Bleideckung: Präzision war bei der Sanierung der Kirchenlaterne in Wesel gefragt. Das Team der Dachdecker- und Klempnerei Jarchau verfalzte dabei 2,5 Millimeter starkes Blei. Die Verarbeitung spürten die Dachdecker am Bizeps – ein handwerklich wie optisch überzeugendes Ergebnis.
Die Sanierung der Turmlaterne der evangelischen Kirche stellte alle Beteiligten vor besondere technische Herausforderungen. Zwischen November 2024 und Februar 2025 wurde die gesamte Laternenkonstruktion aufwendig mit Blei neu eingedeckt – in einer selten gewählten Stärke von 2,5 Millimetern und in kompletter Verfalzung. Diese Bleiqualität ist sehr robust und wird vor allem bei hohen mechanischen Belastungen verwendet, zum Beispiel in Traufbereichen, auf großen Flächen, bei Gesimsausbildungen oder zur Abdeckung von Mauerwerken.

Vollständige Erneuerung der Außenhaut
Schon im Zuge der Fassadensanierung 2017 wurde klar: Auch die filigrane Turmlaterne bedurfte einer umfassenden Sanierung. Die bestehende Bleideckung war durch Korrosion nicht mehr tragfähig. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, somit galt es für Dirk Jarchau, bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Auch die Anschlussausbildungen waren nicht mehr standsicher. Das neue Konzept sah eine vollständige Erneuerung der Außenhaut vor – auf Basis historischer Vorbilder, jedoch technisch auf modernstem Stand.

Die Durchführung begann im November 2024 – ein anspruchsvoller Zeitraum, insbesondere in Hinblick auf Temperatur, Witterung und Windlast in rund 40 Metern Höhe. Die Gerüststellung durch die Firma Teupe musste daher exakt geplant, statisch abgesichert und vollflächig eingehaust werden, um eine wetterunabhängige Ausführung zu ermöglichen. Vorab erstellte der Unternehmer – gemeinsam mit dem Hersteller Röhr und Stolberg – eine Bestandsliste, das Zuschneiden und Verfalzen geschah auf der Baustelle.
Bleiarbeit am Bizeps gespürt
Im Zentrum der Maßnahme stand die neue Einkleidung der Laterne in 2,5 Millimeter starkem, vorpatiniertem Blei. Diese außergewöhnliche Materialstärke stellt nicht nur erhöhte Anforderungen an Transport und Zuschnitt – sie erfordert auch eine spezifische Verarbeitungstechnik:
- Verbindungstechnik: Die Bleiplatten wurden konsequent mit Verfalzungen verarbeitet, zusätzlich mechanisch gesichert.
- Formgebung: Aufgrund der polygonalen Laternenstruktur mussten sämtliche Einzelbleche passgenau vorkonfektioniert und vor Ort manuell angepasst werden – keine Fläche war identisch.
- Längenausdehnung: Durch das hohe Flächengewicht und die thermische Dehnung des Bleis wurden die Bauteilgrößen bewusst klein gehalten; jede Bahn maß maximal 60 Zentimeter in der Breite und wurde mit Haften befestigt, die freie Bewegung erlauben.
- Abdichtung: Sämtliche Übergänge, zum Beispiel zu Holzbauteilen oder dem Kreuzfuß, wurden mit Bleischürzen überdeckt, weich verklopft und verfalzt.
„Vorher waren die Dachdetails vorwiegend gelötet, wir haben sie verfalzt. Dafür bin ich die ersten Wochen fast täglich zur Baustelle gefahren, um die Umsetzung vor Ort mit meinen Mitarbeitern zu besprechen. Nach wenigen Tagen haben die Mitarbeiter das auch am Bizeps gespürt, denn Blei in 2,5 Millimetern Stärke ist widerstandsfähig und schwer, dafür aber nicht so störrisch wie Zink zum Beispiel“, so Dirk Jarchau.
Falzrichtung: Wasserführung beachten
Mit Hämmern, Klötzen und Falzzangen bearbeiteten die Dachdecker die Deckung der Laterne. Generell dürfen Falze das Blei nicht fixieren, eine Ausdehnung muss immer möglich bleiben, und zwar so, dass Wasser nicht gegen die offene Falzseite läuft. Praktisch für die Logistik war, dass der Betrieb nur rund 2.500 Meter vom Projekt entfernt ist.


Die darunterliegende Tragstruktur wurde von der Zimmerei Icking komplett erneuert. Dabei galt es, eine stabile und verzugsfreie Schalung aufzubauen, die auch dem Gewicht der Bleiverkleidung dauerhaft standhält. Das Material wurde auf Risse oder Oxidation sorgfältig geprüft. Bei der Maßgebung und den Zuschnitten berücksichtigten die Dachdecker die Ausdehungsrichtung des Bleis und bereiteten die Kantprofile vor. Wichtig war zudem, dass es keine scharfen Knicke bei der Verarbeitung oder Kaltverformungen an den Ecken gab.
Die Restaurierung des Kreuzes übernahm die Firma Buschmann, während die Firma Kohl den Blitzschutz vollständig neu dimensionierte und über der Bleideckung verlegte – mit Durchdringungspunkten, die handwerklich exakt eingeschlossen wurden.
Diese exakte Abstimmung zwischen den Gewerken war zentral für die Qualität der Ausführung. Generalunternehmer Dirk Jarchau koordinierte sämtliche Schnittstellen – vom Aufmaß über die Arbeitsvorbereitung bis zur letzten Naht.
Die technischen Kerndaten auf einen Blick:
- Material: Blei, 2,5 Millimeter stark
- Deckungsart: Verfalzung, teilweise in flachen Bereichen, und Dichtungsband
- Befestigung: Haften, unsichtbar, aus nichtrostendem Edelstahl
- Untergrund: Neue Holzschalung aus resistentem Konstruktionsholz
- Maßnahmen gegen Dehnung: Begrenzte Bahnbreiten, Gleitfähigkeit durch Haften
- Blitzschutz: Neu verlegt, dachparallel geführt, eingekapselte Durchgänge
- Gerüstsystem: Freistehendes Spezialgerüst, statisch berechnet
Hochpräzise Bleisanierung mit Zukunftssicherheit
Die Entscheidung für eine 2,5 Millimeter starke Bleideckung ist selten – sie erhöht das Flächengewicht deutlich, sorgt jedoch für maximale Lebensdauer und Robustheit. Im Bereich exponierter Turmabschlüsse und Denkmalarchitektur ist sie technisch sinnvoll, wenn sie wie hier fachgerecht ausgeführt wird. „Es gibt sicherlich kaum Dachdecker, die 2,5 Millimeter starkes Blei verarbeiten. Die Umsetzung haben wir im Team sehr gut gelöst – darauf sind wir schon stolz“, so Dirk Jarchau.




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