Flachdach: Nicht nur die ungewöhnliche Form und die schwache Tragschale des Daches der Alsterschwimmhalle stellten hohe Ansprüche an das Können der Dachdecker von Dach Schneider Weimar. Auch Unebenheiten galt es auszugleichen. Mithilfe von Versuchen auf Musterflächen und neuen Materialmixturen fanden die Beteiligten eine sichere Abdichtungslösung.
Wer einmal die Alsterschwimmhalle in Hamburg gesehen hat, vergisst sie so schnell nicht wieder – und das liegt vor allem an ihrem markanten Dach, das je nach Blickwinkel anders aussieht: gefaltet wie Schmetterlingsflügel oder auch wie eine außergewöhnliche Origamiform. Von 2020 bis 2023 wurde das Bad kernsaniert, baulich erweitert und technisch modernisiert. Die anspruchsvolle Dachinstandsetzung hat die Firma Dach Schneider Weimar GmbH vorgenommen, mit viel Fach-Know-how und Materialrecherche zusammen mit den Produktherstellern.
Wölbungen in der Dachfläche
Die Sanierung der Alsterschwimmhalle war ein Mammutprojekt, so heißt es auf der Webseite des Bades. Das lässt sich mit Fug und Recht auch über die Dachsanierung sagen. Denn das Dach der Alsterschwimmhalle ist als leichte doppelte hyperbolische Paraboloidschale konstruiert, getragen von nur drei Stützfüßen. Heißt: Hier verläuft die Dachfläche nirgends waagerecht, die Dachneigung variiert ständig und beträgt an der steilsten Stelle 37°. Zudem ist die freitragende Betondachschale sehr schmal, meist nur 8 cm dick. So kam schon aus statischen Gründen keine mechanische Befestigung bei der Sanierung infrage; Bohrungen waren im Projekt von vornherein untersagt. Weitere Vorgaben erwuchsen aus dem Denkmalschutz. Und weder in den DIN-Normen noch in der Flachdachrichtlinie ist ein so besonderes Dachprojekt wie dieses geregelt.
Die Firma Dach Schneider Weimar stellte sich der Herausforderung, wohlwissend, dass sich bei Sanierungen zu den bekannten Komplexitäten häufig neue gesellen. Ein einfaches Beispiel aus dem Projekt: Der Bauherr legte hohen Wert auf die Ebenheit der Dachfläche. Bei einer Besichtigung wurde schnell deutlich, dass die Schale beim Bau in den 1970er-Jahren „sehr freiförmig betoniert wurde“, so beschreibt es Michael Schneider, Geschäftsführer des ausführenden Unternehmens. Während die Dachfläche von Weitem sehr glatt aussehe, zeigten sich, aus der Nähe betrachtet, viele Unregelmäßigkeiten und Wölbungen.
Bitumenkaltkleber und Flüssigkunststoff-Spezialanfertigung
Bald jedoch stellte sich als größte Anforderung die Lagesicherung von Dämmung und Abdichtung heraus. Auf die ersten technischen Vorgespräche zwischen Auftraggeber, Planer und Dachdeckerunternehmen folgten zahlreiche weitere, dazu Materialtests mit den Abdichtungs- und Dämmstoffherstellern.
Der Hintergrund: Ursprünglich war der Bau mit Schaumglas gedämmt und mit einem Heißbitumenaufbau abgedichtet. Warum also nicht, schon im Sinne des Denkmalschutzes, einen ähnlichen Aufbau wählen? Michael Schneider berichtet, dass beim Nachbilden des konventionellen Aufbaus auf einer circa zwölf Quadratmeter großen Musterfläche auf dem Hallendach die Grenzen dieser Abdichtungsvariante deutlich wurden. Denn heute wird Heißbitumen ohne Oxidbitumen hergestellt und verfügt daher nicht mehr über die für die Dachneigung notwendige Wärmestandfestigkeit. Stattdessen floss der Heißbitumenaufbau im Test an den steilen Stellen einfach weg.
Schaumglasplatten für die Dämmung
Um eine Alternative zu finden, stellte das Dach-Schneider-Team auf seinem Firmengelände in Umpferstedt einen Dachabschnitt als 1:1-Modell nach und forschte gemeinsam mit dem Dämmstoffproduzent und dem Abdichtungshersteller an einem alternativen Aufbau.
In mehreren Workshops mit den Herstellern und dem Planungsbüro kristallisierte sich eine Lösung heraus. Für die Dämmung wurden Schaumglasplatten gewählt. Sie sind nicht brennbar, hoch druckfest sowie wasser- und dampfdicht. Sie lassen sich kalt verkleben und waren gut zu bearbeiten, sodass die Konturen der Hyperschalung exakt wiedergegeben werden konnten.
Für die Lagesicherung zeigte sich ein Bitumenkaltkleber als optimales Produkt. Der Kleber ist für die Kaltverklebung von Schaumglasplatten auf Beton und ausgewählten Bitumenbahnen geeignet, bietet sehr gute Standfestigkeit auf gekrümmten Oberflächen und kann in der dreikomponentigen Variante auch bei Dachneigungen ab 45° eingesetzt werden – genau die passenden Eigenschaften für das Projekt. Sowohl die Dämmung als auch die besandete Elastomerbitumenbahn als Trennlage wurden mit dem Kaltkleber gesichert.
