Bleideckung: Das Arbeiten mit Blei am Bau ist gesundheitlich unbedenklich, wenn einfache Regeln eingehalten werden: Handschuhe zur Montage und Händewaschen vor der Nahrungsaufnahme sind obligatorisch.
Auf historischen Kirchen, Rathäusern und Schlössern ist Walzblei oft schon von Weitem unübersehbar. Allerdings wird das kalt formbare Metall heutzutage größtenteils für kleinformatige An- und Abschlüsse verwendet, wo es nicht wegen seiner Optik, sondern wegen seiner Funktionalität zum Einsatz kommt. Denn die Vorteile, die Blei seit Jahrtausenden zu einem bewährten Baustoff machen, überzeugen auch heute noch und sind in ihrer Kombination einzigartig: Blei ist das weichste und schwerste Baumetall. Es bietet eine hohe Witterungsbeständigkeit und Langlebigkeit, zugleich ist es kalt formbar und schmiegt sich auch an komplexe Formen flexibel an.
Blei ist in fester Form unbedenklich
Nichts desto trotz kommt bisweilen die Frage auf, wie unbedenklich Walzblei in Sachen Gesundheit und Umweltschutz ist. Hersteller haben zwar seit 2018 die Pflicht, ihre geschäftlichen Kunden über den sicheren Umgang mit Blei zu informieren.
(Anmerkung der Redaktion) Präziser: Seit dem 27.06.2018 müssen die Hersteller von Bleiprodukten ihre geschäftlichen Kunden entlang der Wertschöpfungskette proaktiv, schriftlich und kostenlos über den sicheren Umgang mit Blei informieren. Betroffen sind alle Erzeugnisse, in denen mehr als 0,1 Gewichtsprozent Blei enthalten sind. Bezüglich der Anwendung, Verarbeitung oder Lagerung gibt es keine Änderungen. Bei Endkunden entfällt die proaktive Informationspflicht.
Die Verarbeitung am Dach ist aber weiterhin uneingeschränkt möglich und bei richtiger Handhabung gesundheitlich unbedenklich. Wie bei anderen Werkstoffen auch kann es bei Blei zum Abtrag von Partikeln durch Regenwasser kommen. Die Studienlage dazu ist heterogen und weist keine grundsätzlich höhere Gefahr durch Walzblei als durch vergleichbare Werkstoffe nach. Allgemein gilt: Blei ist in fester Form unbedenklich. Wenn es der Witterung ausgesetzt wird, bildet es außerdem im ersten Jahr eine Schutzschicht – die charakteristische gräuliche Patina – heraus, die den Abtrag wesentlich verringert. Vor allem aber gibt es heutzutage innovative Walzbleiprodukte, die grundsätzlich jegliche Abschwemmung jenseits der Blechkanten vermeiden: hochwertig beschichtete und oberflächenveredelte Weiterentwicklungen eines traditionellen Bedachungsmaterials.
Beschichtetes Blei ist witterungsbeständig
Während in der Denkmalsanierung unbeschichtetes Blei aufgrund der authentischen Optik in der Regel unverzichtbar ist, bieten beschichtete und veredelte Produkte gerade für kleinformatige Anwendungen auch ästhetische Vorzüge. So kann eine passende Farbe für gängige Ziegelfarben gewählt werden. Unbeschichtete Bleischare bilden unter Witterungseinfluss vor Ausprägung der Patina unerwünschte Schlieren („Bleiweiß“), wenn sie nicht eigens mit Patinieröl bestrichen werden. Beschichtete und veredelte Produkte dagegen bieten von vornherein eine gleichmäßige, fertige Optik – das arbeitsintensive Patinieren entfällt hier. In der Handhabung sind sie absolut hygienisch. Zudem können alle traditionellen Verarbeitungstechniken uneingeschränkt auch bei diesen Produkten angewendet werden. Zwei Beispiele sind Venusblei und bleiColor.

1 x 1 der Bleiverarbeitung
Walzblei ist ein in vielerlei Hinsicht außergewöhnliches Material: Seine Kaltformbarkeit ermöglicht es, die Bleche direkt am Objekt zu falzen und zu treiben. Sein hohes Eigengewicht stellt spezifische Anforderungen an die Größe und Befestigung der Bleche, seine gute chemische Kompatibilität wiederum erlaubt die Kombination mit nahezu allen anderen gängigen Baustoffen.
Die Bandbreite möglicher Anwendungen reicht dabei von Verwahrungen – etwa am Übergang vom Dach zum Mauerwerk oder Kamin – über Eindeckungen von Gauben, Erkern oder Turmhauben bis hin zur vollflächigen Anwendung an Dächern und Fassaden. Entsprechend vielfältige Regeln und Techniken gilt es zu beachten, doch eine Reihe von zentralen Prinzipien zieht sich durch alle Anwendungsbereiche:
Dicke und Abmessungen der Bleibleche
Für die Wahl der Größe und Dicke der Bleche ist insbesondere die spätere thermische Ausdehnung des Materials am Objekt entscheidend: Ist das Blech zu groß, kann es zu Aufstauchungen und Rissbildungen an den Aufstauchkanten kommen. Wetterexponierte Lagen erfordern dickere Bleche, zugleich ermöglichen dickere Bleche größere Abmessungen. Dicken ab 1,25 mm sind bei kleinformatigen An- und Abschlüssen gängig und ermöglichen Abmessungen zum Beispiel von bis zu 1.000 mm x 333 mm bei glatten Blechen. Für eine 1.000 mm x 400 mm messende Schar in mehr als 20 m Höhe kann aber auch eine Dicke von bis zu 3,0 mm erforderlich sein. Auch die Neigung beeinflusst die nötige Größe der Schare, denn bei flacheren Anwendungen muss die Überlappung der Bleche größer ausfallen. Die Bleche werden in der Regel direkt auf der Baustelle mit einer handelsüblichen Blechschere zugeschnitten.
