Gründach: Bauphysik, Gefälle, Entwässerung und Windsog: Die aktuelle BuGG-Fachinformation „Begrüntes Umkehrdach“ fasst die Planung und Ausführung begrünter Umkehrdächer zusammen.
Dr. Gunter Mann
Mit der BuGG-Fachinformation „Begrüntes Umkehrdach“ greift der Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG) ein aktuelles Thema auf und stellt allen Baubeteiligten ein praxisorientiertes Informationswerkzeug für Planung und Ausführung dauerhaft funktionsfähig begrünter Umkehrdächer zur Verfügung.
Die BuGG-Fachinformation richtet sich an Planende, Bausachverständige und Ausführende des Dachdeckerhandwerks und des Garten- und Landschaftsbaus. Für begrünte Umkehrdächer muss in Deutschland eine allgemeine Bauartgenehmigung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) vorliegen.
Bauphysik beachten
Aufgrund der Unterläufigkeit des Dämmstoffes muss bei der Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten U dieser um einen Betrag ΔU erhöht werden.
Folgende Parameter werden in der allgemeinen Bauartgenehmigung beschrieben:
- Dämmstoffdicken
- Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit
- ΔU-Zuschlag bzw. Entfall des ΔU-Zuschlages bei Verwendung einer wasserableitenden Trennlage
- Windsogsicherung
Die Dämmung im Umkehrdach ist wasserunterläufig. Aufgrund des Temperaturgefälles kann im Winter Feuchtigkeit in den Bereich der Dämmung eindiffundieren. Dies muss im Laufe des Sommers ungehindert wieder aus der Dämmebene ausdiffundieren können. Die Ebenen direkt über Dämmung und Trennlage müssen diffusionsoffen sein, um diesen Vorgang nicht zu behindern. Wasserspeichernde Vliese sind hierzu ungeeignet.
Das Produkt/Material muss in eingebautem Zustand dauerhaft diffusionsoffen sein und darf dauerhaft kein Wasser speichern, das die Diffusionsoffenheit verhindert.
Statik: Schneelasten berücksichtigen
Bei begrünten Dächern ist der wassergesättigte Zustand des gesamten Begrünungsaufbaus einschließlich Vegetation als ständige Flächenlast anzusetzen. Schneelasten sind zu berücksichtigen, dazu bei Intensivbegrünungen eventuell Punktlasten und Verkehrslasten.
Dies gilt auch für das zusätzliche Wassergewicht bei einem temporären Wasseranstau. Zusätzlich müssen gegebenenfalls Auflasten zur Windsogsicherung des Dämmstoffs berücksichtigt werden.
Gefälle/Dachneigung: 0 – 45°
Begrünte Umkehrdächer können von 0 – 45° Dachneigung ausgeführt werden. Ein begrüntes Umkehrdach mit Gefälle < 2 % ist eine Ausführung nach den anerkannten Regeln der Technik und hat sich über viele Jahre bewährt; dies schließt auch 0 % Gefälle mit ein. Hinsichtlich der Anforderung an Dachabdichtungen bei Gefälle < 2 % sind die Regelungen nach DIN 18531 und die ZVDH-Regeln für Abdichtungen (Flachdachrichtlinie) zu berücksichtigen und auf Vereinbarungen im Bauvertrag zu achten.
Bei der Begrünung geneigter Umkehrdächer (5 – 45°) müssen Maßnahmen zur Sicherung gegen Materialverlagerung berücksichtigt werden (siehe dazu auch FLL-Dachbegrünungsrichtlinien). Ab einer Dachneigung von etwa 10 – 15° werden in der Regel Sicherungssysteme in Kombination mit vorkultivierten Vegetationsmatten empfohlen.
Bei begrünten Umkehrdächern muss eine wurzelfeste Dachabdichtung bzw. ein Durchwurzelungsschutz vorgesehen werden. Sollte die Dachabdichtung nicht wurzelfest ausgebildet sein, muss eine zusätzliche Wurzelschutzschicht aufgebracht werden. Dieser Durchwurzelungsschutz muss zwischen Dachabdichtung und Umkehrdachdämmung eingebaut werden. Hier muss auf Materialverträglichkeiten geachtet werden. Oberhalb der Umkehrdachdämmung würde die Wurzelschutzschicht als Dampfbremse oder Dampfsperre wirken, die notwendigen Diffusionsvorgänge behindern und durch eine Feuchteanreicherung in der Dämmebene den Dämmwert auf Dauer beeinträchtigen. An- und Abschlussbereiche, Fugen und Dachdurchdringungen müssen wurzelfest ausgebildet werden
Drei Entwässerungsebenen beim Umkehrdach
Die Bemessung der Dachabläufe und Entwässerungskonstruktionen orientiert sich dabei an der Größe der zu entwässernden Fläche, dem Abflussbeiwert, der Dachneigung und den durchschnittlichen lokalen Niederschlagsmengen. Kiesstreifen, Rinnen und Roste können eine schnelle Ableitung in die Dränageschicht gewährleisten.
