Ein Dachdecker in roter Jacke arbeitet auf einem Dach mit neuen Ziegeln unter blauem Himmel.
Durch die Verwendung von beidseitig geschnittenen Biberschwanzziegeln erhält die Eindeckung eine gleichmäßige Optik ohne Ecken und Kanten. (Quelle: Erlus)

Steildach 2025-01-03T09:49:08.722Z Kegel im regelmäßigen Verband

Steildach: Kegeldächer gehören neben Fledermausgauben und eingebundenen Kehlen zu den „Meisterstücken“ der Biberschwanzdeckung. Im Bayerischen Wald erhielt die Kirche in Denkhof ein neues steiles Satteldach und einen halbrunden Kegel im regelmäßigen Verband mit Biberschwanzziegeln der Stärke 18 mm in der Farbe Buntbrand. 

Das häufig stürmische und regen- sowie schneereiche Wetter im Bayerischen Wald, die Zeit und bisher unentdeckte Schäden aus dem letzten Weltkrieg waren die Gründe, warum die Kirche in Denkhof zuerst außen saniert werden musste. Das steile Satteldach mit angrenzendem Halbkegeldach über dem Seitenschiff war nicht mehr funktionsfähig. Die Statik des Dachstuhls zeigte gefährliche Schwachstellen, und alte Kriegsschäden hatten zu Schwammbefall geführt. Die Dachsanierung mit Kirchenbiber und passenden B1 Sturmklammern garantiert nun ein dauerhaftes Kirchendach.

Mauersegler und Fledermäuse als Untermieter

Aufgrund von Mauersegler- und Fledermauskolonien waren außer dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und dem Landratsamt Passau auch die Naturschutzbehörde mit der Beratung für Gebäudebrüter involviert. Die Gesamtplanungen leitete das Planungsbüro Grassl aus Hutthurm.
„Bei dieser Kirche ist besonders viel Wert auf ein optisch gutes, dem Denkmalschutz entsprechendes historischen Erscheinungsbild gelegt worden“, berichtet Projektverantwortlicher Thomas Grassl. Der Bautechniker Grassl aus Hutthurm ist sich durch seine langjährige Berufserfahrung bei der Bauabteilung des Bischöflichen Ordinariats in Passau sicher: Das konnte vor allem durch die Verwendung von Dachziegeln in Buntbrand-Optik, die wie die Ursprungsziegel 1912 in Niederbayern hergestellt werden, möglich gemacht werden.

Buntbrand für Lebendigkeit am Dach

Die Decke der Pfarrkirche wies einige Wasserschäden auf. Ursache hierfür war ein mangelhaftes Dach. Das Dach war ohne regensichernde Zusatzmaßnahme, sprich einer Schalung mit Vordeckung, ausgeführt worden und bot bei Sturm keine ausreichende Gebrauchstauglichkeit, da die Windsogbefestigung unzureichend und nachträglich nicht fachgerecht eingebaut worden war. Da der Rückbau der bereits über 50 Jahre alten Biberschwanzdeckung und eine Wiederverwendung der alten Dachziegel mit den notwendigen, mittlerweile vorgeschriebenen Sturmklammern kostenmäßig teurer als eine Neudeckung gewesen wäre, hatte sich die Kirchenverwaltung für eine Neueindeckung entschieden. Somit wurde aus der ursprünglich vorgesehenen Innenrenovierung eine komplette Außensanierung.

Wetter- und Kriegsschäden beseitigt

Im Zuge der Baumaßnahme traten gleichermaßen Kriegsschäden offen zutage. Der Dachstuhl musste instandgesetzt werden. Bei einer Überprüfung der Statik des Dachstuhls stellte sich heraus, dass sämtliche Bindergespärre eine Ertüchtigung notwendig hatten.

Für die Dachstuhlkonstruktion konnten nicht mehr ausreichend tragfähige, geschädigte Konstruktionshölzer zimmermannsmäßig gemäß vorhandenem Verbund in adäquater Verbindungstechnik ausgetauscht werden. Damit beseitigten die Handwerker auch die 1945 verursachten Schäden am Stuhl. An der Nordtraufe war ein Hausschwammbefall zu entfernen. Dieser war durch den im Bayerischen Wald häufig auftretenden Eisrückstau im Bereich des Aufschieblings verursacht.