Für die oberste Abdichtungslage entwickelte man eine Flüssigkunststoff-Spezialanfertigung: eine Verbindung eines PMMA-Abdichtungsharzes für die Flächen und einer thixotropierten, hochflexiblen Produktvariante, die schnell aushärtet, perfekt für steile und senkrechte Bereiche. Die Viskosität der neuen Mischung trug den besonderen Anforderungen Rechnung – sie war flüssig und gleichzeitig fest genug, um auf den geneigten Flächen eine dauerhaft sichere Abdichtungsschicht herzustellen. Auch die Kunststofffarbe Farbe RAL 9002 war eine Sonderanfertigung, mit der die farbliche Anmutung des Bauwerks möglichst erhalten bleiben konnte. Auf ein Flüssigkunststoff-Finish zur Glättung der Oberfläche verzichtete der Bauherr.
Nachdem der neu entwickelte Aufbau sich sowohl auf dem Modell und als auch im Test auf der Alsterschwimmhalle bewährt hatte, erteilten Planungsbüro und Auftraggeber die Freigabe. Am 2. Mai 2022 startete das Team von Dach Schneider Weimar mit der Sanierung.
Trennlage wurde mit gestoßenen Stößen kalt verklebt
Innerhalb der folgenden sechs Monate bekam die Alsterschwimmhalle einen neuen Dachaufbau, ganz nach Plan. Nach dem Rückbau des Altdachs wurde auf der Betonoberfläche eine temporäre Schutzlage verlegt, dann folgte die vollflächige, vollfugige Kaltverklebung der Schaumglasdämmung. Dass der Dämmstoff es ermöglichte, Unebenheiten auszugleichen, war sowohl für die erste Abdichtungslage als auch für die Flüssigkunststoffabdichtung von großem Nutzen.
Die Trennlage wurde mit gestoßenen Stößen kalt verklebt, anschließend wurden die Stöße mit der Kaltbitumenmasse abgespachtelt. Weil wegen der unregelmäßigen Dachgeometrie die Bahnen nicht in voller Länge parallel verlegt werden konnten, setzten die Verarbeiter häufig passgenaue Bahnenzuschnitte ein. So ließen sich starke Überlappungen vermeiden – für eine gleichmäßigere Oberfläche.
In der Logistik hatte sich das Dachdeckerunternehmen auf die dünne Betonschale eingestellt. Insgesamt durften nur 200 Quadratmeter für die Materiallagerung genutzt werden. Die Einzellastengrenze lag bei 100 kg/m2. Um die Lasten gut zu verteilen, bewegte das Dach-Schneider-Team jeweils nur halb gefüllte Paletten mit dem eigenen Turmdrehkran „portionsweise“ auf das Dach und hinunter.
Abdichtung in den Nachtstunden
Nein, es war nicht der Regen, wie der ein oder andere denken mag, der die größten witterungsbedingten Schwierigkeiten mit sich brachte. „Bis auf wenige überraschende Schauer, für die wir mit der Behelfsabdichtung gerüstet waren, hat uns das Hamburger Wetter 2022 glücklicherweise in die Karten gespielt“, berichtet Michael Schneider.
Stattdessen musste sichergestellt werden, dass die Sommerhitze der Verarbeitung des Flüssigkunststoffs keinen Strich durch die Rechnung machte. Denn der Flüssigkunststoff darf bei zu hohen Temperaturen nicht verarbeitet werden. Nach Rücksprache mit Abdichtungshersteller und genehmigt von der Stadt Hamburg, so Michael Schneider, wurden an sehr heißen Tagen die Arbeiten schließlich in die Nachtstunden verlegt und so die Verlegevorschriften eingehalten.
Abschluss just in time
Im Anschluss an die Flächenarbeiten auf dem Dach wurde noch die circa 300 Meter lange Attika als vorgehängte Fassade mit Putzträgerplatten und Flüssigkunststoffabdichtung erneuert. Auf der zementgebundenen Platte kam ein Primer zum Einsatz, ein PMMA-Harz zur Grundierung saugender Untergründe. Als Abdichtung wurde Flüssigkunststoff aufgetragen, sorgfältig überschliffen und mit einem Finish überarbeitet, sodass eine smoothe, glatte Oberfläche mit leichtem Glanz und in der gleichen Farbe wie die Dachfläche entstand.
Nach sechs Monaten war die Dachsanierung termingerecht und im veranschlagten Budgetrahmen beendet. Weitere Arbeiten anderer Gewerke standen noch aus, unter anderem die Decken- und Fliesenarbeiten, Trockenbaumaßnahmen in den Umkleiden und technische Installationen. Seit Ende 2023 ist die Schwimmhalle wieder geöffnet und zieht als modernes Sportzentrum mit faszinierendem Flair zahlreiche Besucher an.
