Serie Sachverständige: Photovoltaik boomt – doch was viele nachträglich aufs Dach schrauben, ist oft Murks mit Ansage. Brandschutz? Vernachlässigt. Statik? Fraglich. Handwerk? Mangelhaft. Wer die Energiewende retten will, braucht keine Bastellösungen, sondern Profis, die wissen, was sie tun. Wir zeigen, wie es nicht gehen soll.
Sechs Beispiele an verschiedenen Dachkonstruktionen zeigen, welche eklatanten Fehler bei der Montage von PV-Anlagen gemacht werden. Oftmals sind hier Monteure von gewerkefremden Firmen am Werk, aber auch Dachdeckerbetriebe sind nicht fehlerfrei. Mit guter Planung und dachdeckertechnischem Know-how lassen sich diese vermeiden. Jedenfalls ist angeraten, nicht einfach loszumontieren, sondern zuerst die relevanten Vorschriften und Regelwerke zu studieren. Im Zweifel sollte man sich vorher Rat bei den zuständigen Fachleuten holen.

Geklebt auf alter Abdichtung
Es handelte sich um ein bestehendes Produktionsgebäude mit teilweise angebautem Verwaltungsgebäude. Die Dachflächen waren verschachtelt konstruiert, es gab Dachflächen mit circa 5 Grad geneigten ebenso wie nahezu gefällelosen Bereichen. Auf die vorhandenen, über 20 Jahre alten EVA-Dachbahnen klebte eine „spezialisierte“ Solarteurfirma PV-Module – furcht- und ahnungslos. Problematisch wurde es, als ein Modul Feuer fing und so die ganze Arbeit sachverständig überprüft werden sollte. Neben dem ö.b.u.v. Sachverständigen des Dachdeckerhandwerks wurde für die elektrotechnischen Bereiche ein hierfür vereidigter Sachverständiger hinzugezogen.
Sind solche Konstrukte nicht funktionsunfähig und regelwidrig? Vordergründig ist zunächst die Nutzungsdauer zu nennen. Bei einem 20 Jahre alten Kunststoffdach ist die Restnutzungsdauer, damit eine Photovoltaik-Anlage wirtschaftlich betrieben werden kann, nicht mehr adäquat. Wenn man nach heutigen Erkenntnissen davon ausgeht, dass PV-Anlagen 25 Jahre funktionieren sollen, so sind ältere Dächer dazu praktisch nicht mehr geeignet.
In diesem speziellen Fall kommt noch hinzu, dass direkt auf der Dachbahn ein Kleber verarbeitet wurde. Ein Verträglichkeitsnachweis mit den vorhandenen Bahnen wird durch die Hersteller der Module und Kleber nicht vorgelegt. Kein Hersteller von Dachbahnen gewährleistet für einen systemfremden Kleber, der die Module halten soll. Weiterhin ist aus den Unterlagen, die Kleber- und Modulhersteller jeweils vorlegen, keine Typenstatik zu erkennen.

Ein umfassender Brandschutz ist für diese Konstrukte ebenfalls nicht nachgewiesen. Dass der Brandschutz hier deutlich vernachlässigt wird, zeigte sich schon daran, dass die Module Feuer fingen und so ein zusätzliches Gefährdungspotenzial besteht. Es ist zweifelhaft, ob solche Module, die ohne unterseitige Belüftungsschicht appliziert werden, funktionieren. Des Weiteren widerspricht es dem Regelwerk des Deutschen Dachdeckerhandwerks.
Sanierung Asbestzement-Wellplatten
Bei der Sanierung eines Asbestzement-Wellplattendaches wurde der Dachdecker damit beauftragt, diese zu entfernen, das Dach zu verschalen und eine diffusionsoffene Vordeckung aufzubringen. Die nachfolgenden Arbeiten sollten durch eine Elektrofachfirma ausgeführt werden. Der weitere Aufbau wurde dann von dem Solarteur derart gestaltet, dass eine dachtechnische Funktion in keinster Weise mehr gegeben war. Die in dem Angebot des Solarteurs als Dichtfolie bezeichnete Noppenbahn wurde direkt auf die diffusionsoffene Vordeckung aufgebracht. Darauf wurde dann die Gestelltechnik (ohne statischen Nachweis) mit zu kurzen, offensichtlich ungeeigneten Schrauben in der Noppenbahn befestigt.
Es existierte auch kein Nachweis, dass die Schrauben in der Noppenbahn einen adäquaten Auszugswert erreichen können. Wie auch?
Problematisch wurde es dann bei diesem circa 1.400 Quadratmeter großen Dach, als die ersten Regenfälle auftraten und das Innere der Halle erreichten.
Bei diversen Untersuchungen wurde zunächst die fehlende Eignung der Abdichtung festgestellt, und das Dach sollte erneuert werden. Beim Rückbau der Module konnte man die bemerkenswerten Befestigungen sowie die deutlichen Undichtigkeiten feststellen, die am Dachaufbau partiell schon zu signifikanten Schäden geführt haben, insbesondere am teilweise schon selbstkompostierten Holz. Mit der Sanierung wurde ein Innungsfachbetrieb beauftragt. Die Dachdecker montierten auf diffusionsoffener Unterdeckbahn eine Trapezblecheindeckung auf Konterlattung – natürlich mit statischem Nachweis.
PV nachträglich auf Sandwichplatten
Bei einer Industriehalle, deren Sandwichelemente schon circa 20 Jahre alt waren, wurden vollflächig PV-Module aufgebracht. Hier wurde der in der Fachregel definierte Mindestabstand von 6 Zentimetern zur Deckoberfläche nicht eingehalten. Die Gestelltechnik war so montiert, dass eine Dilatation der Tragprofile nur demgemäß erfolgen konnte. Dadurch entstanden Schäden an der Haltekonstruktion und den Schrauben, was zu multiplen Regeneintragsstellen führte. In der Halle befindet sich eine teure Fertigungsstraße, die geschützt werden musste.
Fachlich relevant: Die IFBS-Regel, die dem Fachregelwerk des Deutschen Dachdeckerhandwerks als Anhang der Metallregel beigefügt ist, somit zu unserem Regelwerk gehört, die entsprechende Anforderungen an den Korrosionsschutz stellt. Da handelsüblich praktisch alle Dächer, zumindest alle Bestandsdachdächer, mit einem Korrosionsschutz von 25 my versehen sind, ist das Anbringen von PV-Modulen in den meisten Fällen regelwidrig. Die IFBS-Regel fordert in Abschnitt 6.5, dass der Korrosionsschutz auf die PV-Anlage abgestimmt sein muss und unabhängig vom Beschichtungssystem eine Dicke der organischen Beschichtung von mindestens 45 my erforderlich ist. Zur Überprüfung dieser Schichtdicke wurden in dem hiesigen Fall Laboruntersuchungen durchgeführt, die eindeutig nachweisen, dass die vorgefundene nicht ausreicht.
Bestandsdächer aus Metall mit Korrosionsschutz unter 45 my sind ungeeignet zum Aufbringen von dachparallelen PV-Anlagen.
PV auf Trapezblechen
Bei einem Neubau für ein Seniorenwohnheim wurden auf circa 4 Grad geneigten Dachflächen (Messbereich 3,6 bis 4,6 Grad) ebenfalls PV-Module aufgebracht. Problematisch war die zu geringe Dachneigung im Kontext zu den eingebauten Lüftern. Die anerkannten Regeln der Technik (Fachregelwerk, Metallregel und IFBS-Regel) fordern, dass die Mindestdachneigung von 5 Grad besteht, wenn Stoßausbildungen der Bleche oder Durchdringungen (Lüfter etc.) vorhanden sind.

