Digitalisierung: Dachdeckerbetriebe stehen unter Druck: Kunden erwarten schnelle Antworten, doch die Mitarbeiter sind oft mit Routineanfragen ausgelastet. Wir beschreiben, warum und wie ein interaktiver Avatar Dachdecker Sindermann die Arbeit abnimmt.
Auf der Homepage sieht man einen Mann, der einem freundlich zunickt und um ein Gespräch bittet. Die Person ist ein Avatar von DDM Dirk Sindermann aus Dortmund. Der Avatar übernimmt die Erstberatung und filtert gezielt relevante Anfragen heraus, sodass sich die Mitarbeiter auf komplexere Projekte konzentrieren können. Er fängt Kundenanfragen ab und selektiert diese. Dies spart Zeit und verbessert die Kundenbetreuung.
So weit die Idealvorstellung von Geschäftsführer Dirk Sindermann. Seit rund einem halben Jahr setzt der Unternehmer aus Dortmund auf diese neue Art von Kundenansprache – sein Ziel: „Unser Avatar nimmt uns die Routinefragen ab, sodass wir uns ganz auf unsere Kernaufgaben konzentrieren können“, sagt er. Der Fokus liegt klar auf Entlastung statt Showeffekt: Anders als reine Marketing-Gimmicks soll der Avatar keine Innovations-Show sein. „Es geht nicht darum zu zeigen, wie modern wir sind, sondern um Zeitersparnis“, so Sindermann. Der Avatar beantwortet typische Kundenfragen automatisiert, verweist gezielt auf relevante Formulare (etwa bei einem undichten Dach) und verschafft dem Team so mehr Zeit für die wesentlichen Aufgaben.
Doch wie ist die Resonanz der Kunden? Vor allem die der älteren Bauherren/Kunden? Reagieren diese nicht genervt oder fremdeln damit? „Unsere Erfahrungen sind durchweg positiv. Unsere Kunden bekommen sofort eine Antwort, und wenn es nötig ist, einen Experten an die Seite gestellt, allerdings könnte das Tool noch häufiger genutzt werden“, so Sindermann. Die Kunden werden von den Mitarbeiter:innen ganz gezielt auf den Avatar geführt. „Wir nehmen keine Reparaturaufträge per Telefon mehr an.“
Dachdeckermeister Dirk Sindermann hat das Tool nicht einfach nur erworben, sondern es gemeinsam mit einem von ihm beauftragten Softwareentwickler maßgeschneidert entwickelt – in dieser Art bisher einzigartig im Handwerk. Die Umsetzung erfolgte in enger Abstimmung, basierend auf konkreten Anforderungen aus der Praxis. Das Ergebnis: ein interaktiver Avatar, der durch moderne Sprachverarbeitung, individuellen Wissenstransfer und frei anpassbares Verhalten neue Maßstäbe in der digitalen Kundenkommunikation setzt. Anfangs zeigten sich die Entwickler noch skeptisch, doch nach den ersten Entwicklungserfolgen sprang der Funke über – heute sind alle Beteiligten mit Begeisterung bei der Weiterentwicklung dabei.
170 DIN-A4-Seiten Fachwissen
Während der Winterpause fütterte Sindermann das System mit rund 170 DIN-A4-Seiten Fachinhalten – darunter Informationen zu seinem Unternehmen, zum Regelwerk des Dachdeckerhandwerks, zur Struktur und Arbeit der Innung, der Landesverbände sowie des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), zu Produkten und relevanten DIN-Normen. Datenschutz, Seriosität und Manipulationssicherheit spielten dabei eine zentrale Rolle. Anfangs ließ sich der Avatar noch durch sogenannte „Jailbreaks“ manipulieren – inzwischen reagiert er souverän, auch auf provokante Fragen.
Härtetest von Dachdeckern
Während Endkunden eher zurückhaltend oder neugierig agieren, gingen Berufskollegen beim Praxistest in die Vollen. „Fragen zu Schwarzarbeit oder wer der beste Dachdecker Deutschlands sei – das war teilweise schon herausfordernd“, erinnert sich Sindermann lachend. Das daraus gewonnene Feedback floss direkt in die Weiterentwicklung ein.
Der Avatar hilft besonders dabei, wiederkehrende Standardfragen zu beantworten, ohne dass das Team ständig telefonisch oder per Mail eingreifen muss. „Wenn man die gleiche Frage zum 24. Mal hört, ist man kein Dienstleister mehr, sondern genervt. Der Avatar bleibt immer höflich und ist nie genervt, das ist auch ein Vorteil“, gibt Sindermann zu.
Es kann durchaus auch vorkommen, dass die Kunden sich mehr Zeit nehmen und eine persönliche Unterhaltung starten, die nun wirklich gar nichts mit dem Auftrag und dem Dachdeckerhandwerk zu tun hat. „Manche Leute erzählen dem Avatar alles, also Vorname, Nachname, Alter, wo sie wohnen. Die vergessen, dass das eine Maschine ist – das ist schon skurril“, berichtet der neue ZVDH-Vizepräsident.
Technik kann trainiert werden
Der Avatar basiert auf moderner KI-Technologie und kombiniert natürliche Sprachverarbeitung (NLP) mit einer umfassenden Wissensdatenbank. Jede Anfrage wird analysiert, relevante Informationen werden abgerufen und eine präzise Antwort generiert. Bei komplexeren Anliegen erfolgt automatisch eine Weiterleitung an einen Fachberater oder die Möglichkeit zur Terminvereinbarung. Dank maschinellen Lernens verbessert sich das System kontinuierlich. „Natürlich ist das ein Lernprozess. Wir prüfen regelmäßig, ob der Avatar technisch aktuell ist – oder ob er im Zweifel anfängt zu halluzinieren“, erklärt Sindermann.
Ausblick: Medienstudio und digitale Tools
Der Dachdeckermeister betreibt inzwischen ein eigenes kleines Medienstudio mit Greenscreen – nicht ausschließlich für den Avatar, sondern vor allem für die Produktion von Erklärvideos zu Angeboten. Diese Angebote erklärt er auf einem Touchdisplay, zeichnet die Präsentation als Video auf und stellt sie anschließend den Interessenten zur Verfügung. Darüber hinaus nutzt Sindermann den Raum auch für Teamfotos, Tonaufnahmen etwa für Podcasts und zur Weiterentwicklung des Avatars. Die Videoversion des Avatars erhält demnächst ein Update mit mehr Gestik und Lebendigkeit. Ergänzend dazu wird in Kürze ein weiteres KI-Tool – eine sprachgesteuerte, digitale Telefonassistentin – in die Testphase starten. Sie soll künftig erste Anfragen automatisiert entgegennehmen, relevante Informationen vorab erfassen und das Büro gezielt entlasten.
Der Avatar ist dabei kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, das die tägliche Arbeit spürbar erleichtert. Wer seine Kundenkommunikation modernisieren möchte, kann sich am Beispiel Bedachungen Sindermann orientieren – und den Avatar direkt in Aktion erleben: www.dachdecker-dortmund.de.