Serie Photovoltaik: Die Erschließung des Geschäftsfeldes der Photovoltaik-Anlagen auf Dächern stellt das Dachdeckerhandwerk vor neue Herausforderungen. Eine kompetente und umfassende Beratung wird immer wichtiger. Hierbei steht oft nicht nur die technische Umsetzung im Vordergrund, sondern ebenso die frühzeitige Informationsvermittlung und Begleitung der Kunden.
Die Relevanz einer nachhaltigen Energieversorgung sowie die Notwendigkeit einer vorausschauenden Planung und Dimensionierung von PV-Anlagen und Batteriespeichern bilden zentrale Aspekte dieser Beratungstätigkeit. Für den ersten Eindruck gibt es im wahren Leben keine zweite Chance. Auch wenn die endgültige Auslegung von PV-Anlagen und deren Speicherlösungen in der Regel mit Unterstützung von spezialisierter Software erfolgt, sind es gerade die ersten Beratungsgespräche, in denen Fachwissen und Expertise besonders zählen und den Grundstein für einen vertrauenswürdigen Expertenstatus legen.
Moderne Photovoltaik-Anlagen sind längst nicht mehr nur auf die Erzeugung und den direkten Verbrauch von Strom ausgerichtet. Vielmehr steht zunehmend die Möglichkeit im Vordergrund, die erzeugte Energie zu speichern und bei Bedarf flexibel abrufen zu können. Diese Entwicklung markiert einen signifikanten Wandel im Geschäftsmodell vieler Anlagenbetreiber: Weg von der ursprünglichen Volleinspeisung, bei der die Größe der PV-Anlage in keinem direkten Zusammenhang mit dem Stromverbrauch des Gebäudes stand, hin zur Überschusseinspeisung, bei der die PV-Anlage als integraler Bestandteil der technischen Gebäudeausrüstung bewertet wird.
Dieser Paradigmenwechsel bringt es mit sich, dass bereits zu Beginn der Beratungsgespräche Aspekte wie Wärme und Mobilität berücksichtigt werden müssen. Es geht also nicht nur um den sogenannten Komfortstrom, also den Strom für alltägliche elektronische Geräte und Beleuchtung, sondern auch um den Energiebedarf für Heizung und E-Auto.
Der durchschnittliche Stromverbrauch eines vierköpfigen Familienhaushaltes in Deutschland liegt bei circa 4.000 bis 4.500 kWh pro Jahr für „normalen“ Komfortstrom. Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass der Energiebedarf durch die Sektoren E-Mobilität und Wärme um mindestens den Faktor 2 bis 3 steigen wird. Aus diesem Grund geht der Trend bei Wohngebäuden immer mehr in Richtung Dachflächenvollausnutzung. Eine PV-Anlage mit 15 kWp und mehr ist heute eine durchaus wirtschaftliche Größe für ein Wohnhaus. Realistischerweise können Anlagen dieser Größenordnung circa 14.000 bis 15.000 kWh Strom pro Jahr erzeugen.
Auch wenn dieser Wert auf den ersten Blick etwas hoch erscheint, ist zu berücksichtigen, dass die Stromproduktion einer PV-Anlage von der Sonneneinstrahlung abhängt und nicht konstant über das Jahr verteilt ist. Zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten wird Strom benötigt, auch wenn die Sonne nicht scheint. Denn der Stromverbrauch richtet sich nicht nach der Energieproduktion der Anlage, die wiederum nur dann Strom produziert, wenn die Sonne scheint. Strom wird aber auch frühmorgens, spätabends und im Winter benötigt.
Experten empfehlen zunehmend, die Dächer von Wohnhäusern so weit wie möglich mit Photovoltaik-Modulen zu belegen.
In dem weiteren Verlauf bleiben der Einfachheit halber Wärmepumpe und Elektroauto unberücksichtigt. Es geht also ausschließlich um den Komfortstrom und weiterhin um die unterstellten 4.000 kWh Strombedarf pro Jahr.
Der in der Berechnung angesetzte Faktor 1,5 berücksichtigt, dass der Strombedarf nicht immer mit den Spitzenzeiten der Solarstromerzeugung zusammenfällt. Dieser Richtwert basiert auf praktischen Erfahrungen und sollte als Empfehlung idealerweise über dem oft genannten Wert von 1,2 liegen. Unter diesen Bedingungen erreichen Photovoltaik-Anlagen typischerweise einen Autarkiegrad zwischen 20 und 30 %.
Der spezifische Anlagenertrag setzt sich aus dem Standort der Anlage, der Ausrichtung und der Dachneigung zusammen. Nehmen wir den Standort Hamburg-Altona mit einer jährlichen Einstrahlung von circa 1.025 kWh/m2. Bei einer Dachneigung von circa 20° und einer Südabweichung von 90° rechnen wir mit einem spezifischen Anlagenertrag von circa 815 kWh/kWp/a.
Mögliche Teilverschattungen können den Ertrag noch beeinflussen. Während größere Verschattungen bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden sollten, können kleinere Verschattungen den Ertrag geringfügig reduzieren. Erfahrungsgemäß führen solche Einflüsse zu Ertragsminderungen von 1 % bis 5 %. Für dieses Beispiel wird eine Ertragsminderung von circa 2 % angenommen.

