Photovoltaik: Die Installation einer Photovoltaik-Anlage nach Flachdach-Sanierungen erfolgt üblicherweise mit ballastierten Montagesystemen. Welche Möglichkeiten aber hat der Dachdecker, wenn die Statik des Gebäudes diese Möglichkeit ausschließt? Dachdecker Franz Jacobi aus Königswinter löste das Problem mit einem neuen, patentierten und mittlerweile vom DIBt zugelassenen Systemhalter.
Bei Neubauten und auch im Bestand lassen sich Dachflächen zur Erzeugung von Strom aus Sonnenenergie nutzen. In beiden Fällen sind neben einer objektbezogenen Vorplanung auch die fachtechnisch einwandfreie Ausführung der Garant für einen dauerhaften Einsatz. Die Installation einer PV-Anlage im Rahmen der Sanierung mehrerer Pultdachflächen auf einem Bürogebäude in Bonn ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch solche Maßnahmen in die Hände von Dachdeckern gehören.
Mehr Nutzen nach Sanierung
Fast 50 Jahre ist der Bonner Reiseveranstalter Phoenix Reisen GmbH schon in der Tourismusbranche tätig. Reisen, selbst in entfernte Winkel der Welt, gehören für die Veranstalter von Hochsee- und Flusskreuzfahrten einfach zum Leben dazu. Genauso wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Regelmäßige Investitionen in modernste Anlagen- und Motorentechnik, Verzicht auf Schweröl, energiesparende Technik und ausgleichende CO2-Zertifikate sind nur einige Beispiele für das Umweltengagement des Reiseveranstalters. Auch in der Zentrale des Familienunternehmens, einem viergeschossigen Gebäude in unmittelbarer Nähe zum Rhein, spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Neben einer eigenen Trinkwasseranlage erzeugt ein Dachs Blockheizkraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme und sorgt für eine effiziente Energiebereitstellung. Deshalb lag es nahe, im Rahmen einer anstehenden Sanierung der Dachflächen des Bürogebäudes, zusätzlich eine PV-Anlage zu installieren. Undichtigkeiten an der Stehfalzdeckung der drei Pultdachflächen machten einen Austausch der Dachabdichtung notwendig, um größere Schäden am Gebäude zu vermeiden. Planerisch begleitet wurde die im Jahr 2022 ausgeführte Maßnahme von Architekt Hartwig D’hein aus Alfter.
Passendes Flachdachsystem
Im Zuge der Sanierungsplanung fiel zunächst die Entscheidung, die Dachflächen nicht erneut mit Zinkscharen zu bekleiden. Alternativ sollte eine Kunststoff-Dach- und Dichtungsbahn zum Einsatz kommen. Mit Blick auf eine unkomplizierte Montage der geplanten PV-Anlage fiel die Wahl auf eine EVA-Dach- und Dichtungsbahn. Passend zur Flächenabdichtung bietet der Hersteller eine patentierte Montageschiene an, mit der PV-Module ballastfrei und lagesicher auf Warmdächern mit Kunststoffabdichtung installiert werden können. Eine zuvor in Erwägung gezogene ballastierte PV-Anlage schied aus statischen Gründen aus.
Rückbau für Neues
Mit den Dacharbeiten wurde der Dachdeckerbetrieb Franz Jacobi aus Königswinter beauftragt. Nach der vorschriftsmäßigen Einrüstung des Gebäudes entfernten die Fachhandwerker zunächst die vorhandenen Metallscharen sowie die darunter befindlichen bituminösen Schalungsbahnen auf den Dachflächen mit einer Neigung von 5 Grad. Auf die so freigelegte Tragschicht aus Rauspundbrettern verlegten sie im nächsten Sanierungsschritt eine Dampfsperre, gefolgt von einer 100 Millimeter dicken Dämmplatte aus Mineralwolle. Die abschließende Abdichtung aus 1,5 Meter breiten Bahnen in 1,5 Millimeter Dicke fixierten die Dachdecker im überlappenden Saumbereich gemäß dem objektbezogenen Befestigungsplan. In den Dachrandbereichen sorgen zusätzliche Befestiger, die nachträglich mit einem materialhomogenen Anschlussstreifen überschweißt wurden, für die notwendige Windsogsicherung. Mittels Heißluft-Schweißautomaten wurden die einzelnen Bahnen untereinander gefügt. Seit mehr als 50 Jahren überzeugt die homogene Dichtschicht der Bahnen mit ihrer Hochpolymerlegierung aus Ethylen-Vinyl-Acetat-Terpolymer (EVA) und Polyvinylchlorid (PVC) bei allen einlagigen Abdichtungen. Mit einer Verstärkung zwischen vollwertiger Dichtschicht auf der Ober- und Unterseite zeigt sich die Bahn robust und widerstandsfähig.
