Besucher:innen im Seminarraum an Tischen sitzend.
Das jährliche BFW-Seminar orientierte sich dieses Jahr inhaltlich am Begriff „Nachhaltigkeit“ und lud nach Bad Lauterberg ein. (Quelle: BFW)

Bad Lauterbach 2024-03-04T10:42:01.393Z Nachhaltigkeit beginnt immer im Kopf der Praktiker

Wenn das kein echt nachhaltiger Motivationsschub war: „Fischverkäufer“ Hein Hansen war im Februar zu Gast bei den Dachdeckern. Die trafen sich in Bad Lauterberg zum jährlichen BFW-Seminar (Berufsförderungswerk des Dachdeckerhandwerks Niedersachsen-Bremen und Sachsen-Anhalt e.V.). Inhaltlich orientierte sich das Programm am Begriff „Nachhaltigkeit“. Ein Begriff, der gern missbraucht wird. Diesmal aber bekam er echten Inhalt, fachlich wie emotional. Nachhaltigkeit, sagte der BFW-Vorsitzende Rudolf Behr, ist Zukunft. Was die für die Gemeinde der Dachdecker bereithalten könnte, unter anderem das war Thema der Referentinnen und Referenten Rebecca Gohlke, Martin Weihsweiler und Madeleine Peterson-Oster, Bernd Redecker, Frank Biermann, Carsten Stelter und dem Spaßmacher Hein Hansen.

Prima Klima mit grünem Dach und grüner Fassade

Nachhaltigkeit ist harte Arbeit. Und die fängt im Kopf an. Rebecca Gohlke vom Bundesverband GebäudeGrün e.V. forderte die Dachdeckergemeinde zum Thema Dach- und Fassadenbegrünung. Grundsatz: Städte brauchen Grün. Es sorgt im Sommer für Kühlung, und: Grün auf Dächern und an Fassaden heißt Regenwasserrückhaltung, sprich reduzierte Abflussspitzen, Biodiversität, Gesundheitsförderung für den Menschen, neue Freiräume für Hausbewohner, jedenfalls bei Dachbegrünungen, sowie natürlicher Schutz für die Gebäudehülle und damit Kostensenkung.

90  Minuten referierte Rebecca Gohlke über einen Trend, der nicht ganz neu ist, aber die Lebenserwartung der Dachkonstruktion und der Fassade erhöht. Aber: Wer pflegt eigentlich die Grünflächen in luftigen Höhen, und: Bei längerer Halbwertzeit eines Daches: Da schneidet sich der Dachdecker ja ins eigene Fleisch, oder? Ganz konnte Gohlke die Zweifel in diesen Dingen nicht ausräumen.

Rudolf Behr am Rednerpult.
Der BFW-Vorsitzende Rudolf Behr hieß alle Besucher*innen willkommen. (Quelle: BFW)

Nachhaltigkeit geht nur im Einklang von Ökonomie, Ökologie und Sozialem

Martin Weihsweiler und Madeleine Peterson-Oster nahmen das Dachdeckerhandwerk in die Pflicht, dem Begriff Nachhaltigkeit echtes Leben einzuhauchen. Aus ihrer Sicht beginnt alles bei den eigenen Gebäuden und beim eigenen Verhalten. Nachhaltigkeit im Dachdecker-Handwerk lautete der Titel ihres Vortrages im Duett. Erste Regel: Auf ein nicht energetisch aufgewertetes Dach gehört weder eine Photovoltaikanlage noch Dachgrün. Basta.

Na gut, das war allgemein bekannt. Aber: Die Sache mit der Authentizität, von wegen fordern aber selber nicht liefern. Nein, das wird nichts mit den beiden. Gemeint ist eine gewisse Vorbildrolle, die das Dachdeckerhandwerk ja eigentlich, das gaben sie zu, schon lange einnimmt. „Man muss es manchmal nur richtig benennen“, erklärte das Duo. Dann kamen sie, die Vorschläge zum Vorleben von Nachhaltigkeit: Es geht um Möglichkeiten, sozusagen am eigenen Betrieb zu demonstrieren, wie mächtig der Begriff Nachhaltigkeit tatsächlich ist. Die eigene Gebäudehülle, verwendete Materialien, natürliches Grün im Umfeld und betriebliches Verhalten im Sinne von Ökologie und Ökonomie.

Neue, alte Regeln kurz und knapp

Kein Seminar ohne Fachregelkunde. Bernd Redecker vom Zentralverband des deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) ging nun auf die neuen Fachregeln für Dachziegel und Dachsteine ein. Neu sind die zwar nicht, aber deutlich gestrafft und damit kurz und knapp auf den Punkt gebracht. Die Fachregeln sind die Fibel für die Ausführung diverser Arbeiten. Das neue Werk fasst alles auf wenigen Seiten übersichtlich und sogar in Farbe zusammen.

So schlimm stinkt der Fisch doch nicht, Hein Hansen.

Der Höhepunkt des Seminars war gleichzeitig dessen Abschluss, mit Unterstützung der IKK übrigens. Die Innungskrankenkasse präsentierte ihn nämlich, Hein Hansen, den Fischverkäufer, der noch nie Fisch verkauft hat. Er schwärmte mit Gummibärchen in Tüten vom geilsten Arbeitsplatz der Welt. Wie bitte? Den haben eindeutig die Dachdecker. Und genau darauf wollte Hein Hansen hinaus. Es geht um die Suche „... nach dem, was dich antreibt, oder: Finde die Sehnsucht. blamiere dich täglich ...“ Na, der hat gut reden vor 160 Führungspersonen. Aber auf die kommt es eben an, denn der Fisch stinkt immer vom Kopf. Das hat Hein Hansen gesagt. Nur zur Klarstellung.

90 Minuten hatte Hein Hansen, die hat er locker überzogen, aber jede Minute lohnte sich, denn der Mann, der da vor den Leuten stand, ist in Wahrheit der bekannte Kommunikationstrainer Michael Ehlers, Hein seine Kunstfigur, die sogar Bücher schreiben kann. Und weil Fischverkäufer nunmal so von ihrem Job überzeugt sind, sind sie das beste Beispiel für echte Motivation im „geilsten“ Job der Welt.

Der Spaßmacher haute einen Kracher nach dem anderen raus, um seine Botschaften zu verteilen, erzählte von Zielstrebigkeit bei Bier und Korn, vom Jagdtrieb des Mannes auf Brautschau, zivilisiertem Frustabbau, von fehlender Bindung der Menschen an ihre Betriebe, von Nudching, das sind psychologische Tricks fürs perfekte Zielen am Pissoire, von richtiger Lust auf Leistung – damit kommen Kinder auf die Welt, und, und, und...

Wer Hein Hansen 90 Minuten zugehört hat, geht mit Bauchschmerzen aus dem Saal, vom vielen Lachen, versteht sich. Na bitte, da ist er doch, der unbedingte Leistungswille. Was lachen sie auch so viel, die Damen und Herren, wo sie wissen, dass am Ende der Schmerz steht. So geht Motivation mit Hein. Alles eine Frage des Kopfes.

Frank Biermann, Hein Jansen und Rudolf Behr.
Frank Biermann, Hein Jansen und Rudolf Behr unterhielten und informierten die Besucher:innen des Seminars. (Quelle: BFW)
zuletzt editiert am 20. März 2024