Flachdach: In Köln kam eine vermeintlich simple Dachkonstruktion zum Erliegen. Die Ursache dafür konnte der Sachverständige auf Grundsätze der Bauphysik sowie nicht luftdicht angebundene Detailausführungen zurückführen. Ein rollbarer Wetterschutz erleichterte die Sanierungsarbeiten.
Während obligatorischer Wartungs- und Inspektionsarbeiten fiel die äußerst nachgiebige Unterkonstruktion größerer Teilflächen der vier zusammenhängenden Dachabschnitte einer Wohnungseigentümergemeinschaft auf. Nach kurzer Rücksprache mit der Objektverwaltung wurden einige exemplarische Dachöffnungen getätigt, und es konnte eine großflächig bereits in sich zusammengefallene Holzunterkonstruktion festgestellt werden.
Komplettsanierung unumgänglich
Dies war der Anlass, einen Sachverständigen zur Schadens- und Maßnahmenfeststellung hinzuzuziehen. Nach weiteren Dachöffnungen und Untersuchungen stand schnell fest, dass kein Weg an einer umfangreichen Dachsanierung, mit wahrscheinlich partiellen Eingriffen in die Tragkonstruktion, vorbeiführen wird.
Bei dem vorliegenden Dachaufbau handelt es sich im Grundsatz um einen als schadensträchtig bekannten Dachaufbau, dessen gleichlautende und explizierte Erwähnung im Regelwerk des Deutschen Dachdeckerhandwerks, in unterschiedlichen Regelwerksteilen Anwendung findet. Dort heißt es im Merkblatt Wärmeschutz bei Dach und Wand 6.4 unter anderem:
,,Als besonders schadensträchtig haben sich Flachdächer in Holzbauweise mit Wärmedämmung zwischen den Sparren/Balken und ohne Hinterlüftung der Abdichtungsunterlage oder ohne Aufsparrendämmung…erwiesen.“
Zusätzlich durch die etwaige konstruktiv bedingte Feuchtigkeitskumulierung in der Schichtenfolge der organischen Holzschalung konnten objektbezogen insbesondere nicht an die raumseitige Luftdichtheitsebene angebundene über Dach geführte Entlüftungen als Mitursache für das vorhandene Schadensbild ausgemacht werden.
Rollbarer Wetterschutz
Nun galt es nach Feststellung des Ausmaßes, der definierten Lösungsansätze, in die zukünftige Umsetzung einige objektspezifische vorgegebene Parameter in den Sanierungsprozess mit einzubinden. Dazu waren: die Bewohnbarkeit der betroffenen Wohneinheiten während der Sanierungsarbeiten zu garantieren, das Risiko über die Unkenntnis der tatsächlich in Mitleidenschaft genommenen Tragkonstruktion weitestgehend zu begrenzen, den Schutz der restlichen Bausubstanz für den Zeitraum der offenstehenden Dachflächen zu gewährleisten, einen aus bauphysikalischer Sicht simpel konzipierten Dachaufbau zu wählen, der einer energetischen Förderfähigkeit unterliegt, einen fortlaufenden Sanierungsablauf zu sichern, die als Brandwand fungierenden Dachflächentrennungen anzupassen, eine zukünftige nicht abweichende Optik der Randbereiche des Staffelgeschosskonstrukts zu gewährleisten und zu berücksichtigen, dass es sich bei den als Maisonettewohnungen errichteten Dachgeschosseinheiten um zwei Geschossebenen in Holzbauweise handelt.

Absicherndes Wetterschutzdach
Um sämtliche der vorgenannten Forderungen vereinen zu können, hat man sich letztlich dazu entschieden, auf ein aufwendiges, jedoch absicherndes Wetterschutzdach zurückzugreifen. Damit dieses tatsächlich auch aufgebaut werden konnte, mussten aufgrund der vorhandenen mehrgeschossigen Holzbauweise zusätzliche und vereinzelt äußerst aufwendige statische Prüfungen erfolgen. Eine Vorgabe der daraus resultierenden Maßnahmen war es, die anfallenden statischen Kräfte durch verbolzende Gewindestangen nach innen zu führen und dort an das Tragwerk vorrübergehend anzuschließen. Nach vorgabengetreuem Aufbau des als zusätzlich verschiebbar konzipierten Wetterschutzdaches konnte dieses in Betrieb genommen werden. Die Gerüststränge unterhalb des zu verschiebenden Elements wurden oberseitig als Schienensystem ausgelegt, sodass ein simples Verschieben erfolgen konnte, um dem dachseitigen Geschehen zu folgen. Die Maßnahme ermöglichte unterbrechungsfreie Sanierungsarbeiten und einen dauerhaften Witterungsschutz der Wohnbereiche, was insbesondere den statischen Ertüchtigungsmaßnahmen zugutegekommen ist. Selbstredend entfiel durch das Zurückgreifen auf ein Wetterschutzdach die meist aufwendige und täglich durchzuführende Tagwassersicherung der Baustelle.
Tragende Teile in Mitleidenschaft
Trotz äußerst detaillierter Vorplanung und Durchspielen etwaiger eintretender Eventualitäten wurden die Arbeiten während der gesamten Ausführungsdauer von einem gewissen Restrisiko begleitet, da das tatsächlich vorliegende Ausmaß des womöglich in Mitleidenschaft genommenen Tragwerks erst im Anschluss an den vollständigen Rückbau ersichtlich war.
Auftraggeberseitig wurde entschieden, für den geplanten Neuaufbau auf ein Komplettsystem des Unternehmens Paul Bauder GmbH & Co. KG zurückzugreifen. Das beauftragte Dachdeckerunternehmen Euler Bedachungen aus Köln setzte den nachstehend beschriebenen Dachaufbau mit den Produkten des vorgenannten Herstellers um.

