Ein Schornstein auf einem Steildach
Die Austrittsöffnung neu errichteter Schornsteine von Festbrennstoff-Feuerungen muss „firstnah“ angeordnet sein und den First um mindestens 40 cm überragen. (Quelle: Erlus)

Steildach 22. February 2023 Firstnah und 40 cm über First  

Schornsteinbau: Seit einiger Zeit gelten neue Ableitbedingungen für Abgase. Weniger Rauch und Feinstaub in dicht besiedelten Gebieten hat die aktuelle Regelung des Gesetzgebers, die sogenannte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV), zum Ziel. Die neuen Vorschriften werfen viele Fragen auf. Ziel der Umsetzung soll sein, die Abgase möglichst ungestört in den freien Windstrom abzuleiten.

Die gute Nachricht zuerst: Die neue Verordnung betrifft ausschließlich neue Feuerungsanlagen, die nach dem 1. Januar 2022 errichtet wurden. Die 1. Bundes-
Immissionsschutzverordnung, kurz BImSchV, bezieht sich auf kleine und mittlere Feuerungsanlagen. Betroffen sind neue Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von weniger als einem Megawatt. Das sind also zentrale Heizkessel für Festbrennstoffe, beispielsweise Pellet-Heizkessel und Hackgut-Heizkessel, sowie Einzelraumfeuerungsanlagen wie Kaminöfen, die als Zusatzheizung vorrangig den Aufstellraum beheizen.

Was wird geregelt?

Die Schornsteinhöhe über Dach wird in der Verordnung geregelt. Dass danach die Mündung von Schornsteinen allgemein höher liegen muss als bisher, ist ein Irrglaube. Denn es soll gewährleistet werden, dass Schornsteinöffnungen von Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe künftig immer außerhalb der Rezirkulationszone des Gebäudes liegen. Die Abgase in Siedlungen sollen sich zum Beispiel nicht zwischen den Häusern sammeln. Die Ziele der neuen Ableitbedingungen sind:

  • Abtransport und Verdünnung der Abgase in der freien Luftströmung, Verminderung von Geruchs- und Rauchgasbelästigungen in der Nachbarschaft und Verringerung der Belastung mit gesundheitsbelastenden Luftschadstoffen wie Feinstaub insbesondere in dicht bebauten Wohngebieten.

Was ist zu tun?

Zimmereien oder Holzbauunternehmen ist zu empfehlen, bereits in der Planung auf die bewährte firstnahe Platzierung des Schornsteins zu achten, denn „wer weiterhin firstnah plant, ist auf der sicheren Seite“, sagt zum Beispiel Jürgen Böhm, Dipl.-Ing. (FH) und Vertriebsleiter für Schornsteinsysteme & Lüftungsnetzwerk bei der Erlus AG. „Unsere klare Empfehlung lautet: den Schornstein nicht mehr als 40 cm vom First entfernt planen, damit bleibt die bisherige Regelung 40 cm über First bestehen“, so Böhm. Und wenn das mal nicht geht? Um die erforderliche Schornsteinhöhe über Dach in Abhängigkeit vom geplanten Abstand zum First für das jeweilige Bauobjekt regelkonform zu berechnen, müssen Dachmaße, Lage des Schornsteins und gegebenenfalls die Dachform mit eingerechnet werden.

Für die Längenermittlung gibt es zwei Varianten:

  • Längenermittlung nach BImSchV § 19 (Satz 1–3) oder Längenermittlung gemäß BImSchV § 19 (Satz 4).

Wird die Höhe des Schornsteins nach der Variante 1 berechnet, so ist der Schornstein der neu errichteten Feuerungsanlage für feste Brennstoffe so auszuführen, dass die Austrittsöffnung firstnah angeordnet ist und der First um mindestens 40 cm überragt wird, also C ≥ 40 cm.

Bei einer Dachneigung von weniger als 20 Grad ist die Höhe der Austrittsöffnung auf einen fiktiven Dachfirst zu beziehen, dessen Höhe unter Zugrundelegung einer Dachneigung von 20 Grad zu berechnen ist. Zudem sind abhängig von der Nennwärmeleistung größere Gebäudeabstände und Mindesthöhen zu Türen und Fenstern benachbarter Gebäude einzuhalten (siehe Tabelle 1). Beispielsweise muss die Austrittsöffnung eines Kaminofens (< 50 kW) das Fenster einer Nachbarbebauung, die bis zu 15 m entfernt steht, um mindestens 1 m überragen. Bei der Austrittsöffnung eines Scheitholzkessels mit einer Leistung von 60 kW sind es dagegen bereits 2 m.

Um die Ermittlung nach VDI 3781-4, Abs. 6.2.1. einfach und schnell durchführen zu können, bieten verschiedene Hersteller entsprechende Software an. Beispielsweise hat Erlus ein online kostenlos zugängliches Hilfstool zur Verfügung gestellt. Die Berechnungsergebnisse eignen sich auch gut für die im Vorfeld erforderliche Abstimmung mit dem örtlichen Bezirksschornsteinfegermeister.

Können Schornsteine nachgerüstet
werden?

Die Höhe des Schornsteins hat natürlich auch Einfluss auf die Statik. Nachrüstlösungen an der Gebäudeaußenseite werden mit der neuen Verordnung nicht mehr bei allen Einfamilienhäusern umsetzbar sein, denn die Anordnung an der Traufe, wie sie bisher oft erfolgte, wenn beispielsweise ein Kamin und dessen Schornstein nachträglich eingebaut wurden, führt zukünftig häufig zu kaum mehr realisierbaren Schornsteinhöhen. Um die Vorschriften – firstnah und mindestens 40 cm über First – einhalten zu können, müsste der Schornstein oftmals an der Giebelseite nachträglich angebracht werden. Dort haben viele Einfamilienhäuser aber einen Balkon, eine Terrasse oder schöne Fensterfronten. Daher ist die Empfehlung klar: Im Neubau kommt der Schornstein von vornherein firstnah ins Haus.

Was ist mit Umbauten?

Bei Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe, die vor dem 1. Januar 2022 errichtet und in Betrieb genommen wurden und ab dem 1. Januar 2022 wesentlich geändert werden, bleibt die Regelung wie zuvor:

  • bei Dachneigungen
  • bei Feuerungsanlagen mit einer Gesamtwärmeleistung bis 50 Kilowatt in einem Umkreis von 15 m die Oberkanten von Lüftungsöffnungen, Fenstern oder Türen um mindestens 1 m überragen; der Umkreis vergrößert sich um 2 m je weitere angefangene 50 Kilowatt bis auf höchstens 40 m.

Frank Eichinger

Den ausführlichen Beitrag lesen Sie in DDH 02.2023.

zuletzt editiert am 23.02.2023