Vogelperspektive eines Hauses mit Dachinstallation von Solarpaneelen und Handwerkern auf dem Dach.
Auch aus der Vogelperspektive ist die regelwidrige Einbindung auf dem Bestandsdach mit Schieferdeckung zu sehen. (Quelle: Christian Gilles)

Solar 2025-03-05T08:35:36.563Z Energiegewinnung mit Folgen

Solar: Sorgfalt und Fachkenntnis sind entscheidend, um Schäden an PV-Anlagen zu vermeiden. Sachverständige finden immer wieder die gleichen Schadensbilder vor. Am Beispiel Schieferdach schildern wir Ausführungsfehler und geben praxisnahe Tipps zu Einbauteilen.

Nicht nur bei Neubauten wurden im Rahmen des politisch motivierten Photovoltaik-Booms der letzten Jahre Dächer mit Energiegewinnungsflächen ausgestattet, sondern auch vielfach bestehende Dachflächen nachträglich mit einer Photovoltaik-Anlage ausgerüstet. Bei Neubauten besteht im Rahmen der Planung die Möglichkeit und auch die Verpflichtung gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik, die Dacheindeckung, die darunter liegenden Zusatzmaßnahmen in Form von Unterspannungen/Unterdeckungen und die Befestigungselemente der Unterkonstruktion der Photovoltaik-Anlagen aufeinander abzustimmen.

Prüfung des Bestands

Bei Bestandsdächern ist für den Planer und Errichter einer PV-Anlage bei deren Einbindung in die bestehende Dacheindeckung besondere Sorgfalt geboten. Eine detaillierte Bestandsermittlung aller wesentlichen beeinflussenden Faktoren ist unerlässlich für den gewünschten dauerhaften Werkerfolg der Installation. Neben den erforderlichen Standsicherheitsnachweisen der Anlage hinsichtlich der zu erwartenden zusätzlichen Belastungen aus Eigengewicht sowie Schnee- und Windlasten ist die bestehende Unterkonstruktion auf Eignung zu prüfen. Dazu sind die tatsächlich vorhandenen Dachneigungen in Verbindung mit eventuell vorhandenen Zusatzmaßnahmen und deren Funktionsfähigkeit zu beurteilen.
Die gutachterliche Praxis und die damit verbundenen täglich erkennbaren Schadensfälle legen die Vermutung nahe, dass die Empfehlung aus dem Merkblatt Solartechnik für Dach und Wand, die Arbeiten „von einem im Sinne der Handwerksordnung zugelassenen Betrieb ausführen zu lassen“, lediglich in Fachkreisen bekannt ist und der Markt bei der Auswahl geeigneter und kompetenter Unternehmen zur Installation von PV-Anlagen auf Dächern ein evidentes Evolutionspotenzial besitzt.

Ohne Werkerfolg

Jedermann wird zum Dachdecker und bearbeitet in dichtem Staub stehend Dachsteine regelwidrig in der Höhenüberdeckung, getreu dem Motto „was nicht passt wird passend gemacht“. Solarteure versuchen sich in der Kunst des Stockschraubenmarathons durch alle Arten von Abdichtungen und Dacheindeckungen hindurch. Zuletzt - Höhepunkt „gewerkeübergreifenden" unfachmännischen Handelns  - entdeckte eine Schleiferei aus dem Ruhrgebiet ihre Vorliebe für Dachdeckungen mit Schiefer und interpretierte diese auf eigene, durchaus kreative Art und Weise neu. Der Trend aus dem politischen Alltag unserer Republik, dass sich auch unausgebildete Individuen ohne entsprechende Befähigungsnachweise oder Ausbildungsabschlüsse mit den damit verbundenen Sach- und Fachkompetenzen zu höheren Aufgaben berufen fühlen, setzt sich auf deutschen Dächern bei der Installation von Photovoltaikanlagen fort.
Was haben all die Vorgenannten beispielhaft und subjektiv ausgewählten und erwähnten Akteure gemeinsam? Der versprochene und geschuldete Werkerfolg ist ausgeblieben – mehr noch: Aus Projekten, die eine Wertsteigerung der Immobilie generieren sollten und die Erhöhung der Effektivität der Energiegewinnung zum Ziel hatten, wurden Problemfälle – teilweise mit nicht unerheblichen wirtschaftlichem Schadenspotential einhergehend. Dazu kommen monate-, mitunter jahrelange, emotionale und psychische Belastungen für die Betroffenen.

