Gründach mit aufgeständerter Solaranlage
Die Dachbegrünung lässt sich gut mit der Solaranlage kombinieren – das bringt sogar Synergieeffekte. (Quelle: Hohenschläger/Zinco)

Flachdach 20. July 2022 Mindestanforderungen für Dachbegrünungen

Gründach: Dachdeckermeister Jörg Ewald aus Hannover erarbeitet zusammen mit seiner Frau Silke Ewald einen Gründach-Mindeststandard. Er erläutert, welcher Aufbau für Dachbegrünungen Mindeststandard ist.

Wir müssen bei Beratungsgesprächen und Empfehlungen auf die Frage „Was kostet es?“, antworten „Was kostet es, wenn wir es nicht tun?“. Außerdem kann es sich bei den heutigen Grundstückspreisen keiner mehr leisten, die Dachfläche ungenutzt zu lassen. Um das zu erreichen, sollte jede Stadt und Gemeinde dies in ihre Bauverordnung übernehmen.

Dachbegrünungen oft falsch verlegt

Die Verwaltung wird beauftragt, extensive Dachbegrünungen auf jedem Neubau vorzuschreiben. Dies soll ohne Ausnahme geschehen. Gemeint ist, dass die Dachbegrünung nicht nur auf Teilflächen, sondern auf allen Flächen vorzuschreiben ist. Ausnahmen können lediglich Klimaanlage o.ä. sein. Der Abflussbeiwert soll Cs mind. 0,5  à  50% Rückhalt des Niederschlages betragen.

Jetzt werden manche Kollegen sagen, „in unserer Stadt wird doch schon jeder Neubau begrünt“.
Ja, das glaube ich. Aber habt ihr auch mal hingeschaut, welche Qualität diese Begrünung hat? Nicht selten kommen wir in Hannover auf begrünte Dächer, die nicht funktionieren. Da wurde ein Vlies verlegt und 5 cm Substrat draufgeschüttet. Womöglich wurde mit einer Anspritzbegrünung gearbeitet, und nach 2 Jahren ist immer noch keine Pflanzendecke zu sehen. Wir haben schon Dächer gesehen, da wächst im Kiesstreifen mehr als in der Substratfläche, kein Scherz!

Multifunktionale Nutzung der Dachbegrünung für die nachhaltige Stadt

Die 2030-Agenda der Vereinten Nationen (UN) mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDGs) und den dazugehörigen 169 Unterzielen ist ein umfassender programmatischer Rahmen zur Verwirklichung einer weltweiten nachhaltigen Gesellschaft – sie ist der Zukunftsvertrag der Weltgemeinschaft für das 21. Jahrhundert.

Nachzulesen sind die 17 Nachhaltigkeitsziele unter https://unric.org/de/17ziele/.

Die multifunktionale Nutzung des Gebäudedaches durch eine Begrünung, auch mit integrierter Stromproduktion, soll zur Erreichung folgender geforderten Ziele beitragen:

  • Gesundheit und Wohlergehen
  • bezahlbare und saubere Energie
  • Nachhaltige Städte und Gemeinden
  • Maßnahmen zum Klimaschutz
  • Leben an Land

 Ziele und Ergebnisse der Dachbegrünung  

            

  • Rückhalt der maximal möglichen Niederschlagsmenge, besonders bei Starkregenereignissen auf dem Dach
  • Kühlung der Umgebungstemperatur außen
  • Kühlung des Gebäudes innen
  • Doppelte Lebensdauer der Abdichtung durch Schutz vor UV-Strahlung, Hitze, Kälte
  • Schallschutz
  • CO² und Feinstaub werden gebunden
  • mehr Biodiversität für Insekten, Vögel, Kleinstlebewesen
  • Reduzierung der Regenwassergebühr
  • Bei Photovoltaik auf der Dachbegrünung wird der Wirkungsgrad der Module verbessert

Um diese Wirkung einer Dachbegrünung zu erreichen, ist folgender Aufbau als Mindestanforderung nötig:                                       

  • 1. Lage auf der wurzelfesten Abdichtung    - Schutz- und Speichervlies, 300g/m²
  • 2. Lage  - Drainage, 25 mm stark
  • 3. Lage  - Filtervlies, 100g/m²
  • Substrat für extensive Dachbegrünungen   - 8 cm im Mittel, möglichst Recyclingware
  • Vegetationsschicht bestehend aus Sukkulenten, Kräutern, Gräsern

Der Abflussbeiwert Cs ist abhängig von der Schichtdicke des Aufbaus und von der Dachneigung. Der Abflussbeiwert Cs beträgt beim genannten Aufbau mind. 0,5  à  50% des Niederschlages werden auf dem Dach gespeichert. Weiter soll die erforderliche Statik eine zusätzliche Restlast der Dachfläche von mind. 120 Kg/m² ausweisen. Diese Last muss zwingend zu den sowieso eingerechneten Lasten – Schnee-Windsog-Verkehrslast-ausgewiesen werden.

Anforderungen für die Kombination von Photovoltaikanlage und Gründach

Soll eine Photovoltaikanlage mit dem Gründach montiert werden, erhöht sich die zusätzlich notwendige Last auf der Dachfläche. Dies ist auch abhängig von der notwendigen Ballastierung der Module, entsprechend der Lage und der Höhe des Gebäudes.

Für mehr Artenvielfalt in der Stadt können zusätzlich Biodiversitätspakete aufgebracht werden. Diese bestehen z.B. aus Holz, Sand, Lehm, Steinen. Die erforderliche zusätzliche Last der Dachfläche für Photovoltaik und Gründach, inkl. Biodiversität sollte mit mindestens 200 Kg/m² angenommen werden.

Dieser Mindestaufbau beinhaltet biodiversitätserhaltende Standards und mit der Begrünung der Dachfläche erfolgt eine Klimaanpassung der Gebäude. Die Folgeschäden des Klimawandels werden so reduziert.

Um es mit Eckart von Hirschhausen zu sagen: „Mensch, Erde, wir könnten es so schön haben“.

Jörg Ewald

zuletzt editiert am 21.11.2022