Porträt: Vor rund zweieinhalb Jahren gegründet, hat DeinDach schon über 30 Mitarbeiter. Für Florian und Lukas Hemmersbach keine Überraschung, sondern Plan und Strategie. Flexible Arbeitszeiten und ein Solar-Unternehmen bilden die Grundlage des Erfolgs. Und die Kölner Brüder sind noch lange nicht am Ziel.
Wenn man durch Köln fährt, sieht man sie immer öfter: Die dunkelgrauen Transporter von DeinDach. DeinDach und nicht MeinDach!. Ein junger Dachdeckerbetrieb, der vor 2,5 Jahren in Köln von Lukas und Florian Hemmersbach gegründet wurde. Fast ein klassisches Start-Up. Doch im Grunde setzen die Brüder eine Familientradition fort. Lukas war lange Zeit Juniorchef im väterlichen Dachdecker-Betrieb, Florian war Beteiligungsmanager bei einem Immobilienunternehmen.
Die Familie hat einen großen Stellenwert, und das ist bei Hemmersbach keine Phrase. „Schon mit 15 Jahren war uns beiden klar: Der Tag wird kommen, dann werden wir zusammenarbeiten. Wir haben ein unfassbar gutes Verhältnis. Unsere kleine Schwester hat sich ebenfalls selbstständig gemacht, mit veganen Backwaren – daran sind wir auch beteiligt“, ergänzt Florian.
„Wir haben das lange vorbereitet und uns überlegt, warum eine Gründung gerade jetzt Sinn macht. Die Dachdecker-Branche macht aktuell einen gewissen Wandel durch. Fachkräftemangel ist bei vielen das Stichwort. Wir wollten es anders angehen. Wir haben Visionen, mit deren Umsetzung wir glauben, junge Leute für das Handwerk motivieren zu können“, sagt Florian.
Spaßfaktor nach der Arbeit
Der Betrieb ist im Stadtteil Köln-Müngersdorf. Wir gehen von der zweiten Etage nach nebenan, wo die Brüder den Besprechungsraum zeigen, mit einem großen Kicker in der Mitte. „Als wir 2021 angefangen haben, gab es das Fitnessstudio. Die Tischtennisplatte hatten wir schon gekauft. Der Kicker kam etwas später dazu. Das hat einfach gut ins Konzept gepasst, obwohl wir da schon vorab etwas belächelt worden sind“, gibt Florian zu.
Testphase: 4,5-Tage-Woche
Leidenschaft und Spaßfaktor – das trifft es als Firmenphilosophie ganz gut. Dazu gehört auch eine Flexibilität bei der Arbeitszeit. Lukas war als Dachdecker- und Klempnermeister Teilnehmer der Podiumsdiskussion des Verbandstags der nordrheinischen Dachdecker, bei der es um Maßnahmen gegen den Nachwuchsmangel ging. Also konkret die viel diskutierte 4-Tage-Woche, hier sind die Brüder noch in der Probephase. „Wir gehen nach dem Motto vor: Herausforderung angucken, umsetzen, analysieren wie es klappt und dann vielleicht abändern. Wir wollten nicht direkt auf die 4-Tage-Woche gehen. Denn dann eine 5-Tage-Woche wieder zurückzugewinnen ist fast unmöglich. Wir starten mit einem Kompromiss: Einer Viereinhalb-Tage-Woche. Dass bedeutet, jeder zweite Freitag ist frei“, berichtet Florian.
Dazu haben die Brüder die Mitarbeiter:innen befragt. Mit erstaunlichen Ergebnissen: Die viel zitierte Work-Life-Balance mit mehr Freizeit ist gar nicht so entscheidend für das Team von DeinDach. Sondern die Bedingungen, die gemeinsam gelebte Unternehmenskultur und bestimmt auch das Geld, dass sich die fleißigen Dachdecker dazuverdienen können, ohne als Schwarzarbeiter zu gelten.
So stehen einige Mitarbeiter nach der Arbeit gerne nochmal zusammen und trinken ein Feierabendbier zum Ausklang. „Gemeinsames Frühstück, ein Fitnessbereich oder flexible freie Tage – es braucht viele Maßnahmen, damit sich die Mitarbeiter wohlfühlen“, fasst Lukas Hemmersbach zusammen.
„Uns ist wichtig: Jeder soll sich wohlfühlen. Und wir berücksichtigen beide Gruppen: Denjenigen, der die Arbeit als Mittel zum Zweck sieht, und den Dachdecker, der hier seine Leidenschaft auslebt und auch mehr arbeiten will. Der kann das auf jeden Fall tun“, so Florian. Und das scheint gut zu funktionieren.

Langfristig geplante Prozesse
32 Mitarbeiter:innen in 2,5 Jahren einzustellen, ist beeindruckend, kann aber auch schnell zur Bürde werden. Viele Unternehmer scheuen es, mehr Dachdecker einzustellen, wenn sie denn überhaupt welche finden. Diese Verpflichtung ist den jungen Gründern durchaus bewusst. „Wir sehen das und analysieren jeden Tag aufs neue unsere Projekte und die Abläufe“, berichtet Florian, dem hierbei seine kaufmännisch-akademische Ausbildung zugutekommt.