Ein großes Gebäude mit Solarpaneelen auf dem Dach, umgeben von Bäumen und geparkten Fahrzeugen.
Eine Drohnenaufnahme auf der Südseite zeigt vier Modulfelder à 96 Einzelmodule in „Landscape“ (Seitenausrichtung) verlegt. (Quelle: DDH)

Fachgerecht mit Fachregel

Wer, wenn nicht wir Dachdecker besitzen die erforderliche Sachkunde und Kompetenz, Energiegewinnungsflächen in bestehende Dächer fachgerecht einzubinden? Die Grundlagen und Regelwerke, die bei der Installation von PV-Anlagen auf Dächern herangezogen werden, sind vielfältig, die formulierten Ansprüche an die Planung hoch.

Schiefer und PV

Im Nachfolgenden widmen wir uns der trivialen Aufgabe, wie eine Photovoltaik-Anlage fachgerecht in ein Schieferdach eingebunden werden kann. Beispiele aus der Schadenspraxis zeigen nämlich, wie scheinbar einfach lösbare Aufgaben mit klaren Vorgaben für einige am Markt agierende Unternehmen zu unüberwindbaren Hindernissen werden.


Viele der bekannten großen Hersteller/Lieferanten von Dachschiefer bieten mittlerweile Systeme an, die über einen Anschlussrahmen aus Metall verfügen, die ähnlich einem Eindeckrahmen eines Dachflächenfensters eingedeckt werden können. Doch auch hier ist kritische Vorsicht geboten, denn die Mindestanforderungen an Seitenüberdeckungen aus den Fachregeln für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk behalten auch bei vorgefertigten Systemlösungen der Hersteller ihre Gültigkeit.


Vielfach verbreiteter ist die Montage der Unterkonstruktion von Photovoltaik-Anlagen auf einzelnen Haltern, die häufig nach einem Verlegeplan des Herstellers einzeln auf dem Dach montiert werden. Die fachgerechte Montage und Eindeckung eines PV-Halters in ein Schieferdach ähnelt der jahrzehntelang bekannten Aufgabe, einen Sicherheitsdachhaken fachgerecht einzudecken.
Der Prozess beginnt mit dem Herstellen von geeigneten Unterlagen aus Blech in ausreichender Breite, die über einen seitlichen Umschlag gemäß den Fachregeln für Dachdeckungen mit Schiefer Kapitl 4.9 Einbauteile verfügt.

Eine Metallplatte mit einer Messskala, die die Überdeckung anzeigt.
Ausführungsfehler: seitlicher Umschlag der Bleche fehlt, die Mindestseitenüberdeckung wird nicht eingehalten. (Quelle: Christian Gilles)
Eine Nahaufnahme einer defekten Dachschindel auf einem Schieferdach.
Ein regelkonform eingebauter Halter im Schieferddach Deutsche Deckung Bogenschnitt. (Quelle: Christian Gilles)
Ein Schieferdach mit mehreren Befestigungen und einer Stange, umgeben von herbstlichen Bäumen und einem Dorf im Hintergrund.
Die Eindeckbleche wurden phantasievoll zugeschnitten und falsch eingebunden. (Quelle: Christian Gilles)
Vorbereitung zur Installation von Solarpanelen auf einem Schieferdach.
Die regelwidrige Einbindung der Haken in ein Bestandsdach mit Schieferdeckung ist auch aus der Luft deutlich erkennbar. (Quelle: Christian Gilles)

4.9 Einbauteile
1) Sicherheitsdachhaken, Stützen für Schneefangvorrichtungen oder Laufstege usw. müssen unter Verwendung von genügend breiten Blechen mit seitlichem Umschlag eingebaut und eingedeckt werden. Die Mindestüberdeckungen der angrenzenden Flächendeckung sind einzuhalten. Die seitlichen Überdeckungen müssen mindestens 100 mm betragen. Die Einbauteile müssen für den jeweils vorgesehenen Verwendungszweck geeignet und, wenn vorgeschrieben, zugelassen sein. Sie müssen außerdem nach der Deckunterlage und der Deckung gewählt werden.
(2) Die Einbauteile dürfen bei Belastung die Deckung nicht beschädigen. Hierzu können lastverteilende Unterlagen erforderlich sein.
© Regelwerk DDH, Version 8.2

Das in der Werkstatt vorgerichtete Blech mit seitlichem Umschlag wird auf der Dachfläche direkt über dem Sparren mittig ausgerichtet, auf der Schalung befestigt und der untere Verlauf des Bleches vor Montage manuell an die jeweilige Gebinde-Steigung der Dacheindeckung angepasst. Geeignete Materialien hierfür sind bei einer Schiefereindeckung unter anderem Aluminium (Mindestdicke 0,7 Millimeter, wie im Foto dargestellt) oder alternativ Blei in einer Mindestdicke von 1,25 Millimetern.