Objektbezogener Planungsservice
Neben dem objektbezogenen Befestigungsplan zur Windsogsicherung der neuen Abdichtung lieferte der Flachdachsystemanbieter auch eine Belegungsplanung für die vorgesehene PV-Anlage mit dem bauseits gewünschten Photovoltaik-Modultyp. Zur Verwendung der neuen Montageschiene erstellte der Hersteller im Rahmen seines kostenlosen anwendungstechnischen Service eine statische Vorbemessung zu den zusätzlichen durch den Photovoltaik-Generator auf das Dach einwirkenden Kräften. Dies ist insbesondere für den Tragfähigkeitsnachweis durch den bauseitigen Statiker relevant. Die Montageschiene besteht aus einem Dämmstoffkern, einer Aluminium-Tragschiene, einem Formteil zur Abdichtung, einem Aluminium-Deckprofil sowie einem Edelstahl-Formteil zur Aufnahme des mitgelieferten Edelstahlhalters. Besonderer Vorteil der patentierten Schiene ist neben der homogenen Einbindung in die Flächenabdichtung und der ballastfreien und lagesicheren Befestigung der PV-Module auf den Dachflächen die klare Gewerketrennung. Denn bei der finalen Montage der PV-Module greift der Solarteur nicht mehr in das Dachgewerk ein.
Keine Last mit der Last
Zur Installation der Montageschienen wurden zunächst deren exakte Positionen auf der jeweiligen Dachfläche von den Dachdeckern ausgemessen. Als Grundlage diente auch hier die Vorplanung des Herstellers. Anschließend konnten die montagefertig gelieferten Schienen in der Tragschicht verschraubt werden. Hierzu klappte der Dachdecker das überlappende Abdichtungs-Formteil an der Längsseite zurück und legte so die Aluminium-Tragschiene frei. In der vorgeformten Vertiefung wurden die Systemschrauben aus Edelstahl angesetzt und durch die Schiene hindurch in die Tragschalung aus Holz verschraubt. Die Fixierung in den Untergrund erfolgte auf beiden Seiten der Tragschiene. Abschließend konnte das Formteil mittels Heißluft materialhomogen mit der Flächenabdichtung verschweißt werden. Über die mechanische Verankerung in der Tragschicht werden die durch den Photovoltaik-Aufbau auftretenden Schub-, Druck- und Zugkräfte aus der Abdichtungsebene sicher in den tragenden Untergrund abgeleitet.
Kabelführung im System
Noch bevor die PV-Module installiert wurden, verlegten die Dachdecker Kabelkanäle zur vorgeschriebenen Solarkabelführung oberhalb der wasserführenden Ebene. Hier kam ein passendes Kabelführungssystem mit Montagefüßen zum Einsatz, das durchdringungsfrei auf der Kunststoffdachabdichtung verlegt wurde. Die abschließende Installation der PV-Module auf der an den Montageschienen fixierten Tragkonstruktion übernahm eine Elektrofachfirma, ebenso wie deren Anschluss an die Wechselrichter.
Planung und Ausführung Hand in Hand
Vorausschauende Planung, optimal aufeinander abgestimmte Systembauteile und objektbezogener Service ermöglichten nicht nur die notwendige Sanierung der 550 Quadratmeter umfassenden Dachflächen auf der Bonner Zentrale der Phoenix Reisen GmbH, sondern auch die Installation einer PV-Anlage. Dank der engen Zusammenarbeit zwischen Bauherr, Planer, Dachdecker und Hersteller entstand so in unmittelbarer Rheinufernähe ein weiteres multifunktional genutztes Flachdach.
Sven-Erik Tornow