Dachdeckerkunst am Halbkegeldach

Die Dachdeckungen des Kirchenschiffs und der halbkegelförmigen Apsis wurden komplett abgenommen. Danach erhielt die gesamte Kirche eine Vordeckung auf Schalung, welche während der Bauphase als Behelfsdeckung fungierte. Mit der Asbestzement-Doppeldeckung konnte der Anfang gemacht werden. Dann folgten die braun engobierten circa 50 Jahre alten Biberschwanzziegel an Haupt- und Nebendächern, wobei der Rückbau und die Entsorgung der natürlichen alten Tondachziegel im Vergleich zum Asbestzement ein „Klacks“ war. Die Dachschalung in der Apsis konnte belassen werden. Das gesamte Hauptschiff erhielt eine neue Dachschalung mit solider hochwertiger Vordeckung. Anschließend wurde die Dachfläche fachgerecht neu eingedeckt mit Ergoldsbacher Biberschwanzziegeln in naturrotem Buntbrand Format 18/38/1,8. 18 mm Kirchenbiber weisen nicht nur ein Flächengewicht von 0,89 kN/qm auf und sind somit besonders sturmsicher aufgrund des Gewichts, sondern sie erreichen auch eine Hagelresistenz gemäß dem www.hagelregister.com von HW 5. Das bedeutet, dass fünf Zentimeter große, rund 57 Gramm schwere Hagelkörner die mit 110 km/h auf den Dachziegel treffen, keinerlei Schäden verursachen.

Biberdoppeldeckung im regelmäßigen Verband

Der Planer wählte auch für die Apsis eine keramische Biberdoppeldeckung im beidseitig geschnittenen regelmäßigen Verband. Eine 6x6er-Konterlattung und eine Traglatte aus 14-mm-Edelstahlrohr waren hier die erste Wahl. Das mit selbstschneidenden Schrauben befestigte Edelstahlrohr wurde zuvor in der Rundmaschine vorgerundet und konnte so an die immer enger werdenden Radien des Kegels optimal angepasst werden. Beim gleichmäßigen Verband werden die beiden Seiten der Biber geschnitten, um beim Rundschnittbiber eine möglichst gleichmäßige schuppige Optik ohne „Ecken“ zu erreichen.

Verkehrssicherheit auch bei Extremwetter

Gemäß § 14 Bayerische Bauordnung – Verkehrssicherheit (1) müssen „bauliche Anlagen und die dem Verkehr dienenden nicht überbauten Flächen bebauter Grundstücke verkehrssicher sein“. Deshalb mussten zumindest im Bereich der Zu- und Eingänge Schneeschutzeinrichtungen montiert werden. Eine vollständig umlaufende Schneeschutzeinrichtung wäre mit dem bestehenden historischen Dachstuhl unter der Schneelastzone 3a nicht möglich gewesen. Diese wurden in der Form als Schneefanggitter und genauso die Wandanschlüsse, die Dachrinnen und Regensammler in massivem Kupfer ausgeführt.

Bei der Renovierung des Baukörpers der Sankt-Laurentius-Kirche in Denkhof war nicht nur das Denkmalschutzamt, sondern auch die Naturschutzbehörde baubegleitend tätig. Schließlich war eine Fledermauskolonie vorhanden, für die mit Fledermauseinflugziegeln Öffnungen hin zum Dachraum geschaffen wurden. Auch konnten zusätzliche Nistplätze für Mauersegler an der Traufe im Gesims geschaffen werden. Rund zwanzig Mauersegler waren dort bei Bauabschluss wieder ansässig.

1.000 Jahre alte Kirche mit lachendem Turmgesicht

Denkhof liegt im Abteiland an der Landkreisgrenze zum Landkreis Freyung-Grafenau, etwa vier Kilometer nordöstlich von Büchlberg auf einer Erhebung östlich der Bundesstraße 12. Die 1912 erbaute Pfarrkirche Sankt Laurentius fällt hier deutlich ins Auge.

Die Kirche in Denkhof gibt es schon seit fast 1.000 Jahren. Das Gotteshaus war stets ein beliebter Pilgerort der „Waldler“. Doch das Kirchlein wurde zu klein, und so entstand mit Zutun der Bevölkerung ein großes Gotteshaus, das 1914 konsekriert und dem Heiligen Laurentius geweiht wurde. Nach mehreren Veränderungen und Instandsetzungsmaßnahmen, zuletzt 1986, war nun eine grundlegende Außenrenovierung notwendig. Besonders wichtig bei der neuen Dacheindeckung war auch die Sicherung gegen Windsog durch die Sturmklammern.

