Zwei lächelnde Dachdecker, eine Frau und ein Mann, gemeinsam mit einem Photovoltaikmodul vor einem modernen Gebäude mit blauer Solarfassade.
Chiara und Luca Monteton mit einem PV-Modell, extra gebaut für den Besuch von Robert Habeck. (Quelle: DDH)

Porträts 2024-08-22T11:54:05.846Z Die Qualität ist gestiegen

Porträt: Seit Chiara und Luca Monteton ihre Dacharbeiten auf Instagram zeigen, hat das Unternehmen keine Nachwuchssorgen mehr. Der Besuch vor Robert Habeck hat sie in ihrer Ausrichtung für Solar und Gründächer bestärkt – trotz einiger Anfeindungen von Kunden und Handwerkern.

Wenn ich nach einem Dachdeckerbetrieb suchen müsste, würde ich bei Instagram schauen“, sagt Juniorchef Luca Monteton bei meinem Besuch im Bochumer Gewerbegebiet. „Dort kann ich zumindest sehen, wer welche Arbeit ausführt“, ergänzt er. Auf meinen erstaunten Blick hin ergänzt Schwester und Juniorchefin Chiara: „Dadurch, dass es auf Instagram permanent Kommentare und Bewertungen gibt – gerade von Handwerkern –, dann sieht doch der Besucher, was das für ein Unternehmen ist. Deshalb ist uns das wichtig. Das funktioniert sehr gut, seit Jahren schon.“ Deshalb hat der Dachdeckerbetrieb keine Nachwuchssorgen — im Gegenteil: „Wir könnten sofort fünf neue Azubis einstellen, aber das ist nicht unsere Philosophie. Wir wollen nachhaltig und sozial wachsen“, betont Chiara.

Wo der Seniorchef vor Jahren noch über E-Bay-Kleinanzeigen Mitarbeiter suchte, hat Chiara Monteton schon früh begriffen, dass Instagram der wichtigste Kanal in Sachen Nachwuchswerbung ist. „Es gibt konstant viele Anfragen. Das Wichtigste für uns ist aktuell, dass die Qualität der Mitarbeiter gestiegen ist. Wir haben richtig gute Leute bei uns“, ergänzt Luca.

Late to the party

Chiara kümmert sich bereits seit 2019 um ihren Instagram-Kanal und hat mittlerweile stolze über 154.000 Follower. Sie hat im Mai 2024 ihre Dachdeckermeisterin gemacht. Bruder Luca ist mit 25 Jahren das Küken der Chefetage. Er hat BWL studiert, nebenbei jahrelang im Familienunternehmen ausgeholfen und dann Lust gehabt, den Generationswechsel mitzugestalten. Die Kombi mit Chiara als Fachtechnikerin und Luca als „Zahlen-Mensch“ funktioniert. „Man sieht den Einstieg von Luca in der BWA – das sehen wir an unseren Zahlen“, lobt die zwei Jahre ältere Schwester. „Oft sind es tatsächlich kleine Stellschrauben, an denen ein Dachdeckerbetrieb sparen kann, zum Beispiel auch mal die Lieferantenpreise infrage stellen“, ergänzt Luca.

Doch so langsam ziehen auch die älteren Dachdeckerbetriebe nach und zeigen ihre Arbeit auf Instagram. „Dennoch gilt auch hier: Unsere Branche ist late to the party“, lacht Chiara.

Screenshot eines sozialen Media Profils einer lächelnden Dachdeckerin mit Angaben zu ihrem Beruf und persönlichen Interessen, umgeben von Symbolen, die mit Dachdeckerarbeiten zusammenhängen.
Täglich Neues von der Dachdeckerarbeit: Chiara zeigt, wie es funktionieren kann. (Quelle: Instagram)

Diskussion mit Robert Habeck

Seit rund anderthalb Jahren führen Chiara und Luca den Dachdeckerbetrieb eigenständig. „Es war ein langsamer Übergang, aber seit etwa einem Jahr sind wir komplett allein verantwortlich. Selbst die abendliche Mitarbeiter-Einteilung läuft jetzt über unsere WhatsApp-Gruppe, ohne dass unser Vater noch anruft“, so Luca.

Vater Ingo gründete das Unternehmen vor rund 30 Jahren. Vor etwa zwei Jahren hat das Unternehmen begonnen, sich auf Solar- und Gründach-Systeme zu spezialisieren. „Wir machen das schon seit vielen Jahren, aber seit 2022 haben wir eine eigene Firma für diesen Bereich gegründet, um uns stärker auf Photovoltaik und Gründach zu konzentrieren. Das hat uns auch im Marketing geholfen, weil es uns als Spezialisten in diesem Bereich positioniert“, erläutert Luca.

Eine bemerkenswerte Episode war der Besuch von Wirtschaftsminister Robert Habeck im Juni 2024. Der Aufwand war enorm, mit zahlreichen Sicherheitsvorkehrungen und Vorbereitungen. Dennoch war der Ministerbesuch eine gute Gelegenheit für das Team, sich und spezielle Dacharbeiten zu zeigen. „Wir hatten extra Gründach- und PV-Modelle gebaut, die anschaulich zeigen, wie Dachdecker als Klimahandwerker arbeiten, zudem stellten unsere Azubis ihre Projekte vor. Trotz der stressigen Umstände war Habeck offen für Fragen und bereit, sich der Kritik – zum Beispiel an den Solarteuren – zu stellen“, berichtet Chiara. Zudem sprach Luca die oft noch problematische Zusammenarbeit zwischen Dachdeckern und Elektrikern im Bereich der Photovoltaik an. „Es gibt noch keine einheitlichen Schulungen für beide Berufe, und es ist nicht einfach, geeignete Partner zu finden“, berichtet er.

