Obwohl Asbest seit 1993 in Deutschland verboten ist, stoßen Hausbesitzer und Handwerker in älteren Gebäuden immer noch auf asbesthaltige Produkte.
Anfang August warnte Carsten Burckhardt, im Bundesvorstand der IG BAU für die Bauwirtschaft und den Arbeitsschutz zuständig, vor einer neuen Asbest-Welle. Alles beginne mit Baustaub und dem Einatmen von Asbestfasern. Dabei hätten Bauarbeiter und Heimwerker kaum eine Chance, diese Gefahr zu erkennen. Bis zu 30 Jahre dauere es, ehe es zur tragischen Diagnose komme: Asbestose – mit Lungen-, Bauchfell- oder Kehlkopfkrebs. "73 Prozent des Asbestes gingen in die Produktion von Asbest-Zementprodukten: Aus rund 32 Millionen Tonnen Asbest-Zement entstanden vor allem Rohre, Fassadenverkleidungen und Dacheindeckungen – die alten Eternitplatten", so Burckhardt.
Gefährdungsbeurteilung beachten
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss der Dachdecker schon vor Beginn einer jeden Sanierung den Verdacht auf Gebäudeschadstoffe klären – dazu zählt auch Asbest. Befindet sich schwach gebundenes Asbest in einem Gebäude, ist der Bauherr verpflichtet, die Sanierungsdringlichkeit durch ein Asbestkataster entsprechend landesbezogener Asbest-Richtlinie zu bewerten. Auch für fest gebundenes Asbest ist es sinnvoll, angeben zu können, wo es verbaut wurde. Sollte eine Überprüfung dennoch nicht vor Aufnahme der Tätigkeiten stattgefunden haben, müssen Sie bei Unsicherheit über vorhandene Gebäudeschadstoffe alle Tätigkeiten sofort einstellen – bis festgestellt wurde, ob eine Asbestentsorgung notwendig ist oder nicht.
Baustelle sichern
Vor Ort muss der Dachdecker zur Sicherheit, die Baustelle so sichern, dass sie für andere Personen nicht zugänglich ist. Zudem ist der Unternehmer verpflichtet, den Bauherren zu informieren, der daraufhin verpflichtet ist, erforderliche Ermittlungen fachkundig vorzunehmen bzw. in Auftrag zu geben. Am besten sollte ein Sachverständiger für Gebäudeschadstoffe ein Gebäudeschadstoffkataster erstellen. Es enthält Informationen, über die im Gebäude vorhandenen Schadstoffe, ihr Gefahrenpotential und ihre Verteilung.
Folgende Parameter helfen dem Dachdecker auf der Baustelle:
Inspektion: Eine visuelle Inspektion kann erste Hinweise auf das Vorhandensein von Asbest geben. Wenn zum Beispiel Faserzement beschädigt ist oder Verwitterungserscheinungen aufweist, können Fasern freigesetzt werden, die man an ihrer Struktur erkennt.
Alter des Gebäudes: Asbest wurde häufig bis in die 1990er Jahre in Baumaterialien verwendet. Wenn das Gebäude vor diesem Zeitraum gebaut wurde, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Asbest verwendet wurde.
Professionelle Prüfung: Um sicherzustellen, ob Asbest im Dach vorhanden ist, ist eine professionelle Analyse durch eine zertifizierte Asbestprüfstelle erforderlich. Ein Sachverständiger wird eine Probe des Dachmaterials entnehmen und im Labor auf das Vorhandensein von Asbest analysieren. Versuchen Sie nicht, Proben selbst zu entnehmen, da dies gefährlich sein kann.
Neufassung der TRGS 519
Dachdecker müssen angemessene persönliche Schutzausrüstung tragen, um sich vor Asbestexposition zu schützen. Dazu gehören Atemschutzmasken der entsprechenden Schutzstufe, Schutzanzüge, Handschuhe und andere erforderliche Schutzausrüstung. Die TRGS 519 legt fest, wie Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien durchgeführt werden sollten, um die Freisetzung von Asbestfasern zu minimieren. Dazu gehören das Vermeiden von abrasiven Methoden, die den Asbest freisetzen könnten, sowie der Einsatz von kontrollierten Arbeitsverfahren.
Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an asbesthaltigen Bauteilen (ASI-Arbeiten) sind nur Firmen und Handwerkern erlaubt, die über eine aktuelle und entsprechende Sachkunde (Auffrischung alle 6 Jahre!) nach TRGS 519 (Technische Regel für Gefahrstoffe) verfügen, um Asbest entsorgen zu können. Für den Umgang mit schwach gebundenem Asbest benötigt das Unternehmen zudem eine behördliche Zulassung nach der Gefahrstoffverordnung. Die neue Fassung des TRGS 519 enthält neue Qualifikationsmodelle sowie neue Bestimmungen, die die Vermittlung der Inhalte betreffen. Als Qualifikationsmaßnahme gelten nunmehr auch Veranstaltungen, die in der Verantwortung von Körperschaften des öffentlichen Rechts durchgeführt werden.
Norbert Kluger, Leiter der Abteilung Stoffliche Gefährdungen der BG BAU: „Asbest ist ein nach wie vor aktuelles Problem, denn wir müssen bei Bestandsbauten immer davon ausgehen, dass Asbest enthalten sein kann. Sollen Arbeiten im Bestand stattfinden, ist vorab eine genaue Recherche und möglicherweise eine Materialanalyse unerlässlich. Danach müssen entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden.“
Staubarm ist eine Lösung
Effektiver Schutz vor der tödlichen Faser ist möglich und machbar. Besonders wichtig ist es, staubarm zu arbeiten. Wo Stäube entstehen, müssen diese abgesaugt und gefiltert werden. Betroffene Arbeitsbereiche sind von anderen Bereichen abzuschotten, damit Asbest nicht verschleppt wird. Bei Gefährdungen sind Atemschutzmasken und staubdichte Schutzanzüge erforderlich.
Leitlinie für die Asbesterkundung
Die Leitlinie richtet sich an Dachdecker, die mit Asbest in Gebäuden konfrontiert werden.
Finanzielle Förderung der Schutzmaßnahmen
Für den Schutz vor Staub, insbesondere Asbest, beim Bauen im Bestand bietet die BG BAU eine neue Arbeitsschutzprämie für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie fasst Maßnahmen zusammen, die die Belastungen durch Staub, Faserstäube und luftgetragene Gefahrstoffe deutlich reduzieren. Das Schutzpaket umfasst Handmaschinen mit Absaugung, Bau-Entstauber der Staubklasse H, Luftreiniger oder Unterdruckhaltegräte der Staubklasse H, Staubschutztür in faltbarer Ausführung, Einkammer-Personenschleuse in faltbarer Ausführung, Einwegschutzanzüge Kategorie III Typ 5/6 und Atemschutz-Halbmasken mit Filter P3.
Unternehmen, die in diese kombinierten Schutzmaßnahmen investieren, bekommen von der BG BAU einen Kostenzuschuss von 50 Prozent, maximal 5.000 Euro. Nähere Informationen und Antrag: www.bgbau.de/schutzpaket-bauen-im-bestand
Zum Fachbuch Gebäudeschadstoffe und Innenraumluft