Da es sich bei dem ausgewählten Dachaufbau um einen nachweisfreien Aufbau nach Regelwerk des Deutschen Dachdeckerhandwerks sowie der betreffenden Normung DIN 4108-3 (Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz – Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung) handelt, konnte ein aus bauphysikalischer Sicht bedenkenloser Dachaufbau für die Neukonzipierung der zusammenhängenden, jedoch durch die über Dach geführten Brandwandausbildungen getrennten Teildachflächen gewonnen werden.
Während der umfänglichen Baumaßnahme stießen die an den Sanierungsarbeiten Beteiligten kontinuierlich auf einige unvorhersehbare Hindernisse, die es im Bauprozess stetig zu lösen galt. Beispielsweise musste kurzerhand aufgrund von statischen Ertüchtigungsarbeiten im Bereich der Firstpfette die betroffene Wohneinheit für einen exakt getimten Zeitraum geräumt werden. Sämtliches dort befindliches Mobiliar wurde im unteren Wohnbereich der über zwei Etagen ragenden Wohneinheit untergebracht. Im Anschluss an die Ertüchtigungsarbeiten mussten sämtliche Einbauschränke im restlichen Zeitfenster wieder hochgeräumt und aufgebaut werden.
Nach Fertigstellung eines der in Summe vier Bauabschnitte konnte das Gerüst aufgrund des bereits erwähnten Rollen- und Schienensystems sukzessive in Anlehnung an den Baufortschritt verschoben werden. Dazu musste das Gerüst auf den Balkonflächen der Staffelgeschosse lediglich in Abstimmung erweitert werden.
Schwieriger Detailpunkt
Bereits im Vorfeld stand fest, dass sich aufgrund der objektspezifischen Gegebenheiten sowie des Aspekts, dass sich die zukünftige Dampfsperrbahn in einer abweichenden Höhenlage innerhalb der zukünftigen Schichtenfolge des Dachaufbaus befinden würde, ein nicht unwesentlicher Detailpunkt im Bereich des traufseitigen luftdichten Anschlusses ergeben würde. Dieser Anschlussbereich zwischen der neuen bituminösen Dampfsperrbahn und dem Bereich, an den diese anzuschließen war, musste sorgfältig geplant und aufgrund der unterschiedlichen Höhenlagen überbrückt werden.
Nach Einbeziehen sämtlicher Faktoren, dem Eruieren mit führenden Experten im Bereich der Luftdichtheit sowie dem Einbeziehen des Herstellers hat man sich auf den nachstehend beschriebenen Lösungsansatz verständigt. Die im Traufbereich vorhandene Tragwerkskonstruktion, bestehend aus Balkenlage und quer laufender Traufpfette, wurde gründlich gereinigt und angeschliffen, auch wurden nach Vorgabe der heranzuziehenden Planungsnorm DIN 4108-7 (Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden – Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie -beispiele) sämtliche kleineren Rissbildungen entsprechend vorbehandelt. Anschließend wurde um die Materialstärke einer im späteren Verlauf folgenden Holzwerkstoffschalung ein Rahmen aus technisch getrockneten Dachlatten auf die Traufpfette einwärts gestellt und mittels pastöser Dichtungsmasse und Befestigungsmitteln an der Unterkonstruktion fixiert. Anschließend wurden die Stellbretter aus Holzwerkstoffschalung-OSB (oriented strand board) auf eine Höhe von etwa 180 mm passgenau zugeschnitten und gleichlaufend zu dem zuvor aufgebrachten Holzrahmen in die Konstruktion eingebracht.
Mit Zurückbleiben der Materialbreite eines Schalungsbretts, konnte der Hauptflächenbereich bereits vorab als ,,Laufweg“ verschalt werden. Anschließend wurde die Schalungsfläche bis zur Vorderkante des Stellbretts erweitert sowie an dieses gefügt. Es folgte die Verlegung der bituminösen Dampfsperrbahn des Hauptdachflächenbereichs des betroffenen Bauabschnitts. Traufseitig wurden auch die jeweiligen Enden der bituminösen Dampfsperrbahn in das Konstrukt des Traufanschlusses eingebunden und durch die darauffolgende Verschalung des Dachüberstands nochmals zusätzlich verpresst. Im nächsten Arbeitsschritt folgte die Verschalung des Dachüberstands sowie die fortgeführte Verlegung der Dampfsperrbahn in diesem Bereich.

Zusätzlich wurden einige weitere Arbeiten, bezugnehmend auf zuvor beschriebene Detailausführungen, umgesetzt, wie beispielsweise die zusätzliche Überdämmung des Anschlussbereichs. Dies wurde in Anlehnung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes mit nicht geschädigten Dämmmaterialien, welche im Zuge des Rückbaus ausgebaut wurden, umgesetzt. Die gesamte Detailausführung wurde mit sämtlichen Entscheidungsträgern bereits im Vorfeld konzipiert, fixiert und letztlich finalisiert.
Den ausführlichen Beitrag lesen Sie in DDH 06.2024.

