Entwässerung: Der Klimawandel lässt extreme Wetterereignisse immer öfter auftreten. Auch aus diesem Grund war es geboten, das „Merkblatt zur Bemessung von Entwässerungen“ zu überarbeiten. Der ZVDH gibt dem Dachdecker damit eine Hilfestellung für den sicheren Umgang mit diesem komplexen Thema.
Grundleitung der Entwässerung wichtig
Entwässerungen werden bemessen. Dafür muss man wissen, wie viel Niederschlag wo zu erwarten ist und vor allem, wo er hingeführt werden soll. Es ist also vor der eigentlichen Bemessung auch eine gewissenhafte Planung notwendig. Und gerade die wird in Zeiten, in denen sich das Klima verändert und die Niederschläge an Intensität und Dauer stark variieren, immer wichtiger. Hinzu kommt, dass der Dachdecker an der Entwässerung nicht immer allein beteiligt ist. Die Entwässerung tangiert viele Gewerke und ist immer nur so gut wie das schwächste Glied im Entwässerungssystem. Denn auch ein gut bemessener Ablauf kann nicht vernünftig „arbeiten“, wenn die Grundleitung nicht ausreichend dimensioniert ist.
Planung ist alles
Für das neue Merkblatt zur Bemessung von Entwässerungen wurde daher ein besonderer Fokus auf die Planung gelegt. Aber auch, weil der Dachdecker immer häufiger, ob bewusst oder unbewusst, als Planer fungiert. Im Bereich der Dachsanierung wird beispielsweise nicht immer ein Planer vom Bauherren beauftragt. Stattdessen ist oft der Dachdecker der Planer und haftet damit auch für die Entwässerung. Da der Dachdeckerbetrieb in der Regel keine Planungsversicherung hat, musste aus Sicht des Fachausschusses Entwässerung hier die Position des Dachdeckers gestärkt werden. Das Merkblatt soll dabei die notwendigen Informationen für das Tagesgeschäft des Dachdeckers bereithalten und auch für den Fall, dass er nicht als Planer fungiert, die wichtigen Hinweise für die Abstimmung mit dem Planer liefern.
Des Weiteren wachsen die Anforderungen an die Entwässerungsanlagen gerade in Ballungsgebieten stetig. Die Entwässerungssituationen werden immer undurchsichtiger, und in den letzten Jahren entstand dadurch der Eindruck, dass immer „unpraktischer“ gebaut wird; so zumindest die Sicht der Dachdecker auf die Entwässerungssituation, denn für die Nutzer mit dem zunehmenden Bedürfnis nach Barrierefreiheit, Optik und effizientem Wohnraum ist das alles natürlich durchaus „praktisch“. Hinzu kommen Situationen, auf die der Dachdecker keinen Einfluss hat. Dabei zählen neben den bereits erwähnten schwankenden Niederschlagsereignissen auch die Kapazität der Kanalisationen und die Vorgaben der Gemeinden.
Ohne Entwässerungskonzept geht nichts
Bisher war das Entwässerungskonzept eine Empfehlung, die aus dem Merkblatt zur Bemessung von Entwässerungen aus dem Jahr 2011 hervorgeht. Mit dem neuen Merkblatt, welches seit April 2023 gültig ist, wird aus dieser Empfehlung eine Pflicht. Der Grund dafür ist zum einen die DIN 1986-100. Hier wird ein solches Konzept im übertragenen Sinn gefordert. Zum anderen ist es aber mittlerweile auch ohne die DIN durchaus sinnvoll, die Entwässerung in einem Konzept festzuhalten. Die oben beschriebenen Gründe sprechen für sich.
Damit der Dachdecker ein solches Entwässerungskonzept auch erstellen kann, wurde das Kapitel 1.3, also die allgemeinen Hinweise, deutlich erweitert. Dort enthalten sind viele Anhaltspunkte, die beachtet werden müssen, damit das Konzept auch vollständig ist. Zusätzlich wurden die Berechnungsbeispiele aus dem Anhang 1 komplett überarbeitet und wie ein Entwässerungskonzept aufgebaut. Dabei ist das nur eine mögliche Variante, wie so ein Entwässerungskonzept aussehen kann, und soll vielmehr als Hilfestellung dienen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Neu: Kaskadenentwässerung
In Kombination mit den allgemeinen Hinweisen in Kapitel 1.3 ziehen die Kapitel 1.1 „Geltungsbereich“ und das Kapitel 1.2 „Begriffe“ klare Grenzen für den Arbeitsbereich des Dachdeckers, unter anderem auch mit einer neuen Abbildung zur Gewerkegrenze. Damit soll der Arbeitsbereich des Dachdeckers klarer definiert werden. Dadurch kann dieser zum einen leichter kommuniziert werden, zum anderen wird aber auch deutlich, wann der Dachdecker seinen Arbeitsbereich verlässt und auf andere Gewerke oder Planer angewiesen ist. Hinzu kommt, dass der Kunde die vorhandene Entwässerungsanlage überprüfen muss. Somit erhält der Dachdecker die Unterlagen, die er zur Bemessung auch benötigt.
Ein wichtiger Punkt, der auch mit Spannung erwartet wurde, ist die Kaskadenentwässerung. Diese wurde in den Begriffen aufgenommen und für das Merkblatt definiert. Bei den allgemeinen Hinweisen dazu hat sich der Fachausschuss Entwässerung entschieden, ein wenig Abstand von der Norm 1986-100 zu nehmen, die diese Bauart als Ausnahme beschreibt. Der Hintergrund ist klar, denn diese Bauweise kann mit großen Schäden verbunden sein. Deswegen hat der Fachausschuss hier eine Lösung erarbeitet, die die Kaskadenentwässerung in manchen Fällen zulässt, aber auch deutlich aufzeigt, wann eine Kaskadenentwässerung nicht die geeignete Wahl ist.
Wasserfangkästen mit rückwärtiger Rohrdurchführung.
Ein weiteres wichtiges Entwässerungsdetail wurde ebenfalls in das Merkblatt aufgenommen: die Wasserfangkästen mit rückwärtiger Rohrdurchführung. Diese Art Wasserfangkästen sind ein Beispiel neuer Kundenansprüche. Eine „gute“ Optik ist eher eine subjektive Beurteilung, aber die Entwässerungssituation dieser Bauweise ist komplex und kann bei falscher Ausführung zu erheblichen Schäden führen. Auch hierfür hat der Fachausschuss die Randbedingungen für eine funktionierende Entwässerung aufgestellt.
Neben diesen größeren Änderungen gibt es noch weitere. Darunter ein neues Kapitel „Lüftung der Entwässerungsanlage (Belüftung der Abwasserfallleitung)“, in dem der Umgang mit diesen Lüftungsleitungen geschildert wird, zum Beispiel wie nah diese Leitungen an Aufenthaltsräumen installiert werden dürfen oder wie die Lüfterelemente beschaffen sein müssen. Weiter wird eine Öffnung der Norm 1986-100 übernommen, sodass Fallleitungen von Balkonen und Loggien unter bestimmten Voraussetzungen wieder an Fallleitungen der Dachentwässerung angeschlossen werden dürfen.
Diese und noch weitere Änderungen sind im aktuellen Regelwerk nachzulesen.
Den kompletten Beitrag lesen Sie in DDH 12.2023.