„Wir haben ab Tag 1 schon versucht, alle Prozesse und Strukturen innerhalb der Firma so aufzustellen, dass ein Wachstum immer möglich ist. Wir haben somit keine Sorge vor Wachstum – ganz im Gegenteil, wir sehen es als freudige Herausforderung, die auf uns zukommt“, ergänzt Lukas. Ab Januar 2024 wird zum Beispiel ein Mitarbeiter eingestellt, der sich nur um die großen Bauprojekte kümmert. Dabei hilft, dass DeinDach schon von Anfang an auf digitale Prozesse gesetzt hat. Lukas zeigt auf den großen Bildschirm im Besprechungsraum. Hier sehen die Mitarbeiter:innen, wer bei welchem Projekt eingeteilt ist, welche Kolonne wohin fährt und wer auf den Tablets die Baustelle dokumentiert.
Solar als zweites Standbein
Wer sich die stylische Website https://www.deindach-hemmersbach.de/ ansieht, dem fällt auf, dass das Thema Solar fehlt. Dabei gibt es seit einem Jahr ein zweites Standbein bei den Hemmersbachs: Silex Solar. PV-Anlagen vom Dachdecker inklusive Montage und Wartung – aus einer Hand. Noch sind beide Unternehmen nach außen kaum vernetzt, das hat seinen Grund: „Es gibt zwei Betriebe, die sich auf ein Kernthema fokussieren, nicht nur im operativen Geschäft, sondern vor allem auch für die Mitarbeiter. Ein Dachdecker wird Dachdecker in der Ausbildung, oftmals aus Leidenschaft für den handwerklichen Beruf. Jetzt gehört das Photovoltaik-Geschäft dazu“, erklärt Florian.
Deshalb gibt es bei DeinDach zwei verschiedene Teams, die aber unter einem Dach stehen. Im Bereich Solar kooperiert das Unternehmen mit einem Elektriker aus der Gegend. „Wir bauen das Thema Solar mit einem Partnerbetrieb aus dem Elektrohandwerk auf, dem wir schon lange vertrauen. Wir haben ein eigenes Vertriebsnetz für unsere Solarfirma. Als noch junger Dachdeckerbetrieb muss man das Thema Solar einfach mit anbieten. Wir sind Fans der nachhaltigen Energiegewinnung, und beim Thema Solar hat zum Beispiel auch die Fassade noch großes Marktpotenzial“, ist sich Lukas sicher.
Gute Grundlage war für die Brüder der Besuch des PV-Managers am BBZ Mayen. „Das ist ein sehr guter Lehrgang. Aber der reicht natürlich nicht aus, um Fachmann in dem Bereich zu werden. Wichtig war, dass die Teilnehmer durch diesen Lehrgang einfach die Angst vor dem Thema Solar verloren haben. Allerdings sollte der Lehrgang besser aufgeteilt werden in Dachdecker, die gewisse Vorkenntnisse haben, und die, die noch keine Ahnung haben, sonst ist das Label ‚PV-Manager‘ etwas irreführend“, empfiehlt Lukas.
Für die Angebote nutzt das Unternehmen den Service von Airteam. Lukas fährt meistens mit der Drohne die Dächer ab und hat das Aufmaß in rund einer halben Stunde fertig, eine enorme Zeitersparnis im Vergleich zu früher. Verbesserungspotenzial sehen die beiden Brüder im Bereich Schnittstellen. Das Kalkulationsprogramm „kooperiert“ noch nicht optimal mit den Aufmaß-Daten, ein bekanntes Problem in der Branche.
Ein Punkt ist Florian am Ende des Gesprächs noch wichtig: Das immer noch sehr betagte Image von Handwerk. „Es ist eine große Herausforderung, das zu verändern. Wir kommen aus einer sehr verschlafenen Zeit, wo man sich darum gar keine Gedanken gemacht hat. Die Folgen spüren wir ja aktuell mit dem Fachkräftemangel.“
60 Bewerbungen über Tiktok
Doch es geht auch anders: Der Erfolg in Sachen Nachwuchswerbung gibt den jungen Gründern von DeinDach recht. Aktuell beschäftigt das Unternehmen 4 Azubis. Social Media ist bei Hemmersbach natürlich die Grundlage für das rasante Personalwachstum. Der Betrieb schaltet Kampagnen über Facebook, Instagram und Tiktok. „Wir bieten kein klassisches Praktikum an, sondern lassen die Jugendlichen ein paar Tage probearbeiten und schauen, ob das passt. Für die Ausschreibung zur Ausbildung haben wir neulich 60 Bewerbungen über Tiktok bekommen“, berichtet Lukas.
Eine Zahl, von der viele Dachdecker träumen.
Apropos Website: Wer Lust hat, schaut sich mal den gut gemachten Imagefilm an, vor allem die letzten 30 Sekunden. Spätestens dann wird klar, warum der Dachdecker-Betrieb aus Köln so viel Zuspruch bei jungen Menschen bekommt.