Es gibt drei Entwässerungsebenen bei einem Umkehrdach:
- Auf der Dachabdichtung
- Auf Ebene der Wärmedämmplatten bzw. Rieselschutzvlies
- Auf Oberkante Substrat bzw. Belag
Die Notentwässerung ist gesondert zu betrachten.
Windsogsicherung berücksichtigen
Wird das Dach begrünt, muss der Begrünungsaufbau lagesicher ausgeführt und dessen Verwehsicherheit sichergestellt sein. Wenn die Begrünung die Auflast für eine lose verlegte Dachabdichtung, Wurzelschutzschicht oder Wärmedämmung bildet, ist ein ausreichend schwerer Dachbegrünungsaufbau unverzüglich nach Verlegung der Dachabdichtung bzw. der Wärmedämmung aufzubringen.
Für eine windsogsichere Dachbegrünung auf einem Umkehrdach muss die Lagesicherheit der Dämmstoffplatten und der Dachbegrünung selbst gewährleistet sein, das heißt der Gründachaufbau muss im trockenen Zustand die erforderliche Mindestauflast zur Lagesicherheit erreichen. Gegebenenfalls sind für die Zeit bis zur vollständigen Vegetationsausbildung in den Randbereichen spezielle Verwehsicherheitsmaßnahmen (zum Beispiel die Verlegung von Vegetationsmatten) und die Sicherung der Kiesflächen (zum Beispiel mit kiesverfüllten Gitterplatten) notwendig.
Brandschutz
(1) Intensive Dachbegrünungen gelten als Bedachungen, die gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähig sind.
(2) Extensive Dachbegrünungen sind widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme, wenn sie folgende Eigenschaften aufweisen:
- Mineralisch bestimmte Vegetationsschicht mit maximal 20 % (Massenanteil) organischer Bestandteile.
- Vegetationstragschicht mit einer Schichtdicke von mindestens 30 mm.
- Gebäudeabschlusswände, Brandwände oder Wände, die anstelle von Brandwänden zulässig sind, müssen in Abständen von höchstens 40 m mindestens 0,3 m über das Dach, bezogen auf Oberkante Vegetationstragschicht, geführt werden. Sofern diese Wände nicht über Dach geführt sind, genügt auch eine 0,3 m hohe Aufkantung aus nichtbrennbaren Baustoffen oder ein 1 m breiter Streifen aus massiven Platten oder Grobkies.
- Ein Abstandsstreifen aus massiven Platten oder Grobkies von ≥ 0,5 m Breite ist gegenüber Öffnungen in der Dachfläche (Lichtkuppeln, Dachfenster) oder aufgehenden Wänden mit Fenstern auszubilden, wenn sich deren Brüstung ≥ 0,8 m oberhalb der Vegetationstragschicht befindet.
- Bei aneinandergereihten, giebelständigen Gebäuden muss im Bereich der Traufe ein in der Horizontalen gemessener, mindestens 1 m breiter Streifen unbegrünt bleiben und mit Oberflächenschutz aus nichtbrennbaren Baustoffen versehen sein (DIN 4102-4).
Bei Hochhäusern ergibt sich ein Sonderfall. In den Hochhausrichtlinien wird in der Regel gefordert, dass die Bauteile der Dächer aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen müssen. Hier ist im Vorfeld mit der ausschreibenden Stelle, den Planenden und den Bauämtern über die gewünschte Ausführung zu sprechen.
Grundsätzlicher Schichtaufbau „Begrüntes Umkehrdach am Beispiel von Extruderschaumdämmung (XPS)“
Im Folgenden wird auf die Verlegung von Extruderschaumdämmung (XPS) eingegangen, da dazu Bauartgenehmigungen und langjährige Erfahrungen vorliegen.
Bei Umkehrdächern liegt die Wärmedämmung oberhalb der Dachabdichtung im wechselfeuchten Bereich. Da die Wärmedämmung nach oben nicht diffusionsdicht abgeschlossen werden darf, müssen die im Begrünungsaufbau verwendeten Materialien und Schichten diffusionsoffen sein. Ein dauerhafter Wasseranstau auf der Umkehrdachdämmung ist im Allgemeinen nicht möglich.