Ein spezielles Werkzeug zur Bearbeitung von Schieferplatten auf einem Dach.
Das in der Werkstatt vorgerichtete Blech mit seitlichem Umschlag wird auf der Dachfläche direkt über dem Sparren mittig ausgerichtet und kraftschlüssig im Sparren befestigt. (Quelle: Christian Gilles)

Häufiger Fehler: Schraube sitzt nur in der Schalung

Nun kann der Dachhaken bzw. der Halter der PV-Anlage gemäß Verlegeanleitung des Herstellers mit bauaufsichtlich zugelassenem Befestigungsmaterial, mindestens korrosionsgeschützt (feuerverzinkt), bei entsprechender Freibewitterung korrosionsbeständig, kraftschlüssig in den Sparren verschraubt werden.

3 Ausführung
3.1 Allgemeines

(1) Die Montage von Solaranlagen, einschließlich Anschluss von Durchdringungen, z.B. Verkabelung, Verrohrung, müssen entsprechend den jeweiligen Regelwerksteilen des Deutschen Dachdeckerhandwerks ausgeführt werden.
(2) Bei Lichteinwirkung auf PV-Module liegt sofort eine Spannung an, die je nach Größe und Schaltung der Module bis zu 1000 Volt betragen kann (Achtung: Lebensgefahr).
(3) Die Befestigung von Solaranlagen auf Dächern und an Außenwänden muss statisch geprüft und der Kraftverlauf bis in die Tragkonstruktion nachgewiesen werden.
© Regelwerk DDH, Version 8.2

Dann erfolgt das Beidecken der Schiefer unter Beachtung der erforderlichen Seiten und Höhenüberdeckung.

Die häufigsten Fehler sind also:
a) die nicht kraftschlüssige Verbindung durch den Sparren hindurch (Schraube sitzt nur in der Schalung)
b) die erforderlichen Mindestrandabstände zum Holz werden nicht eingehalten; insbesondere bei Altbauten sind vor Ausführung die Sparrenquerschnitte im Rahmen einer erforderlichen Prüfung der Vorleistung auf Eignung zu ermitteln sowie die Sparrenabstände im Bestand
c) die nicht fachgerechte Bearbeitung der Schiefer beim Wiedereindecken der Halter.

Eine Nahaufnahme einer Holzwand mit sichtbaren Schrauben und Maserung.
Ein klassischer Ausführungsfehler: Die Verschraubung ist nicht kraftschlüssig neben dem Sparren. (Quelle: Christian Gilles)
Ein Schieferdach mit mehreren Befestigungen und einer Stange, umgeben von herbstlichen Bäumen und einem Dorf im Hintergrund.
Die Eindeckbleche wurden phantasievoll zugeschnitten und falsch eingebunden. (Quelle: Christian Gilles)

Die Schadensbilder aus der täglichen Praxis als öffentlicher bestellter und vereidigter Sachverständiger zeigen, dass die Umsetzung der Vorgaben aus den gültigen Regelwerken oft an handwerklichem Sachverstand und mangelnder handwerklicher Fähigkeit am Markt agierenden Unternehmen ohne Sachkunde im Dachbereich scheitert. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, vor Auftragsvergabe bestehende Dächer auf Eignung zu prüfen und die beabsichtigte Art der Montage und Befestigung gewissenhaft zu überprüfen. Eine im Verhältnis zu den Gesamtkosten der Anlage überschaubare Investition in die sachkundige Beratung und Planung der Ausführung minimiert das Risiko eines jahrelangen kosten- und zeitintensiven Rechtsstreites, nach dem Motto „Vorher ist besser als teuer“.

Den kompletten Beitrag lesen Sie in DDH 03. 2025.

zuletzt editiert am 19. März 2025