Fahrzeuge: Immer mehr Betriebe planen Autos und Transporter mit Hybrid- oder Elektro-Antrieb anzuschaffen. Dazu gehört für viele eine eigene Wallbox auf dem Betriebsgelände. Das Angebot ist groß – wir erläutern, was Dachdecker beachten müssen.
Der Zuschuss für Ladesäulen gilt auch für Handwerker. Geklärt werden sollte, ob Zugangsbeschränkungen erforderlich sind sowie, ob gezapfte Kilowattstunden abgerechnet werden können. Hier ein Überblick, was beim Kauf zu beachten ist und welche Ausstattungsmerkmale es gibt. „An Sicherheit sollte keiner sparen“, weiß Ingenieur Christian Raach, Experte für Photovoltaik-Anlagen und Ladestationen bei der Firma ESS Kempfle in Leipheim. Der vormals gelernte Kfz-Mechatroniker sagt: „Wer eine Wallbox anschaffen will, sollte den Zustand der vorhandenen Elektrik prüfen“. Wer einen 1970-er Jahre Dachanschluss hat, könne maximal ein, bis zwei Ladestationen installieren. Besser haben es Betriebe, die per se viel Strom abnehmen und bei denen ein Trafo vor dem Haus steht. Zweiter Aspekt ist die Wegstrecke vom Zählerkasten, wo der Starkstromanschluss zu finden ist, bis zum Parkplatz. Je kürzer die Distanz bis zu den Ladestationen, desto besser.
Mit Haushaltssteckdosen sollte kein E-Auto geladen werden. Zu groß ist die Gefahr, dass sich Kabel, Stecker oder Dose überhitzen. Kabelbrand droht. Wallboxen müssen daher per Schutzvorrichtung gesichert sein; die Leistung sollte hoch sein. Ein Drehstromanschluss mit 32, besser 63 Ampere ist ideal. Ist der Wert niedriger, reicht an Anruf beim Energieversorger – er kann die Stromstärke ändern.
Doch E-Auto ist nicht gleich E-Auto. Je nach Batteriekapazität, Ladeleistung und Steckertyp ergeben sich unterschiedlich Anforderungen an den Ladevorgang. „Weil meist das E-Auto zuerst da ist, gilt es, die passende Wallbox für das neue Gefährt zu finden“, so Raach, der als Pionier in der Branche seit mehr als zwei Jahren über den Onlineshop „Greensol“ Wallboxen verschiedenster Hersteller und die nötige Installation anbietet. Der Profi empfiehlt einen dreiphasigen Ladevorgang. Da einphasiges laden in Deutschland nur bis 4,6 kW erlaubt ist, kann dreiphasig schneller und effektiver geladen werden. Bei Wallboxen momentan bis 22 kW.
Einsparungen bis zu 900 Euro möglich
Die meisten Handwerker wollen zudem gleich mehrere Ladestationen einrichten. Das macht Sinn, denn je mehr Ladepunkte ein Betrieb hat, umso höher kann er Fördermittel nach KfW 441 beanspruchen. Pro Ladepunkt sind Einsparungen bis zu 900 Euro möglich. Allerdings: „Liegen die Kosten einer Wallbox unter 900 Euro, wird die Förderung nur anteilig berechnet“, so der Ingenieur. Vor dem Kauf ist es also günstig zu wissen, wie viele Ladepunkte der Betrieb einrichten will. Auch lassen sich die Leistung für die Fahrzeuge festlegen und variieren. Stehen künftig mehrere Vehikel mit unterschiedlicher Ladepriorität auf dem Hof, hilft ein Lademanager. Er analysiert den Mobilitätsbedarf der Nutzer und verteilt die Energie bedarfsgerecht auf Elektrotransporter, E-Stapler und E-Autos.
Wissen sollten Handwerker auch: Werden Wallboxen über KfW gefördert, dürfen sie nicht frei zugänglich sein. Das Betriebsgelände sollte daher abschließbar sein. Ist dies nicht der Fall, ist eine Zugangsberechtigung an der Wallbox erforderlich. Wer nur ein Auto lädt, dem reicht ein Schlüsselschalter. Wer mehrere Autos mit Strom versorgen will, sollte den Zugang via RFID-System steuern. Entweder nutzen Chefs, Mitarbeiter und Besucher dann eine gemeinsame Ladekarte oder das Unternehmen stattet jedes E-Auto mit einer eigenen RFID-Karte aus. Wollen Betriebe den geladenen Strom nicht verschenken, sondern abrechnen, sollten die Wallboxen mit einem MID-Stromzähler ausgestattet sein. Dieser hält die europäischen Messgeräterichtlinien ein und erfasst den abgegebenen Strom exakt.
