Ratingen: Keine Fachtechnik, kein bekannter Keynote-Speaker — der gemeinsame Landesverbandstag der nordrheinischen Dachdecker und Zimmerer hatte nur ein Thema: Nachwuchssorgen und die Gegenmaßnahmen der Betriebe. Die Podiumsdiskussion zeigte: Es gibt viele Wege, aber ohne Veränderung wird es nicht gehen.

„Es ist eine Ehre und eine Pflicht Nordrheiner zu sein. Wir sind der mitgliederstärkste Verband. Klimawandel, Energiewende – das alles erreichen wir nur durch Veränderungsbereitschaft. Ich freue mich daher besonders, dass so viel junge Dachdecker gekommen sind“, betonte Martin Weihsweiler, Vorstandsvorsitzender der Dachdecker Nordrhein.
Lob für die mutige Auswahl des Themas gab es von ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk. „Wir als Dachdecker sind die Klimaschützer – das ist sinnstiftend bei den jungen Menschen. So können wir hoffentlich beim Nachwuchs punkten“. Bollwerk betonte, wie wichtig die Themen Solar und Gründach künftig für Dachdecker sein werden.

Bauwirtschaft: Es braut sich was zusammen
Angereichert durch viele statistische Zahlen gab Dipl.- Ök. Felix Fink, Bereichsleiter Wirtschaft und Unternehmensführung im ZVDH, einen Überblick über die wirtschaftliche Situation im Zimmerer- und Dachdeckerhandwerk. Bezogen auf die Bauwirtschaft zitierte Fink Karl Valentin: „Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist“. Die Auftragsbestände sind im freien Fall, rund 30.000 Arbeitsplätze stünden in Deutschland bei der Bauwirtschaft auf dem Spiel. Dennoch hatte Fink auch gute Nachrichten für die Teilnehmer dabei: „Die Forschungsinstitute gehen mittel bis langfristig nicht von einer Baukrise aus, die Rettung für unsere Gewerke bleibt der Bestand, da sind die Dachdecker stark".
Außerdem rücken künftig die Klimagewerke Elektro, SHK, Dachdecker und Zimmerer stärker in den Vordergrund“, machte Fink etwas Hoffnung.

Neue Modelle für die Jugend und die Rentner
Trotz der neuen Positionierung als Klima-Handwerker ist klar, dass die meisten Betriebe neue Wege finden müssen, junge Menschen für das Dachdecker- und Zimmererhandwerk zu begeistern. Konkret sind es meist die "inneren Werte" eines Unternehmens, auf die die Generation Z Wert legt: Eine offene Unternehmenskultur, flexible Arbeitszeiten, Autonomie, Nachhaltigkeit — die Work-Life-Balance.
Neue Arbeitszeitmodelle präsentierte der ehemalige Fachlehrer des BBZ Mayen, Peter Welter. „Wir müssen dem Wertewandel gerecht werden. Freizeit ist den jungen Menschen wichtig, darauf werden wir uns einstellen, ob es uns passt oder nicht“. Konkrete Maßnahmen können sein: Angebote zusätzlicher freier Tage, die Nutzung von Teilzeitbeschäftigungen oder die 4-Tage Woche. Untersuchungen in England haben ergeben, dass die Umsetzung der 4 Tage Woche bereits mit folgenden Vorteilen umsetzt wird:
- Verbesserung der Mitarbeiterbindung
- Gewinnung neuer Mitarbeiter
- Weniger Krankentage
- Senkung der Kosten
- Steigerung der Produktivität
Anschließend stellte Welter einige Modelle für eine Umverteilung der Arbeitszeit vor. „Überzeugt eure Mitarbeiter, dass sie montags frei nehmen, statt Freitag". Abschließend war Welter für die neuen Modelle: „Wir können uns den Lohnausgleich leisten. Auch Teilzeitverträge für die Generation Z oder die älteren Dachdecker sind denkbar, um kurzfristig auf den Nachwuchsmangel zu reagieren“, so Welter.
Volle Bühne für reichlich Erfahrung
In der Kaffeepause informierten sich die Teilnehmer bei den Ausstellerständen über neue Produkte. Danach wurde es voll auf der Bühne und die Moderatoren Thomas und Maximilian Schmitz baten folgende Diskussionsteilnehmer nach oben: Christoph Behm, Lukas Hemmersbach, Sascha Nitsche, Tobias Setz, Dirk Schiffer, Johannes Schmitz und Martin Weihsweiler. Sie berichteten über ihre Erfahrungen in Sachen Nachwuchsgewinnung und Arbeitszeitmodellen. „Gemeinsames Frühstück, ein Fitnessbereich oder flexible, freie Tage – es braucht viele Maßnahmen, damit sich die Mitarbeiter wohlfühlen. Das war uns bei unserer Gründung vor rund 2,5 Jahren wichtig“, fasste Lukas Hemmersbach zusammen. Mittlerweile hat der Dachdeckerbetrieb aus Köln über 30 Mitarbeiter.
Den kompletten Beitrag lesen Sie in DDH 12.2023.