Bei der denkmalgerechten Sanierung von Gut Freiham in München kombinierten die Dachdecker der Firma Pesl traditionelle Verlegetechniken mit modernen Werkstoffen. So kamen an den Brandwänden Metallspangen statt Lattung zum Einsatz, der First wiederum ist klassisch aufgemörtelt. Sämtliche Wandanschlüsse sind mit Kupferschichtstücken ausgeführt.
Horst Pavel
Gut Freiham, im Westen der Stadt München im Stadtteil Aubing gelegen, hat eine wechselvolle, über 900jährige Geschichte. Ein Glücksfall für die Region war es, dass die Augustiner Brauerei sowie die Edith-Haberland-Stiftung das Areal erwarben und nun Zug um Zug die denkmalgeschützten Gebäude renovieren und mit neuem Leben erfüllen werden. Gut Freiham soll als Ausflugsziel ein Ort der Erholung für die Familie werden. Als „gelebtes Denkmal“ soll Gut Freiham so ein Stück Heimat bewahren, ohne zu einem Vergnügungspark á la Disneyland zu werden. Das Projekt gehört derzeit zu den größten denkmalpflegerischen Maßnahmen in Bayern. In den letzten Jahren hat sich bereits einiges getan. Die Heilig-Kreuz-Kirche, als Dorfkirche ein kleines Juwel des Barock, wurde bereits vor einigen Jahren saniert und mit einer neuen Glocke ausgestattet. Im Rahmen einer Generalsanierung konnte auch der Pferdestall mit seinem Kopfbau wieder seiner ursprünglichen Funktion zugeführt werden. Hier stehen nun die mächtigen Brauereirosse der Stiftung und warten auf ihren jährlichen Einsatz beim traditionellen Trachten- und Schützenzug zur Wiesn, dem Münchener Oktoberfest. Der nächste Umzug ist für 2022 vorgesehen. Eine alte Lagerhalle wurde zur Unterbringung von Kutschen, Bierwagen und der Prachtgeschirre für den Festzug umgebaut. Auch die Schnapsbrennerei wird wieder reaktiviert.
Abgestrebtes Pfettendach in Teilen restauriert
Als aktuelle Baustelle wurde kürzlich der ehemalige Ochsenstall fertiggestellt. Das Gebäude schließt den Wirtschaftshof im Nordosten ab und geht in seinen ältesten Bauteilen auf einen um 1800 erbauten Stall zurück. Zahlreiche Um- und Anbauten wurden nachfolgend durchgeführt. Ein Teil des ursprünglich zweiflügeligen Gebäudes wurde für eine Schnapsbrennerei abgetragen. Der Ochsenstall befand sich in einem sehr maroden Zustand. Das Gebäude mit einer Länge von ca. 56 m und einer Breite von ca. 13,3 m wurde komplett entkernt und die zu erhaltenden Außenwände aufwendig abgefangen und gestützt. Für seine neue Nutzung wurde das Gebäude unterkellert und neu fundamentiert. Durch über die alte, defekte Biberschwanzdeckung eingedrungene Feuchtigkeit war das abgestrebte Pfettendach als Dachtragwerk deutlich geschädigt. Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen wurde die alte Dachdeckung abgetragen und die aus denkmalpflegerischen Gründen erhaltenswerten Holzbauteile der Pfettendachkonstruktion durch die Zimmerei Frank aus München ergänzt und erneuert. Statisch bedeutsame Bauteile wie die Firstpfette sowie die Strebkonstruktion wurden durch Aufdopplung verstärkt. Zahlreiche Sparren sowie die Fußknotenpunkte und Pfetten mussten von den Zimmerern statisch ertüchtigt oder ganz ersetzt werden. Durch Feuchtigkeit sowie tierische Ausdünstungen über die Jahrzehnte waren die alten, auf den Außenwänden als Widerlager liegenden Böhmischen Kappendecken vollständig geschädigt. Als neue Deckenkonstruktion wurde eine Tonnendecke aus gebogenen Stahlträgern und einem Bodenbelag mit 80-mm-Bohlen eingezogen. Im Dachraum, der als Fasslager vorgesehen ist, wurden zu den Abstrebungen Bogenbinder paarweise eingebaut. Diese unterstützen zusätzlich die alte Tragkonstruktion und sind darüber hinaus auch ein gestalterisches Element im offenen Dachstuhl. Zum Wärmeschutz wurde eine Aufsparrendämmung verbaut und mit einer Zwischensparrendämmung sowie einer Dampfbremse ergänzt. Die Untersicht wurde mit auf Fuge verlegten Brettern auf Lattung bekleidet.