Wer noch mehr und sekundengenaue Infos über das Ladesystem will, sollte sich eine Backend-Anbindung gönnen. Mit ihr lassen sich alle Stationen in Echtzeit überwachen. Die passende Software zeichnet Ladevorgänge auf und liefert Statistiken. Via Webinterface können Kontrolleure direkt mit dem System interagieren. Denkt ein Handwerker darüber nach, produzierten Strom zu verkaufen, ist wiederum eine Abrechnungssoftware nötig. Sie erleichtere den Ablauf, rät die bayerische Kompetenzstelle für Elektromobilität (Bayern-innovativ).
Ladestation mit PV-Anlage kombinieren
Das E-Auto über eine Wallbox mit Solarstrom aus der eigenen PV-Anlage zu laden, macht durch aktuell steigende Strompreise und gleichzeitig sinkende Einspeisevergütungen immer mehr Sinn. Handwerker sollten für sich herausfinden, ob sie Solaroptimiertes- oder reines Überschuss-Laden wollen. Besteht bereits eine PV-Anlage, sollte deren Spezifikation bekannt sein. Für eine perfekte Steuerung muss die neue Ladestation über einen Wechselrichter in die PV-Anlage integrierbar sein. Experte Raach: „Durch eine dynamische Ansteuerung der Wallbox, lädt jedes E-Auto effizient. Sie passt auch den Ladestrom kontinuierlich an, je nachdem wie viel PV-Überschuss verfügbar ist“.
Dabei kann es sinnvoll sein, einen Smartmeter für den eigenen Regelkreis zu integrieren. Dieser digitale Stromzähler kann mit Hilfe eines eingebauten Kommunikationsmoduls helfen, Sonnenstrom besser und transparenter ins Stromnetz einzuspeisen. Außerdem hilft ein Smartmeter, Stromangebot und -nachfrage in Einklang zu bringen und so den Verbrauch zu senken. Zudem müssen Betriebe beim Einbau darauf achten, dass im hauseigenen Sicherungskasten Platz für die zusätzlichen Sicherungsautomaten vorhanden ist. Auch der Platz für eventuell notwendige FI Typ-B Schutzschalter sollte frei sein. Ist Platz da, werden pro Wallbox je eine 3-Polsicherung und ein FI-Schalter verbaut.

So lohnt sich Stromtanken mit eigener PV-Anlage
Ist E-Auto fahren für Handwerker tatsächlich günstiger als ein Verbrenner zu steuern? Bei den aktuellen Energiepreisen ist diese Antwort komplex. Denn Strom zu laden kann genauso teuer sein, wie den Verbrenner an der Tanke mit Diesel zu füllen.
Günstiger wird es erst, wenn der Strom auf der eigenen Photovoltaik-Anlage (PV) produziert wird. Dann kostet das Laden des E-Fahrzeugs fast nichts. „Allerdings nur, wenn der Sonnstrom direkt in den Auto-Akku fließt“, wie Christian Raach erklärt. Der Experte für Wallbox- und Speichertechnik von der Firma ESS-Kempfle aus dem bayerischen Leipheim spricht dann von „reinem Überschussladen“. Ohne das Puffern der Energie in einem Zwischenspeicher, wie er etwa im Hauskeller steht. Und auch ohne zusätzlichen Strom aus dem Netz. Doch damit Überschussladen gelingt, müssen Handwerker ein paar Aspekte beachten. „Die Schlüsselposition ist der Wechselrichter“, erklärt Ingenieur Raach. In diesem muss ein Energiezähler installiert sein. Dieser Smart-Meter erkennt, woher der Strom stammt: von der Photovoltaikanlage auf dem Dach oder aus dem Stromnetz. Zu sehen ist das über eine App, über die das gesamte System, bestehend aus PV-Anlage, Stromspeicher und Ladestation für das E-Auto, steuerbar sein kann.
