Zwei Tage diskutierten die Obermeister in St. Andreasberg. Am Ende gab es eine wichtige Botschaft: Das Dachdeckerhandwerk in Niedersachen und Bremen ist wesentlicher Teil der Energiewende. (Quelle: Landesinnungsverband des Dachdeckerhandwerks Niedersachsen-Bremen)

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30. January 2023 | Teilen auf:

Dachdecker in Niedersachsen und Bremen trotz Krise im Aufwind

Die Obermeister trafen sich in St. Andreasberg. Dachdecker wollen Energiewende gestalten aber zu gerechten Bedingungen.

Die Energiewende in Deutschland braucht das Handwerk, und das Handwerk braucht Fachkräfte, um die Aufgaben der Energiewende zu bewältigen. Bei den Dachdeckern in Niedersachsen und Bremen läuft das recht gut. Niedersachsen sei das einzige Bundesland mit steigenden Ausbildungszahlen im Dachdeckerhandwerk, erklärte Landesinnungsmeister Carsten Stelter dieser Tage in St. Andreasberg. Dort trafen sich die Innungsobermeister aus Niedersachsen und Bremen zu ihrem jährlichen Obermeistertag. Neben den positiven Zahlen hatten sie konkrete Forderungen an die Politik im Gepäck. Und die formulierte der Dachdeckermeister Christian Behr aus Bremen. In weiteren Vorträgen referierten der Hauptgeschäftsführer des Landesinnungsverbandes des Dachdeckerhandwerks Niedersachsen-Bremen (LIV), Dr. Frank Biermann, über die Aufgaben und Zukunft der Innungen, der Fachanwalt für Arbeitsrecht Thomas Laskowsky vom LIV über Neuigkeiten aus dem Arbeitsrecht, der Sicherheitsbeauftragte und Dachdeckermeister Michael Ratay (LIV) über neue Bestimmungen in Sachen Gefahrenbeurteilungen auf Baustellen, Dachdeckermeister Sascha Apel aus Bremen über gute Öffentlichkeitsarbeit sowie sein Kollege Jochen Angerstein aus Scheppau im Landkreis Helmstedt über Kommendes aus dem Ausschuss für Abdichtungen. Allesamt diskutable Themen.

Das Dachdeckerhandwerk sei die Stütze der Energiewende, erklärte Carsten Stelter. (Quelle: Landesinnungsverband des Dachdeckerhandwerks Niedersachsen-Bremen)

Niedersachsen und Bremen stark bei Auszubildenden

Es war der erste Obermeistertag in Anwesenheit nach zwei Jahren Corona-Zwangspause. Entsprechend hatten sie Austauschbedarf, die Männer und eine Frau vom Dach. Bei aller Dringlichkeit mancher Themen: Den ersten großen Auftritt bekam der Nachwuchs, konkret die Jugendbeauftragten des LIV. Sie heißen Pascal Caßens, Mike Beinlich, Alexander Mähler, Sarah Zauske und Johanna - S. Rieger.

Die jungen Botschafterinnen und Botschafter des Dachdeckerhandwerks sind Teil des Erfolgs in Sachen Nachwuchs, sozusagen das Bindeglied zwischen angehenden Auszubildenden und den Betrieben. Ein Rezept, das aufgeht und sich in konkreten Zahlen niederschlägt. Demnach legte das Dachdeckerhandwerk in Niedersachsen und Bremen gegen den allgemeinen Trend bei Auszubildenden zu und beschert dem Beruf 2022 einen bundesweiten Anstieg von 13.2 Prozent, in Zahlen 8734 Auszubildende, gegenüber dem Vorjahr. Nur 2002 sahen die Zahlen mit 10072 Auszubildenden besser aus.

Krisen dämpfen Stimmung

Der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise, vorher Corona und der allgemeine Fachkräftemangel: Alles das hat laut Landesinnungsmeister Carsten Stelter deutliche Folgen für das Dachdeckerhandwerk und stellt das Handwerk allgemein vor Herausforderungen. Stelter bezog das besonders auf die in Deutschland festgeschriebenen Klimaziele. Es gebe etwa Photovoltaikanlagen, jedoch die Wechselrichter nicht, erklärte er. Gleichwohl: Zu tun haben die Dachdecker mehr als genug. Die Personalauslastung liegt laut Statistik bei über 90 Prozent, und das trotz aller Krisen. Und auch in Sachen Umsatz konnten die Dachdecker zulegen, wenngleich mit einem deutlichen Knick in den Zahlen: Im Januar 2022 verzeichneten die Unternehmen ein Plus von 43 Prozent im Durchschnittvergleich. Im September waren es nur noch 7,7 Prozent. Die Zahlen für das vierte Quartal lagen zum Obermeistertag noch nicht vor.

Grundsätzlich sieht Carsten Stelter einen allgemeinen Einbruch in der Bauwirtschaft. Der Bauboom sei rückläufig, erklärte er. Bremsende Faktoren seien unter anderem die drastisch steigenden Preise in allen Bereichen, die Inflation einhergehend mit einer Finanzierungszurückhaltung bei Banken sowie die Materialknappheit. Dennoch malte der Landesinnungsmeister kein düsteres Bild: Das Dachdeckerhandwerk sei die Stütze der Energiewende, erklärte er.

Energiewende nicht ohne Dachdecker – aber zu fairen Bedingungen

Eben diese Stütze thematisierte Dachdeckermeister Christian Behr aus Bremen. Er ist Mitglied im noch jungen Fachausschuss Recycling und Entsorgung. Das Gremium hat ein Positionspapier zur Evaluierung der Gewerbeabfallverordnung entwickelt. Zehn Punkte umfasst das Werk und fordert eine Verordnung, die nicht nur das Handwerk in die Pflicht nimmt, sondern schon bei den Herstellern ansetzt und sich vor allen Dingen an bundeseinheitlichen Parametern ausrichtet. Im Zuge der Energiewende komme den Dachdeckern eine wichtige Aufgabe zu, so Behr, der die ehrgeizigen Ziele der Bundesregierung ohne Dachdecker gefährdet sieht. Wer derart gefordert sei, müsse auch entsprechende Rahmenbedingungen vorfinden. Und die gebe die aktuelle Gewerbeabfallverordnung nicht her.

Und das sind die zehn Punkte: IN die Gewerbeabfallverordnung sollen künftig Bautechnik und Baurecht einfließen. Asbesthaltige Bitumenbahnen und Abfälle müssen weiterhin thermisch verwertet, heißt verbrannt, werden können. Einige Entsorger fordern Abfallquoten im Voraus. Das lasse sich nicht umsetzen. Der Ausschuss begrüßt ein bundesweites Materialkataster, um bessere Planbarkeit zu erhalten. Recycling von Produkten soll bereits im Herstellungsprozess berücksichtigt werden. Damit erhofft sich das Dachdeckergremium eine konsequentere Umsetzung des Umweltschutzgedanken. Zugleich müsse die Recyclingquote von 90 auf 70 Prozent gesenkt werden. Den Baumischcontainer muss es weiterhin geben, das Nachweisverfahren im Zuge der Entsorgung von Abfällen bedarf einer Vereinfachung. Außerdem fordern die Dachdecker bundeseinheitliche Regelungen und zuletzt eine vernünftige Förderkulisse für neue Techniken im Bereich der Abfallverwertung und des Recyclings.

zuletzt editiert am 30.01.2023