Wegen bestehender Undichtigkeiten wurde eine sachverständige Untersuchung angeordnet, und so kam kurz nach der Verlegung die entsprechende Problematik zutage. Die Dächer sind zu flach, und die PV-Anlage wurde mit zu wenig Abstand zum Untergrund montiert. Auch wurden Lastannahmen, die statisch gefordert waren, nicht eingehalten. Erschwerend kam hinzu, dass hier ebenfalls der Korrosionsschutz der neuen Trapezbleche nicht den Anforderungen (siehe oben) von 45 my nach der IFBS-Richtlinie entspricht.
Diverse Regelwidrigkeiten sprachen bei diesem Konstrukt somit gegen die Montage einer PV-Anlage.
PV-Anlagen-Tragkonstruktion direkt auf der Abdichtung befestigt
Bei dem hier gegebenen Dach sollte eine Abnahme nach der Erstellung erfolgen. Die nachträglich aufgebrachte PV-Anlage war auf eine Haltekonstruktion aufgestellt. Deren Halter waren mit Kunststoffdachbahnen (FPO) an die vorhandene FPO-Abdichtung angeschweißt und sollten die Lagesicherung generieren. Auch dieses Konstrukt ist insofern regelwidrig, als die Flachdachregel in Abschnitt 1.4 [14] definiert, dass Lasten, die schädlich sein können, nicht in die Dachhaut eingeleitet werden dürfen. Dies impliziert, dass ein statischer Nachweis für solche Haltekonstruktionen respektive Lasteinleitungen bestehen muss. Auf dem Markt sind auch Haltekonstruktionen erhältlich, die ein bauaufsichtliches Prüfzeugnis und somit eine Zulassung für diese Art der Montage besitzen. Handwerklich hergestellte Verbindungen, wie in diesem Fall, sind separat nachzuweisen.

Nachträgliche Montage auf einem Schieferdach
Bei dem hier getätigten Versuch, eine PV-Anlage auf einem schon 30 Jahre alten Schieferdach zu montieren, wurden die dachdeckertechnischen Voraussetzungen signifikant ignoriert. Es wurde einfach eine Metallunterlage mit zu wenig Höhen- und Seitenüberdeckung in das Dach geschoben und die Haltekonstruktion mit Stockschrauben, die nicht ausreichend dimensioniert waren, befestigt. Die Stockschrauben verbiegen sich, und die Höhen- und Seitenüberdeckungen sind derart gering, dass schon Wasser eindringt. Die gesamte Anlage musste rückgebaut und statisch bewertet werden, um dann wieder fachgerecht montiert zu werden.
Was lernen wir daraus?
Alle vorgenannten Konstruktionen wurden bezüglich PV-Anlage und Gestelltechnik von Firmen ausgeführt, die nicht originär dem Dachdeckerhandwerk angehören. Manchmal bewahrheitet sich der alte Spruch: Schuster bleib bei deinen Leisten. Die Kollegen sollten deshalb darauf achten, dass ihre Dächer nicht regelwidrig und schadensträchtig verändert werden. Gegebenenfalls sollten sie auch Hinweise an die Bauherrschaft erteilen, wenn fachfremde Firmen solche Arbeiten plan- und rücksichtslos ausführen wollen.

