Dachdecker beobachten im Rahmen einer Fachtagung, wie ein Polystyrol-Dämmstoffrest in eine Presse geworfen wird
Interessiert beobachteten die Dachdecker die Arbeitsweise der mobilen „Styroporpresse". (Quelle: DDH)

Markt 29. June 2023 Nachhaltig, nachweisfrei, normgerecht

Mainz: Trotz Kaiserwetter hatten sich etliche Dachdeckerkollegen im Berufsbildungszentrum I der Handwerkskammer Rheinhessen eingefunden. Der Dachtag der Rheinland-Pfälzischen Dachdecker bot wieder eine gute Mischung aus Informationen über Neuigkeiten im Regelwerk, im Netzwerk und aus der Indurstrie.

Moderator und Initiator den Dachtages, Dachdeckermeister Herbert Gärtner, übergab nach den Grußworten von Landesinnungsmeister Johannes Lauer und Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer, Anja Obermann, das Mikrofon an Michael Stumpf. Der Beratungsingenieur der Deutschen Rockwool GmbH beschäftigte sich mit der Frage, inwieweit ein Dach überhaupt für die Installation einer PV-Anlage geeignet ist. „Wir können nicht durch Hand auflegen erkennen, ob die Wärmedämmung feucht ist“, warnte Stumpf. Man müsse sich bewusst darüber sein, dass durch die Installation einer Solaranlage der Lastabtrag von flächen- zu punktförmig erfolge. Aber nicht nur die Wärmedämmung müsse der Überprüfung des Dachdeckers standhalten. Welche Lebensdauer hat die Abdichtung? Ist die Dampfsperre funktionstauglich? Ist die Statik ausreichend? Nicht zuletzt müsse auch der Brandschutz betrachtet werden.
Ein neuer VDS-Leitfaden informiert dazu über versicherungsrechtliche Vorgaben.

Vortrag und Vorführung

Andreas Palli, Geschäftsführer von Haushaut, stellte mit seinem Mitarbeiter Matthias Große Neuigkeiten aus ihrem Portfolio vor. Neben optisch ansprechenden Lösungen für Dach und Fassade, bietet der Hersteller nun auch ein selbsttragendes Solardach an, das laut deren Aussagen lediglich eine Lattung als Tragkonstruktion benötigt.

Dr. Frank Ziebeil und Leif Ziebeil veranschaulichten in Wort und Tat, wie eine Rundum-Lösung zur Verwertung von Polystyrol-Dämmstoffen aussehen kann. Ziebeil erklärte, wie sich die Situation im Moment noch darstellt: Verpackungsmaterial wird viel recycelt. In dem von ihm entwickelten Verfahren wird verdichtetes EPS ohne HBCD direkt wieder der Produktion von neuem zugeführt. Aus HBCD-haltigem Polystyrol hingegen wird ein Granulat hergestellt, welches aufbereitet wird. Um diese Verfahren durchlaufen zu können, darf der Dämmstoff allerdings nicht mehr als sieben Gewichtsprozent Verunreinigung aufweisen. Nach der Einführung hatten die Dachdecker die Gelegenheit, die mobile Anlage, die direkt auf den Baustellen zum Einsatz kommt, vor Ort zu testen.

Grüner Button nachweisfrei

Als Mitglied des Fachausschusses oblag es Dachdecker- und Zimmerermeister Andreas Schmitz, die Neuerungen des Merkblattes Wärmeschutz vorzustellen. Schmitz klärte auf: Allein bei Nichtbeachtung der DIN 4108/3 hat der Verarbeiter einen Mangel erzeugt. Abweichungen von dieser technischen Regel können nicht einfach vereinbart werden. Dazu bedarf es einer Berechnung und damit einhergehender Haftung eines Fachingenieurs. Wenn der Dachdecker planerische Aufgaben übernimmt, muss er den Bauherrn darauf hinweisen, dass ein Lüftungskonzept vorhanden sein muss. Anhand der neuen farbigen Zeichnungen zeigte der Sachverständige, welche Dachaufbauten bei sorgfältiger Verarbeitung ohne vorhergehende Berechnung und ohne Gefahr später auftretender Komplikationen ausgeführt werden können.

Ein grüner Button weist den Weg. Sensible Aufbauten sind in Zukunft mit einem orangefarbenen Punkt gekennzeichnet. Alle berechneten Beispiele  wurden simuliert auf der Nordseite, somit fanden die ungünstigsten Parameter Anwendung. Dazu berücksichtigt man neu auch den Strahlungsabsorbtionsgrad des Deckmaterials.

Gelbdruck veröffentlicht

Zimmermeister Tilmann Glauner, Anwendungsberater bei BMI Braas, stellte die Frage, ist eine Aufdachdämmung Planung oder Zufall. Er machte Vorschläge für eine sichere Materialauswahl und gab Ausführungshinweise.

Dachdecker- und Zimmerermeister Andreas Schmitz
Andreas Schmitz zeigt sich erfreut über die neue Entwicklung: „Die Fachregel kann auch bunt!“ (Quelle: DDH)


Im letzten Beitrag des Dachtages gab Moderator Herbert Gärtner, o.b.u.v. Sachverständiger, Energieberater und Schimmelpilzexperte, Einblick in den Stand der Überarbeitung der Fachregel Abdichtungen, die nun im Gelbdruck vorliegt. Die Gliederung wurde aktualisiert und die Grundsätze zum Thema Gefälle angepasst. Hier fanden Toleranzen Berücksichtigung und es wurde die Möglichkeit zugelassen, in begründeten Fällen eine gefällelose Konstruktion auszuführen.

Landesinnungsmeister Johannes Lauer prüft die Festigkeit eines gepressten Styroporwürfels
Landesinnungsmeister Johannes Lauer prüft das Ergebnis. (Quelle: DDH)

Den ausführlichen Beitrag lesen Sie in DDH 09.2023.

Teilnehmer Dachtag
Die Teilnehmer nutzten die Zeit in den Pausen zum Netzwerken, von links: Christian Gilles, Martin Krick, Herbert Gärtner, Andreas Unger, Pierre Held. (Quelle: DDH)
zuletzt editiert am 21.07.2023