Ein Balkendiagramm zeigt die Zunahme der systematischen Gefährdungsbeurteilung in Betrieben von 2015 bis 2023/24.
Ein Balkendiagramm zeigt die Zunahme der systematischen Gefährdungsbeurteilung in Betrieben von 2015 bis 2023/24. (Quelle: DGUV)

Arbeitsschutz 2025-06-24T12:38:27.509Z Fortschritt, aber auch Nachholbedarf

Der systematische Schutz von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit hat in den vergangenen zehn Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Das ist das zentrale Ergebnis der aktuellen Betriebs- und Beschäftigtenbefragung im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) von Bund, Ländern und gesetzlicher Unfallversicherung. Ziel der GDA-Betriebs- und Beschäftigtenbefragung ist, ein aktuelles Bild der Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben im Arbeitsschutz zu gewinnen. Eine zentrale Rolle hierfür spielt die Beurteilung der Arbeitsbedingungen - kurz: Gefährdungsbeurteilung. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet die Arbeitgebenden, Risiken für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten am Arbeitsplatz zu beurteilen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und deren Wirksamkeit zu prüfen.

Anteil der Betriebe mit Gefährdungsbeurteilung deutlich gestiegen

Zwischen 2015 und 2023/24 stieg der Anteil der Betriebe, die laut eigenen Angaben Gefährdungsbeurteilungen durchführen, um 16 Prozentpunkte - bei Kleinstbetrieben sogar um fast 20 Prozentpunkte. Besonders bemerkenswert: Auch psychische Belastung wird inzwischen deutlich häufiger berücksichtigt. So gaben rund zwei Drittel der Betriebe mit Gefährdungsbeurteilung an, auch psychische Belastung wie Stress, Zeit- und Leistungsdruck zu berücksichtigen. Deutlich häufiger als vor zehn Jahren geben die Betriebe an, dass auch Mitarbeitende bei der Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden (79 Prozent gegenüber 68 Prozent).

Fortschritt in vielen Bereichen - aber in einigen Bereichen noch Handlungsbedarf

Auch andere Kennzahlen zeigen eine positive Entwicklung: Laut der Betriebe werden mehr Führungskräfte geschult, mehr Betriebe setzen Maßnahmen zur Gesundheitsförderung um, die Zusammenarbeit mit Betriebsräten läuft in den meisten Fällen sehr konstruktiv.

Gleichzeitig werden bestimmte Arbeitsschutzvorgaben noch nicht in allen Betrieben im gesetzlich geforderten Umfang umgesetzt. So nimmt rund ein Drittel der Betriebe nach wie vor keine Gefährdungsbeurteilung vor. Als Gründe hierfür werden angegeben, dass Gefährdungen mündlich besprochen würden, keine relevanten Gefährdungen vorlägen oder die Beschäftigten Risiken eigenständig erkennen würden. Beim Ausbau betriebsärztlicher Betreuung oder der strukturierten Kommunikation zu Arbeitsschutzthemen gibt es ebenfalls betrieblichen Nachholbedarf.

Nachholbedarf ergibt sich auch aus der Befragung der Beschäftigten. So geben zwar 85 Prozent der Befragten an, dass Sicherheitsmängel nach Meldung umgehend beseitigt werden. 59 Prozent sagen, ihr Betrieb tue genug, um langfristige gesundheitliche Belastungen zu minimieren. Aber 26 Prozent sagen, dass es keine Folgen habe, wenn arbeitsschutzrechtliche Vorgaben nicht eingehalten würden. Im Ergebnis kann trotz fortbestehender Defizite auf Basis der Befragungsergebnisse aber ein positiver Entwicklungstrend im betrieblichen Arbeitsschutz konstatiert werden.

Kernaussagen der Befragung in Kürze

  • Mehr Betriebe setzen auf systematische Gefährdungsbeurteilung: Anstieg von 52 Prozent (2015) auf 68 Prozent (2023/24), bei Kleinstbetrieben (bis 9 Mitarbeitende) sogar von 42 Prozent auf 61 Prozent.
  • Laut Befragung 2023/24 wurden Mitarbeitende häufiger in die durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen einbezogen als in der Erhebung 2015 angegeben (79 Prozent gegenüber 68 Prozent).
  • Regelwerk verständlich und anwendbar: 77 Prozent der Unternehmen finden die Vorschriften verständlich, 75 Prozent halten sie für gut umsetzbar. Auch auf Seiten der Beschäftigten wird das Regelwerk als gut verständlich und anwendbar wahrgenommen.
  • Ein hoher Anteil der befragten Beschäftigten gibt an, dass sie Beschwerden und Wünsche zum Arbeitsschutz im Betrieb einbringen können, betriebliche Regelungen zum Arbeitsschutz klar sind, es selbstverständlich ist, dass Sicherheitsmängel gemeldet und diese sofort beseitigt werden.
  • Ein hoher Anteil sieht auch das eigene Verhalten positiv - zum Beispiel die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften.
  • Nur die Hälfte gibt allerdings an, dass Arbeitsschutzfragen mindestens einmal jährlich in Besprechungen thematisiert werden. Ein Viertel der Befragten beobachtet zudem, dass es keine Konsequenzen hat, wenn im Betrieb Vorschriften nicht eingehalten werden.
zuletzt editiert am 29. Juli 2025