Rundschnittbiber im Format 18/38
Die Konstruktion des auf 5 m auskragenden Vordaches wurde ebenso abgetragen wie das kleine, markante Dachhäuschen. Beide Bauteile wurden ertüchtigt und wieder an Ort und Stelle eingebaut.
Nach der Abdeckung der Dachkonstruktion mit einer Unterdeckbahn konnten die Dacharbeiten beginnen. Mit den Dacharbeiten wurde das Unternehmen von Michael Pesl aus Putzbrunn beauftragt. Die Eindeckung erfolgte in Abstimmung mit der Denkmalpflege mit einem Biberschwanzziegel. Zum Einsatz kam ein 18/38 Biberschwanzziegel mit Rundschnitt sowie gebürsteter Oberfläche. Der Dachziegel in der Farbe Naturrot hat laut Hersteller eine hohe Scherbenrohdichte, die auch bei dünnerer Scherbendicke zu einer hohen Biegetragfähigkeit und Frostbeständigkeit führt. Die Biber wurden in Doppeldeckung verlegt, wobei durchschnittlich mit einem Lattenabstand von 160 mm eingeteilt wurde.
Mörtelbett für Brandwand und First
Auf den neu aufgemauerten und betonierten Brandwänden verlegten die Dachdecker die vorgenässten Biberschwanzziegel im Mörtelbett und einer Hilfslattung aus gelochtem Winkelprofil. Zusätzlich sicherten sie die Zuschnitte mit einer Kehl-/Gratklammer. Auch die Firste wurden nach Angabe der Denkmalpflege als Mörtelfirst ausgeführt. Hier sicherten die Dachdecker den First mit einem Bindedraht aus Kupfer und vermörtelten den konischen Mörtelfirst mit Dachdeckermörtel. Die konischen Firstziegel wurden in Mörtelleisten aufgesetzt, die zu beiden Dachseiten auf die firstseitigen Ziegel aufgetragen wurden. Da vollsattes Auftragen unzulässig ist, wurde der Mörtel am Firstziegel zu einer Tropfkante schräg nach innen abgezogen. Im lederharten Zustand kann der Verstrich kräftig nachgerieben werden, um entstehende Schwundrisse durch das Härten zu schließen. Am schmalen, unterliegenden Teil des konischen Firsts wurde ebenfalls ein Mörtelschlag aufgetragen und der nächste Firstziegel aufgesetzt sowie der heraustretende Mörtel sofort glatt mit der Kelle abgezogen. Die Wandanschlüsse der Deckung zu aufgehenden Bauteilen erfolgte mit Schichtstücken aus Kupfer, die auf der Traglatte befestigt wurden. Die Windsogsicherung der Dachdeckung erfolgte mit der Sturmklammer, abgestimmt auf die Dachlattenstärke. Die Sturmklammer ermöglicht eine einfache Befestigung der Biberschwanzziegel und verhindert dabei das Abrutschen des Dachziegels bei hohen Windlasten. Dabei wird die Sturmklammer aus korrosionsbeständigem Edelstahl ohne Werkzeug einfach bei Verlegung der Dachziegel in die Traglatte eingehängt und der nächste Biber eingeschoben.
Den kompletten Beitrag lesen Sie in DDH 11. 2021.