Zweiter Aspekt ist die Größe der PV-Anlage. Denn diese produziert fast immer vorrangig Strom für den Hausgebrauch. „Egal ob Kühlschränke, Waschmaschinen oder CNC-Maschinen damit gespeist werden, der meiste Überschussstrom wandert direkt in Elektrogeräte, die ihn direkt verbrauchen“, so Raach. Soll nun noch das E-Auto geladen werden, sollte die PV-Anlage auf eine Leistung von mindestens fünf Kilowatt ausgelegt sein. Was einer Fläche von 10m² oder 12 Sonnenmodulen entspricht.
Akku-Größe ausschlaggebend
Wenn mancher E-Autobesitzer nun denkt, er kann seinen Akku nachts laden, weil die E-Geräte im Haus keine oder weniger Energie verbrauchen, irrt. Denn die am Tag bei Sonnenschein gewonnene Energie, die im Hausspeicher verharrt, sollte möglichst im Haushalt genutzt werden. Die Akku-Größe ist hierbei ausschlaggebend. Die reicht im meist nicht aus, um ein E-Auto aus dem Speicher zu laden. „Um ein Fahrzeug mit Elektroantrieb zu laden, sollte die Kapazität bei 50kW/h liegen“, sagt Raach, der früher selbst eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker absolviert hat. Gängige Hausspeicher haben allerdings nur eine Kapazität von 7,5 kW/h. Damit kann gerade einmal ein Siebtel der Autobatterie mit Strom gefüllt werden.
Wer trotzdem in der Nacht günstig Strom tanken will, der sollte an ein virtuelles Kraftwerk andocken. Die dorthin geschickte Sonnenenergie wird als Guthaben auf einem Stromkonto online gutgeschrieben und kann bei Bedarf abgehoben werden. Im Grunde wie auf einem Bankkonto. Hinter diesen auch als Cloud bezeichneten Kraftwerken stecken etliche, dezentrale PV-Anlagen, die in Summe mehrere Megawatt Leistung generieren.
Was ist also wichtig, um möglichst günstig Sonnenstrom zu tanken? Raach rät den Gesamtbedarf im Blick zu haben. Sprich Wärmepumpe und die Verbräuche weiterer E-Geräte hinzuzurechnen. Die Wallbox und das E-Auto demnach nicht gesondert zu betrachten, sondern alle Energieverbraucher einzubeziehen. Dementsprechend groß sollte die PV-Anlage auf dem Dach ausgelegt sein.
Wer überdies einen Dienstwagen fährt oder den Tankstrom anderweitig abrechnen will, sollte seiner Wallbox einen MID- oder einen eichrechtskonformen Zähler gönnen. Dieser muss geeicht sein und kann – ebenfalls bei vielen Anbietern via App – ausgelesen werden. Etwa indem die Software monatlich eine Excel-Liste generiert und diese wahlweise an den Arbeitgeber oder das Finanzamt schickt.
Ein weiterer nützlicher Hinweis betrifft die Wahl des Stromanbieters. Denn in der Regel müssen Eigennutzer rund ein Fünftel ihres Energiebedarfs zukaufen. Mal scheint die Sonne nicht oder der Strombedarf ist höher als geplant. Hier lohnt sich ein Blick auf die Tarife der Energieversorger. Denn Wallboxen lassen sich programmieren. Etwa auf Ladezeiten zwischen 22 und 2 Uhr. Findet sich hierzu ein passender Nachttarif, kann das Laden auch über eingekauften Strom günstig bleiben.
Bleibt die Frage nach der Investition. Eine Wallbox mit Montage und Programmierung kostet um die 2000 Euro. „Mit diesem Budget ist preisgünstiges, weil intelligentes Laden wie beschrieben möglich“, so Raach. Selbstbausätze für PV-Anlagen inklusive Unterkonstruktionen und Montagesets finden sich auf Onlineshops wie Greensol.de mit einer Leistung von bis zu zehn Kilowatt-peak ab 5800 Euro. Wichtig zu wissen: Seit Januar 2023 ist die Mehrwertsteuer auf PV-Installationen auf null gesetzt. Ein Vorsteuerabzug ist nicht möglich. Dafür sind die Produkte knapp 20 Prozent günstiger als im Vorjahr.
Michael Sudahl