Schockiert und überrascht waren beide über einige negative Online-Kommentare von anonymen Handwerkern zu Habecks Besuch. „Das war sehr unangenehm. Ich kann damit leben, wenn ich persönlich kritisiert werde, aber es ist inakzeptabel, wenn meine Familie oder meine Firma in Mitleidenschaft gezogen wird“, berichtet Luca. Chiara ergänzt: „Das Problem ist, dass das Internet es jedem erlaubt, zu schreiben, was er will. Unsere Branche ist ziemlich antigrün – Handwerker sind oft keine typischen Grünen-Wähler. Dennoch: Wer ein bisschen nachdenkt, sollte verstehen, dass es nicht unbedingt heißt, dass wir die Grünen wählen, nur weil wir einen Austausch mit Habeck hatten. Es geht vielmehr darum, dass wir als Handwerksbetrieb die Möglichkeit hatten, unsere Perspektiven einzubringen“, sagt Luca.

PV und Gründach als Schwerpunkte

Das Unternehmen setzt schon länger auf Nachhaltigkeit, seit rund zwei Jahren gibt es hierzu eine eigene Website: dachdecker-monteton.de. „Die Entscheidung, einen speziellen Bereich für Gründächer und Photovoltaik einzurichten, war ein logischer Schritt. Es war wichtig für uns, dies nicht nur als ein weiteres Angebot, sondern als Kernbereich unserer Arbeit zu etablieren“, so Luca. Solar macht mittlerweile rund 15 Prozent vom Auftragsvolumen aus, und der passende Elektrobetrieb ist jetzt auch gefunden.

Dennoch sind sich beide einig, dass die Dachbranche noch viel Nachholbedarf in Sachen Nachhaltigkeit hat. „Die ganzen Schweißbahnen kommen in Plastik – unnötig. Wir weisen die Kunden auf nachhaltige Produkte hin, aber im Grunde ist es vor allem beim Flachdach oft leider immer noch Sondermüll, den wir da verbauen“, wird Chiara deutlich. Alternativen zu Polyurethan, wie zum Beispiel Holzfaserdämmung, seien immer noch zu teuer, diese Mehrkosten ist der Kunde oft nicht bereit zu bezahlen.

Wertschätzung bis abends

Wenn die Juniorchefs im selben Alter wie die meisten Mitarbeiter sind, oder sogar noch jünger, besteht schon mal die Gefahr, dass die Mitarbeiter überziehen, sich die Grenzen verschieben? „Auf jeden Fall. Wir schätzen das kollegiale Arbeiten auf Augenhöhe und lassen bestimmt mehr durchgehen als mein Vater, aber es gibt Grenzen“, sagt Luca. „Wenn wir dann aus der Hose gehen, wird es schon richtig laut“, sagt Chiara.

Meistens ist die Stimmung jedoch entspannt, obwohl viel zu tun ist. Das geht sogar so weit, dass die Mitarbeiter abends fast schon vom Hof gejagt werden müssen. Chiara zeigt auf die Holzbank vor dem Eingang: „Die Mitarbeiter sitzen nach der Arbeit noch gerne hier bis 20.00 Uhr zusammen. Das ist für uns eine schöne Wertschätzung, auch wenn wir nicht immer dabei sind.“ Dazu passt, dass es ihnen von den bekannten Konkurrenz-Unternehmen recht leicht gemacht wird, den guten Ruf weiter auszubauen. „Wir wissen von Handwerksbetrieben mit 100 Mitarbeitern, die noch nicht mal das Fahrtgeld bezahlen oder den Lohn zu spät“, so Chiara.

Gut, dass das Team so jung aufgestellt ist und sich keine älteren Mitarbeiter mit digitalen Tools plagen müssen. Der älteste Dachdecker bei Monteton ist 45 Jahre alt. Die Umstellung auf ein nahezu papierloses Büro haben die Montetons vor Jahren schon vollzogen. Wichtig ist den jungen Chefs, dass sie alle auf jedes Dokument zugreifen können. „Wir drucken keine Lieferscheine mehr aus, es gibt nur noch digitale Abnahmeprotokolle. In allen Fahrzeugen sind Tablets installiert“, betont Luca.

Ausschreibungen oft mangelhaft

Monteton beteiligt sich auch an Ausschreibungen, die 15 Mitarbeiter müssen bezahlt werden. Das ist das Steckenpferd für den studierten BWLer Luca. „Du kannst in Deutschland leider immer noch rund 40 Seiten der Ausschreibung zur Seite legen. Zudem sind diese fachlich oft nicht auf dem neusten Stand“, bedauert Luca. Das heißt für ihn: Texte genau studieren, Korrekturen vornehmen und die Planer teilweise auf Missstände hinweisen. „Das dient auch unserer Absicherung. Wenn ich auf die Fehler nicht hinweise, habe ich später Probleme als ausführendes Unternehmen. Ich wüsste von keiner Ausschreibung in den letzten Jahren, die fehlerfrei war. Besonders ärgerlich, wenn wir im Vorfeld deren Arbeit machen und den Auftrag am Ende nicht bekommen“, ergänzt er. Abschließend hat Chiara noch einen praktischen Tipp parat: „Und es schadet nicht, wenn du dich mit der VOB beschäftigst, damit du auf Augenhöhe argumentieren kannst. Das habe ich in der Vorbereitung zur Meisterschule getan, und es hilft ungemein.“

zuletzt editiert am 28. August 2024