Mann auf einem Fahrrad
Tobias Hauptmann auf einer Tour in Italien. (Quelle: Hauptmann)

Porträts 2024-06-04T12:14:46.641Z Ohne Rad geht es nicht

Porträt: Ein Fahrrad, immer mit dabei, jeden Tag. Das ist für Tobias Hauptmann gesetzt. Der Ausbilder am Dachdecker-Bildungszentrum Karlsruhe fährt seit 20 Jahren leidenschaftlich Fahrrad. Zur Not auch mal ein E-Bike.

Dass Tobias Hauptmann viel Fahrrad fährt, ist eine Untertreibung. „Der fährt in der Woche mehr Kilometer auf dem Rennrad als ich mit dem Auto“, so der Kommentar von Ausbilder Christian Geschke aus Baden Württemberg über seinen Mitarbeiter. Als passionierter Rennradfahrer war meine Neugier geweckt.

2004 verkaufte Hauptmann sein Motorrad, dafür gab es ein Mountainbike. Parallel dazu war Hauptmanns Sohn Ben schon länger aktiver Rennradfahrer. Er nahm den Vater einmal mit — von da an war der Funke gezündet. Seitdem fährt er meist täglich morgens um 6.00 Uhr früh in seinem Dorf bei Rastatt los. Das sind rund 20 Kilometer bis zur Schule. Wenn die Lust und der Ehrgeiz groß ist, radelt er auch mal über den Schwarzwald rund 70 Kilometer zurück nach Hause. „Dann sage ich aber meiner Frau vorher Bescheid“, lacht Hauptmann.

Nach 1900 Höhenmetern umdrehen

Die meisten Touren macht er mit seiner Frau, die zwar etwas langsamer fährt, aber mit der er die schönsten Erlebnisse auf 2 Rädern teilt. Auch Entspannung ist im Alter wichtig. Zum Beispiel fuhren sie eine Tour mit rund 1500 m über dem Lago Maggiore. Hauptmann erinnert sich: „Später sind wir im Schnee stecken geblieben und mussten nach 1900 Höhenmetern umdrehen“. Kleine Rückschläge gehören bei den Touren dazu. Seine längste Radrunde betrug 211 Kilometer, die meisten Höhenmeter am Stück: 1600 (auf den Berg der Berge: Mont Ventoux). Die Trainingshistorie führt er über die App Strava, da wird jeder Kilometer fest gehalten. „Damit kann ich nach Jahren noch sehen, was ich wann wo gefahren bin“.

Mann auf einem Fahrrad
Entspannt auf dem Fahrrad: Tobias Hauptmann. (Quelle: Hauptmann)

Mit 45 Kilometer im belgischen Kreisel

Dann gibt es noch eine Trainingsgruppe „mit lauter gestörten Typen“, lacht Hauptmann. Die meisten sind jünger und schneller, sie drehen Abends im Sommer noch eine Runde. Start ist das KSC-Stadion. Harte Regel: Wer hier den Anschluss nicht halten kann, auf den wird nicht gewartet. Und der Dachdeckermeister kann hier meistens noch mithalten. „Mit 25 Leuten bei Tempo 45 den belgischen Kreisel fahren, das ist schon super, aber danach bin ich fertig“, schwärmt Hauptmann. Das ist dann schon eine Art schöne Folter für ihn. Solche wilden Ritte sind aber mittlerweile die Ausnahme.

Im Winter tauscht Hauptmann sein edles Specialized Tarmac gegen ein Mountainbike. Sein Highlight hiermit: Eine Schwarzwaldüberquerung von Karlsruhe nach Lörrach in 1,5 Tagen mit 310 km und 7200 Höhenmetern. Und dann gibt es noch das Crossrad mit dem Hauptmann vor allem im Winter oft unterwegs ist und die Wälder in der Umgebung unsicher macht.

Erste Versuche auf dem E-Bike

Bei all dem Ehrgeiz meldet sich manchmal doch das Alter, oder Corona kommt dazwischen. Tatsächlich hat der Ausdauersportler sich vor ein paar Jahren ein E-MTB zugelegt. „Eigentlich etwas, über das ich vor Jahren noch die Nase gerümpft habe“, gibt Hauptmann zu. Doch als er bei einem geplanten Rad-Urlaub mit seiner Frau entlang der Lech krank wurde und diesen nicht absagen wollte, setzte er sich Corona geschwächt erstmalig auf ein E-Bike und siehe da: Es machte Spaß, die beiden mussten kein Hotel stornieren, der Dachdeckermeister konnte und durfte sich nicht verausgaben — der Urlaub war gerettet.

„Die Fahrten mit dem E-MTB habe ich mittlerweile schätzen gelernt. Man ist ja auch manchmal erkältet und muss sich schonen. Dennoch möchte ich draußen auf einem Fahrrad unterwegs sein und die Landschaft genießen. Da ist das E-MTB ideal“, sagt Hauptmann. Hier kann der 60-jährige in Ruhe die Landschaft genießen, immer auf der Suchen nach einsamen Anstiegen, großartigen Aussichten — aber das ganze nicht mehr so schnell wie früher.

Seit 28 Jahren Ausbilder

Fast ein halbes Leben lang ist Tobias Hauptmann Ausbilder am Bildungszentrum Karlsruhe. Er selber war Dachdeckermeister. Dann rief der damalige Leiter Cornelius Gradner an, Hauptmann bewarb sich und begleitet seit 1995 die Azubis in der Ausbildung. Der Ausbilder ist ein ruhiger, geduldiger Mensch. „Die Arbeit macht immer noch Spaß. Meine Motivation sehe ich darin, das allgemeine Niveau unseres Handwerks zu heben. Außerdem ist es eine tolle Sache, solche Leute wie unseren Drittplatzierten Tom Seel beim Bundesentscheid kennenzulernen, sein Talent zu entdecken und ihn zu fördern“ betont Hauptmann.

„An den Modellen oder bei der Dämmstoffberechnung kann man sehen, ob das Interesse der jungen Dachdeckerinnen und Dachdecker vorhanden ist“, so Hauptmann. Von den angehenden Dachdeckern kommt vielleicht mal ein anerkennender Kommentar, wenn Hauptmann sein Bike morgens in der Halle parkt — mehr nicht.

Mit einem Mix aus klaren Regeln und locker anleiten, sind die Lehrlinge auch heute noch zu begeistern. Hauptmann ist ein ruhiger, geduldiger Mensch, er nimmt sich, wenn möglich viel Zeit beim erläutern. Obwohl er aus dem Badischen kommt, gefällt ihm das Material Schiefer am besten.

Rennrad als Schieferornament

„Meine Leidenschaft gilt den Deckungen mit Schiefer, ob als Ornament, dynamische Deckung an der Fassade oder eingebundene Kehlen mit Altdeutscher Deckung“, so Hauptmann. Und wie das bei leidenschaftlichen Dachdeckern der Fall ist, zeigt er, was er in dieser Disziplin drauf hat. Und natürlich muss er ein Rennrad auf seinem Schieferornament verewigen. Auf jedem Fall gilt: Ohne Fahrrad geht es bei Tobias Hauptmann einfach nicht.

Schieferornament mit Fahrrad
Tobias Hauptmann mit seinem Rennrad-Ornament. (Quelle: DDH)
zuletzt editiert am 04. Juni 2024