Die Dachbegrünung dient beim Umkehrdach in der Regel als Windsogsicherung für die lose verlegte Umkehrdachdämmung und muss deshalb den entsprechenden Anforderungen genügen. Grundlage hierfür sind statische Berechnungen bzw. die Vorgaben aus den allgemeinen Bauartgenehmigungen. Grundsätzlicher Aufbau eines begrünten Umkehrdaches (von oben nach unten):
Begrünungsformen
Nach den allgemeinen Bauartgenehmigungen sind Dachbegrünungen in ein- und mehrschichtiger Bauweise für Umkehrdächer zulässig – sofern deren Schichten diffusionsoffen sind.
Bei Einschichtaufbauten, bei denen das überwiegend mineralische, porenreiche Einschichtsubstrat die Dränfunktion übernimmt, ist die Diffusionsoffenheit gegeben, solange sichergestellt ist, dass Wasser nicht dauerhaft auf den Dämmstoffplatten steht.
Bei Mehrschichtaufbauten liegt die Dränschicht auf einer wasserableitenden und diffusionsoffenen Schicht auf der Dämmebene. Dieser Schicht kommt eine besondere Rolle zu, was die Diffusionsoffenheit des gesamten Schichtaufbaus nach oben (= außen) anbelangt. Um die Diffusionsoffenheit von Dränelementen zu gewährleisten, dürfen nur Dränelemente verwendet werden, deren Aufstandsfläche auf der Dämmung nicht größer als 30 % ist. Da aufliegende, wasserundurchlässige Flächen von Dränelementen das Ausdiffundieren von Wasserdampf aus den XPS-Dämmplatten verhindern, dürfen diese Flächen keinen zu großen Anteil einnehmen. Bei Verlegung von Noppenbahnen und Dränelementen mit den Noppen nach unten ist die Diffusionsoffenheit in der Regel gegeben. Es muss bei der Verwendung von Dränelementen darauf geachtet werden, dass durch die reduzierte Aufstandsfläche der Dränelemente die Dauerdruckbelastung des Dämmstoffes nicht überschritten wird. Als Aufstandsfläche von Dränagekörpern wird die Gesamtfläche der unterseitigen Kontaktstellen zur Unterlage im unbelasteten Zustand definiert. Dränelemente mit Aufstandsflächen bis zu 30 % werden als diffusionsoffen bezeichnet.
Bei extensiv begrünten Umkehrdächern ist zu beachten, dass ein dauerhafter vollflächiger Wasseranstau in der Dränageschicht und damit in der Dämmplattenebene nicht möglich ist, weil damit die Diffusionsoffenheit nicht gegeben ist. Unberührt davon ist der Wasserrückhalt in oberseitigen Mulden von diffusionsoffenen Drän- und Wasserspeicherelementen mit unterseitiger Dränfunktion erlaubt. Vorgesehene Produkte müssen vom Dämmstoffhersteller für den Umkehrdachaufbau, gegebenenfalls objektbezogen, freigegeben werden. Der Gründachaufbau in ein- oder mehrschichtiger Bauweise kann in der Regel unter den vorgenannten Bedingungen ohne Einschränkungen bei extensiv begrünten Umkehrdächern verwendet werden.
Über die allgemeine Bauartgenehmigung des DIBt sind folgende Dachkonstruktionen für begrünte Umkehrdächer geregelt:
- Einschalige (unbelüftete) Flachdächer.
- Auf schwerer Unterkonstruktion (Massivdecke, Flächengewicht > 250 kg/m²).
- Auf leichter Unterkonstruktion (Flächengewicht < 250 kg/m², Wärmedurchlasswiderstand R > 0,15 m² K/W). Aus bautechnischer Sicht müssen die Schichten über der Dämmebene ausreichend diffusionsoffen sein, damit Feuchtigkeit aus der Dämmebene ausdiffundieren kann.
Bei intensiv begrünten Umkehrdächern ist zu beachten, dass ein dauerhafter vollflächiger Wasseranstau in der Dränageschicht und damit in der Dämmplattenebene nicht möglich ist, weil damit die Diffusionsoffenheit nicht gegeben ist. Unberührt davon ist der Wasserrückhalt in oberseitigen Mulden von diffusionsoffenen Drän- und Wasserspeicherelementen mit unterseitiger Dränfunktion erlaubt. Vorgesehene Produkte müssen vom Dämmstoffhersteller für den Umkehrdachaufbau, gegebenenfalls objektbezogen, freigegeben werden.
Den ausführlichen Beitrag lesen Sie in DDH 04.