Hamburg: Die Weiterentwicklung des Regelwerks war ein wichtiges Thema des diesjährigen DachNetSv-Seminars. Mehr als 50 ö.b.u.v. Sachverständige nutzten die Gelegenheit außerdem zum Netzwerken und zum Austausch über Solar-, Umkehr- und Gründächer sowie aktuelle Schadensfälle.
Christian Jahn
Als ideale Plattform zum Netzwerken und zur beruflichen Weiterbildung sind die Seminare der DachNetSv GmbH bekannt. Kein Wunder also, dass zur diesjährigen Veranstaltung im Tagungshotel Hafen Hamburg gleich 53 ö.b.u.v. Sachverständige aus ganz Deutschland anreisten. Im umlaufend verglasten Sitzungssaal des obersten Stockwerks, vor dem grandiosen Panorama von Landungsbrücken, Elbphilharmonie, Michel und Tanzenden Türmen, begrüßten die Organisatoren Franz-Josef Rossbroich und Oswald Höfer sowie Moderator Herbert Gärtner die Teilnehmer zur Diskussion über die neuesten Entwicklungen in der Branche und über aktuelle Schadensfälle.

Leicht nachvollziehbare Lösungen
„Wir schreiben unser Regelwerk selbst. Das ist einzigartig und absolut positiv zu bewerten“, führte ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk in seinen Vortrag ein. Wegen der beständigen Weiterentwicklung der Technik habe ein Projektteam in den letzten Monaten im Dialog mit allen Marktbegleitern an einer umfangreichen „Fortschreibung und Entwicklung des Regelwerks“ gearbeitet.
Nach der Definition von drei Zielgruppen seien deren jeweilige Bedürfnisse und Anforderungen an das Regelwerk formuliert worden. Die Dachdeckerbetriebe als wichtigste Zielgruppe benötigten schnelle Lösungen bzw. Informationen darüber, was geht und was man besser sein lässt. Außerdem dürfe es keine Überregulierung geben, sondern im Gegenteil Freiraum für unternehmerische Entscheidungen.
Die Planer als zweite Zielgruppe bräuchten Lösungsmöglichkeiten, aus denen die richtige für den jeweiligen Anwendungsfall ausgewählt werden kann.
Und die Sachverständigen als dritte Zielgruppe schließlich wollten detaillierte Hintergrundinformationen und Anwendungsgrenzen zu Regelungen und Lösungsmöglichkeiten sowie die Historie dazu. Insgesamt soll das Regelwerk laut Bollwerk in Zukunft einfacher strukturiert, weniger komplex und besser visuell erfassbar sein. Deshalb wird es eher Grundsätze regeln als jedes Detail und somit schnelle und leicht nachvollziehbare Lösungen und Antworten liefern. In dem zukünftig browserbasierten Regelwerk werden zudem da, wo das möglich ist, Bilder zur Informationsvermittlung verwendet. Wünschenswert sind in der Perspektive auch animierte 3D-Darstellungen.
Die Projektgruppe strebt zudem wieder eine stärkere Nähe von Regelwerk und Normen an. „Allerdings müssen die Normen im Interesse der Dachdeckerbetriebe sein. Praxisgerecht und richtig“, so Bollwerk.
Planungshilfe „Barrierefreie Übergänge“
Stefan Küppers, ö.b.u.v. Sachverständiger und Mitglied des ZVDH-Fachausschusses Abdichtungen, informierte die Teilnehmer über den Ausarbeitungsstand der neuen Planungshilfe „Barrierefreie Übergänge bei Dachterrassen und Balkonen“. Die Hilfe soll mit dazu beitragen, dass barrierefreie Übergänge bald als „Regelkonstruktionen“ und anerkannte Regel der Technik behandelt werden; sondervertragliche Vereinbarungen – wie sie derzeit noch notwendig sind – werden dann die Ausnahme sein.
In weiteren Vorträgen des ersten Seminar-Tags ging es um mit Auflast befestigte Anschlagseinrichtungen (Christian Richter), Umkehrdächer (Dipl.-Ing. Klaus Hafer), Schäden durch Überalterung an Lichtbändern (Dr. Udo Simonis), Schadensbeispiele durch Photovoltaik-Anlagen (Uwe Thiemann) sowie Schäden durch den Einsatz ungeeigneter Techniken und Materialien (Dr. Josef Frank).
Über Tornados und Titanzink
„Wenn die Schafe keine Locken mehr haben – ja, dann haben wir Wind!“ Mit dieser norddeutschen Volksweisheit eröffnete Dr. Klaus-Peter Jürgens den zweiten Veranstaltungstag. In seinem gelungenen Vortrag ging der Dachdeckermeister und ö.b.u.v. Sachverständige auf die besonderen Windlasten ein, die im Großraum Hamburg und in Schleswig-Holstein auf Dächer einwirken. Auch Tornados gehören dort mittlerweile zur Tagesordnung.
Metalldächer aus Titanzink-Blech sind zweifellos ein Hingucker. Wegen der Materialeigenschaften ist aber eine gekonnte fachmännische Planung und Ausführung extrem wichtig, wie der ö.b.u.v. Sachverständige, Dachdecker- und Klempnermeister Franz-Josef Roßbroich in seinem Vortrag „Titanzink – Wohl und Wehe“ verdeutlichte (bei Materialfehlern sind die ausführenden Betriebe freilich meist machtlos).

Für Planung und Ausführung von Titanzink-Dächern bedeutet das unter anderem, dass insbesondere das Einwirken von Feuchtigkeit und thermische Lasten sowie Ausdehnungen zu berücksichtigen sind. Das gilt auch dann, wenn das Dach selbst korrekt geplant und ausgeführt wurde und nachträglich eine Solaranlage aufgebracht wird.
Dämmung und Auflast
In seinem Vortrag „Flachdach und seine Probleme“ ging Dachdeckermeister und ö.b.u.v. Sachverständiger Herbert Gärtner unter anderem auf die Chancen ein, die die Klimawende für die Branche bringt – angefangen bei der Wärmedämmung und bis hin zu Grün- und Solardächern. Allerdings sind auch besondere Anforderungen bei einer Nutzung von Flachdächern zu berücksichtigen.
Den letzten Vortragsblock gestalteten mit ihren aufeinanderfolgenden Beiträgen Bernhard Wagner aus der Geschäftsleitung des Unternehmens Nordic Industrial Services (NIS) und Rechtsanwalt Dr. Frank Biermann, Hauptgeschäftsführer des Landesinnungsverbands Niedersachsen-Bremen.
Den ausführlichen Beitrag lesen Sie in DDH 04.2023.