Nägel, Hafte, Bleikeile und mehr
Bei der Befestigung von Walzblei sind mehrere Faktoren zu beachten: insbesondere die erwähnte Wärmeausdehnung, das hohe Eigengewicht sowie die mechanischen Kräfte, denen gerade wetterexponierte Bleischare ausgesetzt sind. Ein Meter Bleiblech verlängert sich bei einem Temperaturanstieg um 100 °C um circa 3 mm. Um genügend Spielraum zu lassen, darf das Walzblei in der Regel nicht durchgehend direkt befestigt werden. Bei gängigen Anwendungen werden die Bleche nur am oberen Ende mit Schrauben, Nägeln oder Haften direkt an der Unterkonstruktion befestigt, bei der es sich zumeist um vollflächige Holzschalungen handelt. Diese Befestigungen dürfen nicht im sichtbaren Bereich liegen, müssen also beispielsweise durch die Überlappung anderer Bleibleche von der Witterung abgeschirmt sein. Anzahl und Abstand der Befestigungen hängen von der Größe und Position der Schare ab. Die untere Kante wird dann zum Beispiel indirekt mit Haften befestigt. Oft ist auch eine seitliche Befestigung am Mauerwerk nötig. Hier sorgt eine Fugeneinkantung für Halt: Die obere Blechkante wird mittels Bleikeilen hinten in der Fuge fixiert, anschließend wird die Fuge mit Bleiwolle verstemmt.
Hohlwulst und Holzwulst: Der richtige Falz
Besonders charakteristisch für die Verarbeitung und Optik von Walzblei ist die Verbindung der Bleche mittels Falzen. Falze bieten zugleich Stabilität und genügend Flexibilität für die Wärmeausdehnung. Gängige Varianten sind:
- Der einfache liegende Falz, bei dem die Bleche im Verhältnis von circa 25 zu 50 mm gegeneinander aufgekantet, einmal umgeschlagen und dann flach angedrückt werden. Er ist an aufgehenden Bauteilen sowie für Querverbindungen gängig und bietet ein flächiges, wenig profiliertes Aussehen.
- Der traditionelle Hohlwulst gibt zum Beispiel historischen Steildächern eine unverwechselbare, profilierte Optik. Die Blechkanten werden im Verhältnis von circa 100 zu 125 mm gegeneinander aufgekantet und zweimal umgeschlagen, wobei das zweite Umschlagen bogenförmig erfolgt und einen Hohlraum ergibt. Da er nicht fest anliegend ist, bietet er großzügigen Spielraum für die thermische Längenausdehnung.
- Der Holzwulst gleicht optisch dem Hohlwulst, doch statt um einen Hohlraum wird er um einen Holzkern gefalzt. Die Aufkantungen im Verhältnis von 55 zu 125 mm werden indirekt per Haft am Holz befestigt. Diese Variante bietet eine hohe Stabilität und kommt zum Beispiel an flachgeneigten Dächern zum Einsatz.
Treiben und Schweißen
Aus funktionalen oder ästhetischen Gründen müssen die Bleischare oft an komplexe Formen des Objektes angeschmiegt werden, um etwa Kehlen, Sattel oder auch Verzierungen zu formen. Die typische Kaltformbarkeit des Metalls ermöglicht es, diese Arbeit direkt vor Ort vorzunehmen. Das Bleitreiben, für das sich zum Beispiel Treibhämmer und Klopfhölzer eignen, sorgt für eine organische, handwerklich anmutende Optik. Wo diese anspruchsvolle Tätigkeit an ihre Grenzen stößt, bieten sich Bleischweißen und -löten an. So können Bleizwickel eingeschweißt werden, um bestimmte Geometrien zu ermöglichen. All diese Arbeiten sind problemlos auch mit hochwertig beschichteten und veredelten Walzbleiprodukten möglich.
Die vollendete Optik
Schon während des Transports und der Lagerung ist darauf zu achten, dass Blei nicht mit Regen- oder Tauwasser in Berührung kommt, sonst verfärbt es sich unschön. Im ersten Jahr nach der Montage bildet unbeschichtetes Walzblei eine gleichmäßige, gräuliche Patina heraus, die das Material schützt. Damit bis dahin keine witterungsbedingten Schlieren („Bleiweiß“) entstehen, muss die Oberfläche mit Patinieröl behandelt werden. Bei beschichteten und veredelten Blechen entfällt dieser Arbeitsschritt.
Immer sicher auf der Baustelle
Das Arbeiten mit Blei am Bau ist gesundheitlich unbedenklich, wenn einfache Regeln eingehalten werden: Handschuhe zur Montage und Händewaschen vor der Nahrungsaufnahme sind obligatorisch. Beim Löten und Schweißen in geschlossenen Räumen sollte auf eine gute Entlüftung geachtet werden.
Werden alle Regeln befolgt, so steht einer langlebigen, sicheren Verwahrung oder Abdeckung nichts mehr im Wege. Die technischen Regeln im Einzelnen sind bei der Gütegemeinschaft Saturnblei e.V. und beim Hersteller erhältlich.
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