Portraetfoto Rechtsanwalt Elmar Esser
Rechtsanwalt Elmar Esser aus Berlin beantwortet Fragen von Dachdeckern. (Quelle: Elmar Esser)

Recht 2025-06-18T10:10:52.744Z Mängelbeseitigung: Sorgfalt vor Schnelligkeit

Baurecht im Gespräch: Ansprüche auf Mängelbeseitigung kennt der Unternehmer – keine Panik also, denn die Pläne kommen in der Regel vom Planer. Doch wenn eine Reihe von den ausgeführten Details nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, hat der Dachdecker ein Problem. Denn ein mündlicher Hinweis genügt vorab nicht.

DDM Markus Dürscheidt: Wir müssen heute mal über eine Situation sprechen, die sich neulich bei mir mit einem Auftraggeber ergab, der Ansprüche auf Mängelbeseitigung geltend macht, die ich für unbegründet erachte.

Rechtsanwalt Elmar Esser: Na, dann schildern Sie mal Ihren Fall.

Dürscheidt: Ich sollte für den Auftraggeber bei einem Neubau mit mehreren Wohneinheiten die Balkonabdichtungen bauen. Über die Details der Ausführung meiner Leistungen haben wir nur kurz gesprochen, denn es gab ja Pläne, aus denen sich alles ergab.

Esser: Das klingt ja erstmal nach einem durchaus üblichen Procedere.

Dürscheidt: Tja, das Problem besteht nun darin, dass ich zwar alles genau so ausgeführt habe, wie es die Pläne vorsehen. Aber eine Reihe von Details entsprechen in den Plänen vermutlich nicht den anerkannten Regeln der Technik.

Esser: Oha, das klingt nicht gut.

Dürscheidt: Na ja, ich habe jetzt dem Bauherrn erst mal entgegnet, dass ich ihm ja alle Pläne für die Ausführung überlassen habe, aus denen sich dies alles ergibt.

Esser: Das dürfte wohl nicht ausreichen. Insbesondere dann nicht, und da gehe ich jetzt mal von aus, wenn der Auftraggeber ein bautechnischer Laie ist.

Dürscheidt: Ja, als solchen muss man ihn wohl ansehen.

Esser: Ok, dann sieht es nicht wirklich gut für Sie aus. Denn grundsätzlich ist es so, dass Sie sich als Unternehmer in der Regel stillschweigend zur technisch einwandfreien Herstellung des Werkes verpflichten. Hierzu gehört insbesondere die Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT). Werden die aaRdT nicht eingehalten, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Werk mangelhaft ist – auch wenn konkret kein Schaden vorliegt oder die Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt ist.

Dürscheidt: Das leuchtet mir ja ein, aber aus den überlassenen Plänen hätte mein Auftraggeber doch sehen können, dass es Abweichungen geben wird.

Esser: Dieses Argument lässt die Rechtsprechung leider nicht gelten. Das OLG Köln hat in einem nunmehr rechtskräftigen Urteil vom 7. Juli 2022 (Az. 1 U 1473/20) festgestellt, dass allein die Unterbreitung von Bauplänen an einen bautechnischen Laien nicht den Schluss zulasse, dass er mit der Abweichung von den aaRdT einverstanden gewesen sei.

Dürscheidt: Aber ich habe ihm doch in unserem Gespräch vorab auf diese Abweichungen von den aaRdT hingewiesen und auch deutlich gemacht, dass dies unter Umständen Folgen für die Benutzung der Balkone haben könnte.

Esser: Das reicht leider mündlich nicht aus. Hier gilt der alte Grundsatz: „Wer schreibt der bleibt.“ Sie hätten, gerade auch deshalb, weil ja eine Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“ beabsichtigt war, umfassend und vor allem schriftlich aufklären müssen. Insbesondere hätten Sie dabei eindeutig und auch für den Laien klar verständlich schriftlich darlegen müssen, worin genau die Abweichung von den aaRdT besteht und welche Folgen dies haben wird.

Dürscheidt: Oh je, da habe ich wohl ein ziemlich großes Pro-
blem an der Backe.

Esser: Allerdings. Ich kann es leider nicht oft genug sagen: In diesen Fällen geht Sorgfalt vor Schnelligkeit. Es ist so wichtig, dass eindeutig aufgeklärt und dies dann alles schriftlich dokumentiert wird. Hat man dem Auftraggeber schriftlich diese Informationen gegeben, sollte man sich den Erhalt immer von ihm bestätigen lassen. Sich im Nachhinein auf mündliche Erläuterungen, und seien sie noch so ausführlich gewesen, zu berufen, ist in der Regel vergebliche Mühe. Denn beweisbar ist dies vor Gericht dann meistens nicht mehr. Und damit besteht auch keine Aussicht darauf, der Haftung für diese Mängel zu entgehen.

Dürscheidt: Dann sollte ich wohl vorsorglich meiner Betriebshaftpflichtversicherung Bescheid geben.

Esser: Das empfiehlt sich in diesem Fall.

zuletzt editiert am 18. Juni 2025