias Schomberg: Ich habe einen größeren Auftrag an Land gezogen, bei dem auch ein paar Nachträge angefallen sind. Das hat alles bisher erfreulich reibungslos funktioniert. Nun aber gibt es Uneinigkeit bei einem weiteren Nachtrag und zunehmend, habe ich auch das Gefühl, dass dem Auftraggeber, einem Bauträger, die Luft ausgeht. Kann ich mich irgendwie absichern?

Rechtsanwalt Elmar Esser: Das klingt nach einem Fall für eine Bauhandwerkersicherung gemäß § 650 f BGB. Dies ist sicherlich eines der wirkungsvollsten Mittel, mit dem sich der Auftragnehmer gegen einen möglichen Ausfall des Auftraggebers absichern kann.

Schomberg: Gehört habe ich davon schon mal. Aber wird die nicht nur selten verlangt?

Esser: Die Bauhandwerkersicherung gibt es ja schon länger, aber sie ist vielen nicht immer geläufig. Im Kern handelt es sich um eine Vertragserfüllungsbürgschaft des Auftraggebers zugunsten des Auftragnehmers. Verlangt werden kann sie von gewerblichen Auftraggebern. Hierzu zählen auch Bauträger, für die man als Nachunternehmer tätig ist. Von Bauherren, die Verbraucher sind, kann sie nicht gefordert werden. Ebenso wenig von öffentlichen Auftraggebern.

Schomberg: Wie muss ich denn vorgehen, um eine solche Sicherheitsleistung zu bekommen?

Elmar Esser: Grundsätzlich kann man vom Auftraggeber eine Sicherheit für die vereinbarte, aber noch nicht gezahlte Vergütung verlangen. Dies geht schon ab dem Moment, in dem beide Seiten den Vertrag unterschrieben haben. Aber auch später, also jederzeit während des laufenden Vertrages, kann die Sicherheit gefordert werden. Man ist also völlig flexibel.

Schomberg: Letztens stand in einem Vertrag, dass der Auftragnehmer keinen Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung haben soll. Ist das zulässig?

Esser: Nein, eine solche vertragliche Vereinbarung ist unwirksam. Das Gesetz ist da eindeutig (§ 650 f Absatz 7 BGB). Sie können das also ruhigen Gewissens unterschreiben. Auf eine solche Klausel kann sich der Auftraggeber nicht berufen.

Schomberg: Was mache ich denn nun mit meinen Nachträgen? Bisher hat alles, wie gesagt, ganz gut geklappt. Aber jetzt wird mir mulmig, denn die zusätzlich geforderten Leistungen muss ich ja ausführen. Und über den Preis dafür haben wir uns noch nicht geeinigt.

Esser: Da kann ich Sie beruhigen. Der BGH hat in einem Urteil vom 20. Oktober 2022 (Az.: VII ZR 154/21) entschieden, dass eine Forderung nach einer Bauhandwerkersicherung nicht deswegen vom Auftraggeber zurückgewiesen werden kann, weil keine Einigung über die Höhe der Nachtragsrechnung erzielt werden kann. Es kommt nur darauf an, dass der Auftraggeber eine geänderte oder zusätzliche Leistung angeordnet hat, die der Auftragnehmer ausführt.

Schomberg: Aber wie berechne ich denn in einem solchen Fall die Höhe der Bauhandwerkersicherung?

Esser: Grundsätzlich genügt es laut BGH schon, wenn Sie Ihre Forderung „schlüssig“, also plausibel und nachvollziehbar in der voraussichtlich anzunehmenden Höhe begründen können. Sie können sie also einseitig festlegen. Allerdings sollten Sie sie auch begründen können.

Schomberg: Was mache ich denn, wenn der Auftraggeber die Forderung zurückweist?

Esser: Sie sollten die Bauhandwerkersicherung auf jeden Fall schriftlich (Einwurf-Einschreiben) und innerhalb einer angemessenen Frist (maximal 7 bis 10 Tage) fordern. Muster finden Sie im Mitgliederbereich von dachdecker.de. Legt der Auftraggeber die Bauhandwerkersicherung (in der Regel eine Bürgschaft) bis dahin nicht vor, können Sie unmittelbar die Arbeiten einstellen oder den Vertrag kündigen. Sie müssen keine Nachfrist mehr setzen, sofern die Frist angemessen war.

Schomberg: Und wie wird dann abgerechnet, wenn ich den Vertrag kündige?

Esser: Sie erhalten selbstverständlich die Leistungen bezahlt, die Sie nachweislich erbracht haben. Für den noch nicht erbrachten Teil der Leistung können Sie pauschal 5 % der vereinbarten Vergütung als Schadensersatz verlangen. Und das Beste ist: Sie sind aus dem Risiko raus, dass Sie weiterarbeiten und am Ende der Auftraggeber die Flügel streckt.

Schomberg: Kostet mich das Ganze denn auch etwas?

Esser: Ja. Sie müssen bis zu einer Höhe von 2 % jährlich die Kosten für die Sicherheitsleistung erstatten. Angesichts der heutigen Inflation ein recht vorteilhaftes Geschäft. Vor allem aber sind Sie so ganz gut abgesichert.

zuletzt editiert am 24.04.2023