Flachdach: Hoch über der Stadt Heidelberg steht das neue Forschungszentrum für Elektronen- und Lichtmikroskopie. Der Haupttrakt erhielt eine extensive Begrünung, das als Umkehrdach ausgeführte bergseitige Dach neben einer Pflasterung in Teilbereichen eine intensive Begrünung, um hier einen Aufenthaltsbereich zu schaffen. Umgesetzt wurden die anspruchsvollen Dacharbeiten von der Marquardt GmbH aus Waghäusel.
An der Südwestflanke des Königstuhls liegt das Gelände des European Molecular Biology Laboratory, kurz EMBL. Hier ist nicht nur das Hauptlaboratorium, sondern auch das Headquarter des von mehr als 20 Mitgliedsstaaten getragenen, internationalen Grundlagenforschungsinstitutes beheimatet. 2021 wurde nach zweijähriger Bauzeit mit dem Forschungszentrum für Elektronen- und Lichtmikroskopie EMBL Imaging Centre eine weitere, in dieser Art weltweit führende Einrichtung eröffnet. Der Neubau stellt die Verbindung zwischen Wissenschaft und Natur her. Das spiegelt sich sowohl in der Architektur als auch in der Wahl der eingesetzten Materialien wider.
Klare Hülle für komplexe Strukturen
Den Schwerpunkt der gestalterischen Konzeption für den Neubau aus dem Heidelberger Büro gerstner + hofmeister architekten PartG mbB bildet die annähernd transparente Außenhülle des Baukörpers. Sie ermöglicht Sichtbezüge und fließende Übergänge zwischen innen und außen. Zentrales Element des in den Hang hineingeschobenen Kubus bildet die rund 6,5 Meter hohe, 28 Meter lange und 7 Meter breite Cryos-Halle, die Raum für bis zu vier hochsensible Elektronen-Mikroskope bietet. Sie ruht als zentraler Monolith im luftig-offenen Atrium. Weitere gestalterische Elemente der sich eher zurückhaltenden Architektur sind Scheibe als Draufsicht und Linie als Seitenansicht der Scheibe, beide in Anlehnung an Objektträger in der Mikroskopie. So verstehen die Architekten den Baukörper als passend geformte Hülle für die innenliegenden komplexen Strukturen und Funktionen. Im hellen Atrium genauso wie in den Büroräumen mit großflächigen Verglasungen ist Licht als gestalterisches Thema im neuen Forschungszentrum für Licht- und Elektronenmikroskopie omnipräsent. Es findet sich ebenfalls in den Reflexionen und Lichtlinien an den Glaskanten der drehbaren Glaslamellen oder über Inszenierungen an Raumkanten und Bekleidungen sowie linienförmig angeordneten Leuchten wieder.
Konstruktive Herausforderungen
Nicht nur die mehr als einen Meter dicke Bodenplatte aus Beton zur Vermeidung von Schwingungen unterhalb der Cryos-Halle und 12 weiteren Mikroskop-Räumen stellt eine konstruktive Besonderheit des Neubaus dar. Denn der in den Hang hineingeschobene Baukörper dient auf der Bergseite als Erschließung für ein ebenfalls neu errichtetes Nachbargebäude. Sowohl zur Entsiegelung als auch aufgrund der vorgegebenen Nutzung wurden die Flachdachflächen begrünt. Während auf dem Haupttrakt eine extensive Begrünung angelegt wurde, erhielt das als Umkehrdach ausgeführte bergseitige Dach neben einer Pflasterung in Teilbereichen eine intensive Begrünung, um hier einen Außenbereich mit hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen. Auch in einem kleinen Atrium, das Tageslicht in die mittlere Etage bringt, wurden Pflaster und Begrünung eingesetzt.
Abdichtung, Begrünung, Erschließung
Umgesetzt wurden die anspruchsvollen Dacharbeiten von der Marquardt GmbH Dächer & Fassaden aus Waghäusel. Als Abdichtung kam eine homogen verschweißbare EPDM-Dachbahn zum Einsatz. Unter anderem war die Salzbeständigkeit der Bahn ein Grund für die Materialauswahl. Denn um die Erschließungswege im Winter eisfrei zu halten, könnten auch Auftausalze eingesetzt werden. In diesem Fall sollte die Abdichtung trotz erhöhtem Salzgehalt des Abwassers dauerhaft funktionsfähig bleiben. Darüber hinaus überzeugt dieses Dachbahnensystem seit knapp 40 Jahren in nahezu allen Klimazonen der Welt durch wirtschaftliche Verarbeitbarkeit, Thermoelastizität, Bitumenverträglichkeit, Dämmstoffneutralität und Weichmacherfreiheit. Eigenschaften wie eine hohe Chemikalienbeständigkeit, die FLL-geprüfte Durchwurzelungs- und Rhizomfestigkeit sowie eine hohe Kälteflexibilität bis ‑40 Grad Celsius machen das System quasi zu einem Allrounder für nahezu alle Abdichtungsaufgaben.
Homogen verschweißbar
Die Bahnen können nicht nur im vorkonfektionierten Nahtbereich, sondern an jeder gewünschten Stelle durch Erwärmung mittels Heißluft materialhomogen und fremdstofffrei miteinander verschweißt werden. Diese produktspezifische Eigenschaft ermöglicht qualitativ hochwertige und „lupendichte“ Nahtverbindungen. Hinzu kommt das vorbildliche ökologische Profil des gesamten Systems. So ist die Dach- und Dichtungsbahn chlorfrei und auch frei von jeglichen chlorierten organischen Verbindungen, Bitumen oder Weichmachern. Sowohl Nachhaltigkeit als auch das ökologische Profil dokumentiert die vom Institut Bauen und Umwelt (IBU) e.V. erstellte Umwelt-Produkt-Deklaration (EPD). Darüber hinaus sind alle Bahnen mit dem CE-Zeichen als EPDM Dach- und Dichtungsbahn gemäß EN 13956 und EN 13967 gekennzeichnet.
