Absturzsicherung: Bezüglich der Nutzung von Leitern und Tritten sind die entsprechenden Normen und Regelwerke in den letzten Jahren intensiv überarbeitet worden. Damit sollen Abstürze oder andere Unfälle so weitgehend wie möglich vermieden werden. Wir fassen die aktuellen Regelungen zusammen.
Das Thema Arbeitssicherheit zählt auf Baustellen beim Höhenzugang zu den zentralen Anforderungen – auch beim Einsatz von Leitern und Tritten. Normen und Vorschriften wie die Norm DIN EN 131 „Leitern“, deren acht Teile in den letzten Jahren nach und nach überarbeitet erscheinen, beziehungsweise die 2018 novellierte TRBS 2121-2 „Gefährdung von Beschäftigten durch Absturz bei der Verwendung von Leitern“, als Konkretisierung der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), sollen die Sicherheit weiter erhöhen. Dabei gibt es einige Punkte zu beachten.
Rechtliche Grundlagen
Für Leitern und Tritte gibt es verschiedene Normen, Regeln und Verordnungen. Dazu gehören neben der DIN EN 131 „Leitern“ vor allem die Betriebssicherheitsverordnung, welche durch die Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 2121-2 konkretisiert wird. Eine Handlungsanleitung für den Umgang mit Leitern und Tritten ist die DGUV Information 208-016.

Leitern als Verkehrswege auch weiterhin möglich?
Gemäß der neuen TRBS 2121-2 dürfen Sprossen- und Stufenleitern bis zu einer Höhe von 5 m weiterhin als Verkehrsweg – also Zu- und Abgang – zu hochgelegenen Arbeitsplätzen genutzt werden. Übersteigt der Höhenunterschied 5 m, ist der Einsatz von Leitern als Verkehrsweg nur dann erlaubt, wenn diese sehr selten benutzt werden. Eine praxistaugliche Alternative für Verkehrswege zu Arbeitsplätzen oberhalb 5 m sind beispielsweise Gerüsttreppentürme. Diese erleichtern auch den Materialtransport, da eine Hand beim Auf- und Abstieg immer frei ist.

Arbeiten auf Leitern
Für die gewerbliche Nutzung dürfen gemäß TRBS 2121-2 Leitern dann als Arbeitsplatz eingesetzt werden, wenn beide Füße auf einer Stufe mit mindestens 80 mm Auftrittsfläche oder einer Plattform stehen. So ist bei einer langen Verweildauer ein komfortables und standsicheres Arbeiten sichergestellt. Nur in besonders begründeten Ausnahmefällen – wie beim Arbeiten in engen Schächten oder aus Gründen der Ergonomie – kann das Arbeiten auf tragbaren Leitern mit Sprossen weiterhin zulässig sein. Die besonderen Gründe sind vom Unternehmen oder vom gewerblichen Anwendenden in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren. Diese ist für jede Tätigkeit sowie jede Baustelle durchzuführen.
Bis zu einer Standhöhe von 2 m ist die Verwendung von Stufen- oder Plattformleitern als hochgelegener Arbeitsplatz uneingeschränkt erlaubt. Bei einer Standhöhe zwischen 2 m und 5 m dürfen Leitern maximal für bis zu zwei Stunden je Arbeitsschicht für zeitweilige Arbeiten genutzt werden. Bei mehr als 5 m Standhöhe ist grundsätzlich ein alternatives Arbeitsmittel zu wählen, zum Beispiel eine fahrbare Arbeitsbühne nach DIN EN 1004 – im allgemeinen Sprachgebrauch auch „Fahrgerüst“ genannt.

Traversen für Anlegeleitern
Gemäß DIN EN 131-1:2019-11 „Leitern – Teil 1: Benennungen, Bauarten, Funktionsmaße“ ist bei Anlegeleitern ab 3 m Länge im gewerblichen Bereich eine Traverse erforderlich. Dazu gehören auch Multifunktionsleitern, die als Anlegeleiter einsetzbar sind. Die Breite der Traverse steht im Verhältnis zur Leiterlänge und der Außenbreite der Leiter – sie wird also mit zunehmender Länge breiter.

