Sachverständige und Versicherer schlagen Alarm, denn ein Großteil der montierten PV-Anlagen weist oft massive Befestigungsmängel auf. Gründe sind oft mangelnde Fachkenntnis und grobe Fahrlässigkeit der Monteure.
Rückblickend wurden in den letzten Jahren Solarstromanlagen überwiegend auf Industriegebäuden, landwirtschaftlich genutzten Objekten, Einkaufszentren und Wohnanlagen montiert. Ziel dieser Großprojekte ist ein möglichst hoher Ertrag der Anlage durch die Einspeisung ins Stromnetz. Der Anteil der Eigenverbrauchsanlagen auf Dächern von Eigenheimen ist dagegen im Verhältnis zu den Kapitalanlagen gering. Statistiken zeigen, dass montierte Photovoltaikanlagen auf Eigenheimen größtenteils mängelfrei auf den Dächern installiert sind - warum ist das so? Der Eigentümer eines Einfamilienhauses möchte Stromkosten sparen, sein Geld sicher und gewinnbringend anlegen und gleichzeitig einen Beitrag für den Umweltschutz leisten. Die Angebote und die Montage einer PV-Anlage bekommt der Bauherr in der Regel von einem Elektrofachbetrieb oder einem Dachdeckerbetrieb aus seiner Umgebung. Egal, wer den Auftrag erhält:
Elektromeister und Dachdeckermeister arbeiten meistens zusammen und stimmen ihren Leistungsumfang auf das jeweilige Gewerk ab. Bei größeren Projekten im Bereich der Industrie ist dies leider nicht immer der Fall. Vermeintliche Fachfirmen überschreiten ihre Kompetenz und nehmen Eingriff in die Dachkonstruktion - teils mit enormen Folgen.

Versicherungen zahlen bei Schäden durch Mängel nicht
Das Produkt Photovoltaikanlage besteht zu 80 % aus elektrischen Bauteilen wie Solarmodul, Stromleitungen und Wechselrichter. Die verbleibenden 20 % fallen auf die Montage der Unterkonstruktion und deren Befestigungsmittel. Die Deutschen Versicherer geben an, dass 60 bis 70 % der installierten Solaranlagen massive Mängel in der Befestigung aufweisen und somit nicht nach den Vorgaben der Fachregeln und der DIN ausgeführt sind. Eine nachgewiesene, nicht fachgerecht ausgeführte Bauweise nutzen die Versicherer verständlicherweise, um auftretende Schäden durch Mangelleistungen nicht regulieren zu müssen.
Häufige Fehler: Montage auf alten Dächern
Berücksichtigt sind in der vorgenannten Aufzählung noch nicht die Spätfolgen aus unfachmännisch installierten Dachanlagen auf älteren Dächern. Teilweise sind diese bereits einige Jahre alt und zum Teil sanierungsbedürftig, sollen jedoch eine Standzeit der PV-Anlage von mindestens 20 Jahren gewährleisten. Wartungsarbeiten sind nur begrenzt möglich, weil die Planung der Solaranlage zwar den Ertrag optimiert, für Wartungsgänge und Laufwege aber keinen Spielraum lässt.
Zu den häufigsten Fehlern zählen hier:
- Missachtung der Gebäudestatik sowie die Systemstatik der Solarstromanlage, eine falsche Verwendung der Unterkonstruktion,
- nicht auf die Dacheindeckung/Dachabdichtung abgestimmte Befestigungsmittel, keine Verwendung von Systemteilen im Bereich von Dachdurchdringungen
- Zerstörung der Luft- und Winddichtheitsebene bei Kabelführungen
- Vernachlässigung von Wind- und Schneelastenberechnung
- beschädigte Dachflächen nach den Montagearbeiten bis hin zum Funktionsverlust, Montage- und Ausführungsfehler,
- Missachtung der Standsicherheit und des Alterungsverhaltens von Dachflächen.
Ganze Anlagen werden in naher Zukunft zur Sanierung der Dachflächen demontiert und erneut montiert werden müssen. Hier kommen auf die Investoren und Betreiber in den kommenden Jahren schwer zu kalkulierende Folgeinvestitionen zu. Einer zwingend notwendigen fachlichen Bewertung der zu nutzenden Dachflächen wurde in der Vergangenheit zu wenig Bedeutung beigemessen - auch hier mit nicht messbaren Folgen.
Eingriff in die Dachkonstruktion
Das alles sind Fehler, die nicht die elektrischen Bauteile betreffen. Somit ist der Großteil der Mängel im Bereich der Montage, der Planung und nicht fachgerechten Verbindung zum Baukörper zu finden. Dies ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass während des Booms in der Solarbranche wegen zu niedriger Markteintrittshürden zu viele Montagefirmen mit mangelnder Eignung an der Ausführung vieler Anlagen beteiligt waren. An dieser Stelle sind natürlich auch die Handwerkskammern als Regulativ gefragt.
Schlussfolgernd ist festzustellen, dass die Planung und Montage einer Photovoltaik-Dachanlage in die Hände eines Fachbetriebes gehört. Die Montage von Solarstromanlagen ist bislang im Sinne der Handwerksordnung kein Gewerbe, sofern kein Eingriff in die Dachkonstruktion erfolgt. Demnach ist jeder zur Montage berechtigt, der diese „Montageleistungen“ als Unternehmenszweck angemeldet hat.
Das Deutsche Dachdeckerhandwerk schreibt in seinen Fachregeln vor, dass Energiegewinnungsflächen windsogsicher befestigt beziehungsweise verankert werden müssen. Das kann nur gewährleistet werden durch: Einsatz von Dachhaken im Steildachbereich, Montage von Stockschrauben in die Dachsparren und Dachpfetten, kraftschlüssige Verbindungen in die Unterkonstruktion, Mechanische Befestigungen auf Trapezblechdächern, Herstellen von fachgerechten Klebeverbindungen auf Dachabdichtungen. Daher ist die Errichtung einer Solaranlage bis auf wenige Ausnahmen immer ein Eingriff in die Dachkonstruktion und somit ein Gewerbe im Sinne der Handwerksordnung. Mit der schrittweisen Kürzung der Einspeisevergütung hat sich die „Goldgräberstimmung“ in der Solarbranche etwas gelegt. Der Markt sortiert und bereinigt sich und die Ansprüche werden höher. Solarstrom ist und bleibt ein fester Bestandteil der Erneuerbaren Energien. Um diese jedoch auf qualitativ hohem Niveau sicherzustellen, sollten die Beteiligten, allen voran die Investoren, ihr Augenmerk auf die Planung, Ausführung und Wartung durch autorisierte Fachfirmen legen.
Stefan Nowotsch