Solar: Die steuerlichen und bürokratischen Hürden für den Betrieb von Photovoltaik-Anlagen auf Privathäusern abzubauen – das hatte sich die Bundesregierung zur Aufgabe gemacht. Das Motto war: „Ihre Photovoltaik-Anlage – Weniger Steuern, weniger Bürokratie“. Der ZVDH erläutert, was Betriebe unbedingt beachten müssen, denn die Neuregelungen sind leider alles andere als einfach und unbürokratisch.
Leider ist knapp ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der Neuregelungen, was den neuen Nullsteuersatz bei der Umsatzsteuer angeht, genau das Gegenteil eingetreten: Im Zweifel bleiben die Betriebe auf Steuerforderungen sitzen und haben mit zwei unterschiedlichen Steuersätzen auch noch mehr Bürokratie.
Mehr Bürokratie, mehr Unsicherheit
Was vorher ein durchlaufender Posten war, muss jetzt für jede Position und jeden einzelnen Geschäftsfall neu geprüft werden, zudem gibt es große Unsicherheiten, welche wesentlichen Komponenten von der Anwendbarkeit des Nullsteuersatzes bei der Umsatzsteuer erfasst sind und welche notwendigen Nebenleistungen des Betriebes mit welchem Steuersatz abzurechnen sind. Denn eines hat die Regelung, die nahezu ausschließlich der Finanzverwaltung Vorteile bringt, mit sich gebracht: Das Risiko des Nullsteuer-Ausweises liegt beim Ausführenden, und Umsatzsteuer nachzufordern, die nicht in der Rechnung stand, ist deutlich schwieriger als eine Korrektur der Rechnung (§ 14c UStG) durchzuführen.
ZVDH-Update zu Fragen aus der Praxis
Der ZVDH hat nun ein Update zu dem im Januar herausgegebenen 14-seitigen Infoblatt „Steuerliche Behandlung von PV-Anlagen“ verfasst und gibt dabei Antworten auf wichtige Fragen, die mittlerweile geklärt werden konnten. Am 27. Februar 2023 hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein Schreiben herausgegeben, das Anwendungsfragen und Praxisfälle zu der Thematik klären sollte; es ist abrufbar über die Internetseiten des BMF. In dem Schreiben wurden für die Betriebe des Dachdeckerhandwerks erste Punkte bezüglich der Einheitlichkeit der Leistung klargestellt, die der ZVDH durch Kommentierung der Entwurfsfassung eingebracht hatte. Sie betreffen insbesondere die Berücksichtigung der Kosten für Kräne, Aufzüge und Hubbühnen sowie die Kosten für den notwendigen Aufbau oder die Beauftragung eines Fangschutzgerüsts. Alle genannten Positionen unterliegen dem Nullsteuersatz, wenn es sich um eine begünstigte Anlage handelt. Gerüste, die zusätzlich einem anderen Zweck dienen als der Lieferung oder Installation der PV-Anlage, sind mit dem Umsatzsteuer-Regelsteuersatz von 19 % anzusetzen. Es gibt in diesem Fall keine Aufteilung der Leistungen nach Zeitaufwand, Fläche oder Auftragswert.
Beim BMF nachgefragt
Nach Erlass der genannten BMF-Verwaltungsanweisung hat der ZVDH beim BMF um Auskunft über weiterhin ungeklärte Sachverhalte gebeten. Es ging dabei um Fragen zur statisch notwendigen Ertüchtigung von Dachstühlen, um beratende Leistungen von Architekten und Statikern in diesem Zusammenhang, um gebäudeintegrierte Anlagen und damit einhergehende Unterkonstruktion und um Maßnahmen bei asbestbeinhaltenden Deckwerkstoffen aufgrund des Überbauungsverbots nach der Gefahrstoffverordnung. Nach der im Juni 2023 stattgefundenen Bund-Länder-Konferenz zwischen BMF und den Finanzministern der Länder wurde der ZVDH über die Antworten in Kenntnis gesetzt.
BMF-Antworten:
Anwendbarkeit Nullsteuersatz JA :
- Erneuerung/Ertüchtigung der Unterkonstruktion einer Aufdach-Anlage – zum Beispiel Verbreiterung oder Aufdopplung von Sparren –, wenn die Leistung vom Dachdeckerbetrieb zusammen mit der Montage der Aufdach-Anlage als sogenannte „Paketlösung“ erbracht wird (Nebenleistung teilt Schicksal der Hauptleistung).
- Leistungen eines vom Dachdeckerbetrieb beauftragten Bauvorlageberechtigten, Statikers, Ingenieurs oder Zimmerers zur Sicherstellung der Tragfähigkeit der Gebäudekonstruktion, wenn sie im Rahmen der Installation der PV-Anlage als „Paketlösung“ in Rechnung gestellt wird. – ACHTUNG: Der Nullsteuersatz gilt NICHT für die Leistungen des Subunternehmers an den Betrieb.
- Für die Lieferung/Installation einer gebäudeintegrierten PV-Anlage gilt aus Gründen der Gleichbehandlung dasselbe wie für die Lieferung/Installation einer Aufdach-Anlage, allerdings nur für diejenigen Kosten, die der Anlage konkret zugeordnet werden können (siehe hierzu auch nächster Punkt).
Anwendbarkeit Nullsteuersatz NEIN :
- Kosten, die bei der Lieferung/Installation einer gebäudeintegrierten PV-Anlage nicht konkret der Anlage selbst, sondern der Dachkonstruktion im Allgemeinen zuzuordnen sind, unterliegen NICHT dem Nullsteuersatz. Die durch das Fachregelwerk des Deutschen Dachdeckerhandwerks vom ZVDH geforderte Berücksichtigung der notwendigen Unterkonstruktion (Stichwort „wasserdichtes Unterdach“) ist damit NICHT umfasst.
- Sonderfall Asbest-Dach: Gesetzlich zwingend vorgeschriebene Maßnahmen beim Aufbringen von PV-Anlagen auf Dächern mit asbestzementhaltigen Deckwerkstoffen, zum Beispiel die Demontage und Neumontage von Platten, sind vom Nullsteuersatz ausgeschlossen.
Der ZVDH wird die Antworten des BMF zum Anlass nehmen, das oben genannte nach wie vor gültige ZVDH-Infoblatt zu aktualisieren und um Zusatzfragen/-antworten zu erweitern. Darüber hinaus werden weitere Fragen aus der Praxis gesammelt, die dem BMF vorgelegt werden sollen. Zudem wird der ZVDH ein Muster für eine Betreibererklärung entwickeln, das den Betrieben mehr Sicherheit geben kann. Das aktualisierte ZVDH-Infoblatt ist für Innungsbetriebe im internen Bereich ab August unter Recht/Steuer- und Wirtschaftsrecht abrufbar.
Grundsätze beachten
Zunächst sind für die Anwendung des Nullsteuersatzes immer die grundlegenden Voraussetzungen für die Begünstigung der PV-Anlage zu prüfen. Folgende zwei Punkte müssen dabei zwingend erfüllt sein:
1. Der Rechnungsempfänger (nicht immer, aber meistens ist das der Auftraggeber) muss zwingend auch Betreiber der PV-Anlage sein.
UND
2. Entweder die PV-Anlage wird auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert oder die installierte elektrische Bruttoleistung der Anlage beträgt nicht mehr als 30 kWp nach dem Marktstammdatenregister.
Felix Fink