Bis zu 99% aller Gebäude auch in Hochwassergebieten waren versicherbar gewesen. Doch nur etwa 45 % der Gebäude sind gegen Elementarschäden wie Starkregen, Überflutung, oderauch Erdbeben auch tatsächlich versichert. Den Versicherungsvermittler treffen dabei umfassende Beratungspflichten. Wurde keine Elementarschadenversicherung vermittelt, aber vielleicht anderer üblicher Versicherungsschutz für ein Gebäude wird sich jeder Richter fragen, ob der Versicherungskunde vor seiner Entscheidung gegen eine Elementarversicherung vom Vermittler korrekt beraten wurde.
Vermittlerhaftung trotz Kundenwunsch nicht viel Geld für Versicherungsschutz auszugeben
Eine Fallvariante beim Fragebogen mit folgender Vermittlerhaftung wäre die Unterversicherung. Die Sparsamkeit des Kunden ist für sich genommen noch kein Grund, daß eine Elementarschadenversicherung ausscheidet. Vielmehr hat der Vermittler nach Alternativen zu suchen– etwa indem für alle Gebäude-Versicherungsbausteine ein entsprechend höherer Selbstbehalt zurPrämienreduzierung angeboten wird – selbst bei KFZ-Versicherung u.a. könnte alternativ stattdessen gespart werden. Wer eine mögliche Elementarschadenversicherung nicht abgeschlossen hatte, muss sogar damitrechnen, dass staatliche Hilfsgelder deshalb um die Hälfte gekürzt werden – auch dies ein geltend zumachender Schaden.
Versicherungsmakler müssen auch Deckungskonzepte und ausländische Versicherer anbietenDer Betrieb zahlreicher Versicherungsmakler sind so klein, daß diese keine direkte Anbindung für dieZusammenarbeit mit allen Versicherern erhalten.
Dann weichen diese auf sprichwörtlicheVersicherungsgroßmärkte aus, insbesondere sogenannte Pools und Einkaufsgenossenschaften. Diese haben dann jedoch auch nur eine eingeschränkte Palette von Versicherern bzw. Tarifen im Angebot. Mancher Makler scheut sich auch beispielsweise günstigere Versicherer aus dem Ausland anzubieten. Auf diese dann eingeschränkte Beratungsgrundlage hat der Makler von Anfang an hinzuweisen –gem. § 60 Abs 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) unter genauer Nennung seiner eingeschränkten Marktgrundlage. Vielleicht hätte es ja woanders eine passendere und/oder günstigereVersicherungsdeckung gegeben, für deren Fehlen daher nun der Makler haftet. Der schlechtversicherte Kunde hätte sich oft nach vorheriger Aufklärung woanders beraten lassen? Selbst bei fehlender Versicherbarkeit kann der Vermittler bzw. Versicherungsmakler haften. Hätte gar keine Elementarschadenversicherung vermittelt werden können, so führt die Falschberatung selbst nicht zu einem Schaden wegen der fehlenden Versicherungsleistung, weil derKunde auch bei korrekter Beratung nirgendwo das Risiko hätte absichern können. Indes könnte der Maklerkunde seinen Schaden auch dann daraus herleiten, dass er - wenn der Makler ihn auf diesewegen des zu hohen Risikos unversicherbare Lücke hingewiesen hätte - in seine Immobilie nichtsmehr investiert oder sie verkauft hätte, um eine neue auf sicherem Grundstück zu erwerben.
Aufklärung und Beratung durch Makler umfaßt die Frage, was wie versichert werden sollte
Es genügt weder der Hinweis auf Lücken im bestehenden Vertrag, wenn beraten wird. Noch genüg tder Ratschlag alle Risiken zu versichern. Vielmehr hat der Versicherungsmakler das zu versichernde Objekt selbst zu überprüfen – das Internet und Fragebögen können keine Begehung ersetzen. Überhaupt darf der Makler keine sachwidrigen Weisungen des Kunden akzeptieren, wenn dieser ihn vielleicht nicht richtig verstanden hat bzw. mangels ausreichender Beratung noch gar keineausreichende Entscheidungsgrundlage besitzt.
Auch für den (weitergehenden) Verzicht auf eine (ggf.Teil-)Beratung benötigt der durchschnittliche Versicherungskunde eine qualifizierte Entscheidungsgrundlage – widrigenfalls der Makler sachwidriges Verhalten akzeptiert; und damitdem Grund nach ebenfalls haftet.
Einmalige Beratung genügt nicht, denn der Versicherungsmakler hat das Versicherungsobjekt imAuge zu behalten, und bei Veränderungen auf risikogerechte Anpassungen hinzuwirken (BGH, Urteilvom 5. April 1967 – Ib ZR 56/65, VersR 1967, 686). Auch über eine später neu hinzukommendeVersicherbarkeit ist zu beraten.
Es versteht sich, dass eine Umdeckung etwa einer früheren Elementarschaden-Pflichtversicherung in eine Gebäudeversicherung ohne solche Absicherung zur Haftung führen wird.
Verpflichtung des Versicherungsvermittlers zur Rechtsberatung
Wiederholt stellen Kunden fest, daß ihr „Betreuer“ in Versicherungsfragen das Kleingedruckte, alsodie Versicherungsbedingungen noch nie gründlich studiert hatten. Rechtliche Feinheiten kommenauf, wenn der Versicherer nach einem Hochwasser etwa meint, nur Starkregen sei versichert – undankündigt ohne vorherige Klage keine Leistung zu erbringen. Wie soll ein Versicherungskunde als Laie rechtlich den Unterschied zwischen vielleicht Starkregen,Flut und Überschwemmung oder Rückstau bereits begrifflich ohne Beratung erfassen? Auch wer meint, wegen fehlender frühzeitiger Unwetterwarnung durch den Staat, oder etwa unterlassenem Ablaufenlassens von Wasser in Rückhaltebecken bzw. Talsperren sich durch Betreibergeschädigt fühlt, wird erfahren dass eine Staatshaftung meist voraussetzt, dass niemand sonst haftet.
Bundesgerichtshof entscheidet bis hin zur Beweislastumkehr
Die Dokumentation ist später der beste Beweis für die Beratungslücke, also Fehlberatung und Vermittlerhaftung, wenn sie z.B. wie oft formularmäßig floskelhaft und nichtssagend ist. Fehlt dieDokumentation komplett, oder kann der Vermittler die rechtzeitige Übergabe an denVersicherungskunden nicht beweisen, führt dies bis hin zur Beweislastumkehr (BGH, Urteil vom13.11.2014, Az. III ZR 544/13).Die unterlassene Dokumentation ist dann also noch kein Beweis - sie führt nur dazu, dass derVersicherungsnehmer die bestimmte Falschberatung zunächst nur konkret behaupten muss, unddann der Makler/Agent die Beweislast trägt, dass er korrekt beraten hat. Wozu weder reicht, dass er die Elementarschadenversicherung angeboten, noch dass er dringend zu ihr geraten hat. Vielmehrmuss er die Folgen deren Fehlens drastisch vor Augen geführt haben und wirklich alle Möglichkeiten, sie irgendwie zu ermöglichen, genau geprüft und erläutert haben.*
Dr. Johannes Fiala, PhD, RA, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter FinanzundAnlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann (www.fiala.de)
Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik, Aktuar DAV, öffentlichbestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privatenKrankenversicherung (www.pkv-gutachter.de).