Nachhaltige Qualität im System
Neben der vlieskaschierten Dachbahn sorgen die zwei Varianten VG und VGSK für nachhaltigen Brandschutz. Beide Bahnen sind mit einer integrierten Brandschutzlage ausgestattet und können ohne offene Flamme direkt auf unkaschierte EPS-Hartschaumplatten verlegt werden. VGSK verfügt zusätzlich über einen synthetischen Klebecompound als Selbstklebeschicht und lässt sich dadurch einfach und sicher verlegen. Darüber hinaus bietet der Hersteller ein komplettes Zubehör-System für nahezu alle Abdichtungsherausforderungen im Neubau oder bei der Sanierung. Dazu gehören Formteile und Zubehörartikel wie zum Beispiel Innen- und Außenecken, einteilige Manschetten für Rohrdurchführungen, Verbundbleche für spezielle Detailausführungen und Solar-Schienen für die ballastfreie Montage von PV-Anlagen.
Extensive Begrünung als Auflast
Auf dem rund 2.000 m² großen Dach über dem Haupttrakt wurde die Abdichtung lose verlegt, da mit dem nachfolgenden Schichtenaufbau aus Trennvlies, Drainageplatten und -vlies, Substrat und Begrünung genügend Auflast zur Lagesicherung der Bahnen vorhanden ist. An den zwei zusätzlichen Aufbauten in der Fläche führten die Dachdecker die Bahnen entsprechend hoch. Während auf dem einen Aufbau ebenfalls eine Dachbegrünung angelegt wurde, nimmt der zweite die vier Lichtbänder auf, die für eine optimale Belichtung des fast 9 m hohen Atriums sorgen. Sowohl zwischen den einzelnen Lichtbändern als auch an deren Anschlüssen zum Aufbau stellte das Marquardt-Team die notwendigen, komplexen Details mit der homogen verschweißbaren Premium-EPDM-Bahn von Alwitra her.
Objektbezogene Dachrandprofile aus Alu
Für den umlaufenden Dachrand kam ein speziell für dieses Objekt ebenfalls vom Hersteller gefertigtes, aus drei Elementen bestehendes Aluminium-Profil zum Einsatz. Der untere Teil überdeckt den Anschluss an die Fassade mit den markanten Glaslamellen. Der mittlere Teil dient als fassadenseitige Blende der Attikaaußenseite, während der obere Teil die Attikakrone überdeckt. Dank passender Halter und mitgelieferten, stapelbaren Niveauplatten ließen sich die Dachrandprofile auf der Attikakrone mit dem geforderten Quergefälle von 2 Grad fixieren. Unter den Profilstößen verhindern Stoßverbinder mit Doppellippendichtungen das Hinterlaufen der Abdeckung. Zudem wurden die Halter in der passenden Farbe pulverbeschichtet. So vermitteln die notwendigen Fugen ein optisch ansprechendes Gesamtbild der Dachrandabdeckung. Die Abdeckungen selbst klickten die Dachdecker einfach in die Halter ein. Auch die Außenecken wurden passend geschweißt und einbaufertig geliefert.
Umkehrdach als Basis
Auf dem bergseitigen Flachdach sicherten die Dachdecker das Bauwerk zunächst mit einer auf die Betondecke verlegten bituminösen Dampfsperre, die auch als Notabdichtung diente. Jeweils vor der abschnittsweisen Verlegung der Abdichtung trugen die erfahrenen Dachdecker der Marquardt GmbH systemzugehörigen Haftgrund auf, um eine optimale Haftverbindung zur ermöglichen. Anschließend konnten die einzelnen Bahnen ausgerollt, die Trennfolien entfernt und dank integrierter Selbstklebeschicht mit dem Untergrund verklebt werden. Die materialhomogene Fügung der Bahnen untereinander erfolgte mit einem Schweißautomaten mittels Heißluft. An den die Dachfläche begrenzenden aufgehenden Bauteilen wurde die hochwertige Abdichtung hochgeführt und fixiert. Mit der Verlegung einer druckfesten Dämmung, einem Filtervlies sowie den weiteren Aufbauten für die Pflasterung bzw. die ex- und intensive Begrünung fanden die Arbeiten auf diesem Flachdach ihren Abschluss.
Ungewohnte Abdichtungsaufgabe
Eine abdichtungstechnische Besonderheit stellt die breite Außentreppe dar, die parallel zu der Treppe im Gebäude verläuft. Ihre Unterkonstruktion ist Teil des Bauwerkes – sie bildet einen Teil der Decke der Technikzentrale – und musste ebenfalls abgedichtet werden. Auch in diesem Bereich kam die EPDM-Dachbahn zum Einsatz.
Neuste Technologien
Zwei Jahre nach der Grundsteinlegung konnte das neue Imaging Centre im Sommer 2021 zunächst dem EMBL zur Inbetriebnahme übergeben werden. Es folgten Besuche von wissenschaftlichen Nutzern, Trainingsangebote sowie wissenschaftliche Symposien. Seit der offiziellen Eröffnung bietet das Imaging Centre weltweit Forschenden Zugang zu neuesten Mikroskopie-Technologien. Dafür stehen dank der Kooperation mit führenden Technologieentwicklern aus Wissenschaft und Industrie vollkommen neue, teilweise noch nicht kommerziell erhältliche Technologien zur Verfügung.