Gewerbliche oder private Nutzung wichtig bei Kaufentscheidung
DIN EN 131-2:2017-04 „Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung“ unterteilt alle Leitern in gewerblich genutzte und ausschließlich privat genutzte Leitern. Dieser Einteilung liegt eine unterschiedliche Grundlast bei den einzelnen Prüfungen der Leitern durch den Hersteller zugrunde. Leitern, die für den gewerblichen Gebrauch freigegeben sind, müssen höheren Belastungszyklen sowie Einzelbelastungen standhalten. Daher dürfen diese Leitern gleichzeitig auch in Privathaushalten bedenkenlos verwendet werden.
Was bedeutet das für die Anwendung? Beim Kauf ist unbedingt auf den Einsatzbereich – privat oder gewerblich – zu achten. Es dürfen im gewerblichen Bereich nur Leitern verwendet werden, die dafür freigegeben und durch entsprechende Piktogramme gekennzeichnet sind.

Notwendige technische Unterlagen auf der Baustelle
Entsprechend DIN EN 131-3:2018 „Leitern – Teil 3: Kennzeichnung und Gebrauchsanleitungen“ wird mit jeder Leiter werksseitig eine gedruckte Form der Benutzerinformation – eine Aufbau- und Verwendungsanleitung, kurz AuV – mitgeliefert. Diese muss bei der Benutzung der Leiter immer vorliegen. In der AuV werden auch die geforderten Nutzungspiktogramme dargestellt und erklärt, die auf den Innenseiten von Leiterholmen mittels Leiternetikett anzubringen sind.
Ein Unternehmen muss seinen Mitarbeiter*innen ordnungsgemäße Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und sie im sachgerechten Umgang unterweisen. Aber auch Nutzer*innen von Leitern und Tritten tragen eine Mitwirkungspflicht für Sicherheit und Gesundheitsschutz. So ist die Aufbau- und Verwendungsanleitung (AuV) der Hersteller unbedingt zu beachten. Grundsätzlich gilt: Beschädigte Leitern dürfen nicht benutzt werden. Vor Gebrauch ist eine Leiter daher einer kurzen Sichtprüfung zu unterziehen. Neben der Sichtprüfung an jedem Arbeitstag schreibt die Berufsgenossenschaft eine regelmäßige dokumentierte Prüfung der Leiter vor. Die Häufigkeit der Prüfung richtet sich nach Art der Benutzung und Einsatzbereich – Layher empfiehlt mindestens eine jährliche Prüfung. Durchzuführen ist die Prüfung von einer „befähigten Person“.
Definition der „befähigten Person“
Die regelmäßige Kontrolle von Arbeitsmitteln wie Leitern und Tritten muss gemäß
BetrSichV von einer „befähigten Person“ vorgenommen werden. Ziel ist es, die Sicherheit und Nutzung der Arbeitsmittel zu erhöhen. Folgende Punkte sind hinsichtlich Aufgaben und Qualifikation zu beachten:
- Betriebliche Arbeitsmittel müssen gemäß Betriebssicherheitsverordnung wiederkehrend von einer „befähigten Person“ auf ihre ordnungsgemäße Beschaffenheit geprüft werden.
- Ein Baustein hierzu kann ein beim Hersteller erfolgreich abgeschlossenes Seminar zur Sachkunde sein.
Neue Änderungen der DIN EN 131-4
Seit 2020 müssen gemäß DIN EN 131-4:2020-06 „Leitern – Teil 4: Ein- oder Mehrgelenkleitern“ auch Gelenkleitern den konstruktiven Vorgaben aus Normteil 1 entsprechen. Dies bedeutet, dass alle Leitern, die als Anlegeleitern genutzt werden können und in ausgefahrenem Zustand länger als 3 m sind, mit einer Standverbreiterung in Form einer Traverse oder Auslegern ausgestattet sein müssen. Änderungen gibt es auch bei Vielzweckleitern. Kommen diese als Arbeitsbühne zum Einsatz, sind sie vom Hersteller aus Sicherheitsgründen inklusive passender Plattform auszuliefern. Dies soll einen unsachgemäßen Einsatz verhindern.