Daraus ergibt sich folgender spezifischer Anlagenertrag im Jahr:
815 kWh/kWp/Jahr -2 % (Einbuße durch Verschattungen) ≙ 800 kWh/kWp.
Bei einer Modulleistung von 415 Wp werden insgesamt 18 Module benötigt. Standardmäßig werden auf Hausdächern Solarmodule mit knapp unter 2 m² verwendet. Die benötigte Dachfläche beträgt somit: 18 Module · 2 m² = 36 m². Zurückgerechnet ergibt das einen benötigten Platzbedarf unter 5 m²/kWp.
Durch den Wunsch nach mehr Unabhängigkeit von Energieversorgern sind die Speichersysteme für PV-Anlagen immer beliebter geworden. Im Gegensatz zu einem PV-Modul kann jedoch ein Batteriespeicher keine Energie erzeugen, sondern diese nur speichern und bei Bedarf zur Verfügung stellen.
Die Größe des Batteriespeichers sollte sich nicht wie die Größe der PV-Anlage an dem maximal Machbaren orientieren, sondern an dem tatsächlichen Stromverbrauch.
Grundsätzlich dient der Speicher dazu, den Eigenanteil und den Au-
tarkiegrad am selbst erzeugten Solarstrom zu erhöhen. Bei einer strategischen Überlegung muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass tagsüber, wenn die Sonne scheint, auch Strom verbraucht wird. Mit einem geeigneten Energiemanagementsystem sollten beispielsweise Stromverbraucher wie Waschmaschine, Trockner, Spülmaschine und sonstige stromverbrauchende Geräte tagsüber und mit Unterstützung eines Energiemanagers betrieben werden. Das primäre Ziel ist ohnehin, den Strom direkt zu verbrauchen, wenn er erzeugt wird. Aus diesem Grund kann der Speicher kleiner dimensioniert werden als der durchschnittliche Tagesstromverbrauch.
Je nach Anlagengröße und Stromverbrauch kann ohne Batteriespeicher der normale Strombezug vom Energieversorger um bis zu circa 20 bis 30 % reduziert werden. In Kombination mit einem gut organisierten Energiemanagementsystem und einem Stromspeicher kann die Reduktion bis zu 70 bis 80 % betragen. Eine hundertprozentige Unabhängigkeit ist mit normalen Mitteln wirtschaftlich nicht darstellbar.
Um einen Batteriespeicher bedarfsgerecht auszulegen, gibt es sehr umfangreiche Berechnungsverfahren, die durch Simulationsprogramme unterstützt werden.
Beispiel: 4.000 (kWh/a) ÷ 365 (Tage/a) · 60 % ≙ einer Speichergröße von 6,5 kWh
Ausgehend von einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh ergibt sich ein durchschnittlicher Tagesverbrauch von circa 11 kWh. Unter der Annahme, dass 40 % des Tagesverbrauchs direkt durch die PV-Anlage gedeckt werden kann, verbleibt ein Speicherbedarf von etwa 60 % für Zeiten ohne Solarstromproduktion, sodass sich bei dieser Betrachtungsweise eine gerundete Speichergröße von 6,5 kWh ergibt. Für eine effektive Abschätzung des benötigten Batteriespeichers ist zu beachten, dass nicht die volle Kapazität genutzt werden kann. Grund dafür ist die begrenzte Entladetiefe, da eine vollständige Entladung die Batterie schädigen kann. Unter der Voraussetzung, dass die nutzbare Kapazität vom Hersteller angegeben wird und unter Berücksichtigung von circa 10 % Systemverlusten ergibt sich bei einer Kapazität von 6,5 kWh eine effektive Verfügbarkeit von circa 5,85 kWh. Bei 200 Ladezyklen pro Jahr steht somit eine jährliche Energiemenge von 1.170 kWh zur Verfügung.

Diese Wirtschaftlichkeit ergibt sich aus der Annahme, dass die Anschaffungskosten für den Speicher bei circa 5.000 € und die Stromkosten bei 0,35 €/kWh liegen. Eine alternative Berechnung zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit eines Batteriespeichers basiert auf den Anschaffungskosten, der Nettokapazität des Speichers und der Differenz zwischen Strompreis und Einspeisevergütung.
5.000 € ÷ 5,85 kWh · 0,27 € (0,35 €-0,08 €) = 3.166 Ladezyklen.
Dies bedeutet, dass sich der Batteriespeicher nach circa 3.200 Ladezyklen wirtschaftlich amortisiert hat.
Laut HTW Berlin sollte ein Batteriespeicher nur bei ausreichendem Solarstromüberschuss installiert werden und dabei die nutzbare Speicherkapazität mit 1,5 kWh pro 1 kWp PV-Leistung nicht überschreiten. Weiterhin sollte die Speichergröße mit einer Obergrenze von 1,5 kWh pro 1.000 kWh/a dem Stromverbrauch angepasst sein.

Hinweis:
Die vorgestellte Dimensionierung von PV-Anlagen und Batteriespeichern soll primär ein Basisverständnis schaffen und kann nicht eine detaillierte Planung mittels spezialisierter Software ersetzen. Sie bietet eine hilfreiche Orientierung für erste Beratungsgespräche, in denen Kunden grundlegende Informationen zu Größenordnungen suchen. Die endgültige Auslegung von Anlagen und die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen erfordern den Einsatz präziser und umfangreicher Methoden, die durch professionelle Softwarelösungen unterstützt werden.