Anleitung: Verbanddeckung

Die Eindeckung von Kegeln kann in regelmäßiger Verbanddeckung ausgeführt werden. Bei der Verbanddeckung muss jeder Ziegel konisch zugeschnitten werden. Zunächst wird die Traufschicht mit vollbreiten Ziegeln eingedeckt, anschließend erfolgt die horizontale Schnürung zur Turmspitze. Dazu wird ein Nagel in die Turmspitze (Kaiserstiel) geschlagen, mit Draht wird die Kegelfläche segmentförmig eingeteilt. Zeichnerisch lässt sich dies nach Austragung von wahrer Sparrenlänge und Radius genau ermitteln. Auf diese Weise können Ziegel bereits vor Beginn der Arbeiten zugeschnitten werden. Weiterhin können Kegeldeckungen mit konischen Formbibern fast ohne handwerkliche Zuschnitte ausgeführt werden. Dazu müssen der Radius und die Dachneigung bekannt und angegeben sein. Durch den konischen Zuschnitt der Biber in Richtung Kegelspitze werden die Ziegelbreiten immer schmaler. Bei circa halber Kopfbreite wird dann mit einem ganzen Biber übersetzt. Je nach Dachneigung und Sparrenlänge muss mehrmals übersetzt werden. Eine zweite Variante der Verbanddeckung mit Rundschnittbibern erzielt man, indem die Biber nur an der Innenseite bearbeitet werden und jeweils in der Mitte am Segment zusammenlaufen. So entsteht optisch der Eindruck, als ob ganze Rundschnittbiber bis zur Spitze gedeckt worden wären.

Im Zuge der Außenrenovierung wurde auch das Turmkreuz neu vergoldet. Turmkugel und Turmkreuz wurden nach der Segnung mit einem mächtigen Kran auf den über 40 Meter hohen Kirchturm gehoben. In der Kugel befindet sich eine Urkunde mit der Auflistung der beteiligten Firmen, einige Zeitdokumente wie Zeitungen und Euromünzen sowie die Originalurkunde von 1914. Übrigens wurden bei der Renovierung die ursprünglich roten Ziffernblätter der Turmuhr in Blau gestrichen, um den „Augeneffekt“ beim Betrachten der Kirche von der B12 aus zu verstärken: Von der Straße aus erscheint die Kirche mit dem Kirchturm wie ein lachendes Gesicht und wird daher oft als die lachende Kirche bezeichnet.

Luftaufnahme eines Kirchendachs mit umliegender Landschaft im Hintergrund.
Beschädigt und optisch auch nicht gerade ein Hingucker war die alte Asbesteindeckung der Apsis. (Quelle: Erlus)
Eine malerische Kirche in einer ländlichen Umgebung bei Sonnenuntergang, umgeben von Bäumen und Häusern.
Die Kirche wurde mit Berücksichtigung von Denkmal- und Naturschutz aufwendig saniert. (Quelle: Erlus/Planungsbüro Grassl)
Eine Dachkonstruktion mit Kupferblech und Metallrohren in einem Bauprojekt.
Kupfer-Rinne und -Einlaufbleche wurden segmentweise angepasst. (Quelle: Erlus)
Eine Kirche mit einer neuen Dachkonstruktion in einem ländlichen Gebiet.
Kegelflächen können in regelmäßigem Verband mit nach oben verjüngenden Bibern gedeckt werden. (Quelle: Erlus)
Eine detaillierte Ansicht einer Kupferdachkonstruktion mit Holzlatten und Kupferrohren auf einer Baustelle.
Gerundete Edelstahlrohre tragen die Biberschwanzziegel. (Quelle: Erlus)
Ein Handwerker installiert einen Dachziegel auf einem Holzgerüst.
Die Biber wurden laut Windsogberechnung verklammert. (Quelle: Erlus)
Ein orangefarbener Dachziegel mit einer integrierten Lüftungsöffnung, die auf einem Dach installiert ist.
Die Fledermäuse erhielten neue Haustüren. (Quelle: Erlus)
zuletzt editiert am 06. Januar 2025