Die Verarbeitung von Schaumglas ist technisch anspruchsvoll. Missachtet man Teile der regelgerechten Ausführung, können fatale Fehler auftreten. Massiven Wassereinbruch hatte ein Bauherr in seiner Tiefgarage zu verzeichnen. Die Ursache: Multiple Mängel in der Abdichtung und eine völlig falsch verlegte Dämmebene.
Der Schaden: Der Bauherr zog einen Sachverständigen zurate, weil es in seiner Tiefgarage zum permanenten Wassereinbruch an einer der Außenwände gekommen war. Als Schadensbild zeichneten sich Laufspuren und deutlich erkennbare Verunreinigungen auf einer Breite von 6 m ab. Die Bausubstanz hatte schon leichten Schaden genommen: Durch die permanente Berührung mit Wasser war die vorhandene Farbe im Schadensbereich weggespült, ebenso weisen die Kalksandsteinwände und die Bodenplatte der Tiefgarage erste Ermüdungserscheinungen auf.
Die Analyse: Der Bauherr hatte bereits den betroffenen Bereich der Außenwand von der Außenseite her sowie den angrenzenden Bereich der Dachfläche öffnen lassen. Es wurde festgestellt, dass offenbar nachträglich auf der Außenseite der betroffenen Wand eine zweite Mauerscheibe angeordnet war und nicht, wie vermutet wurde, lediglich das Fenster zugemauert war. Die Dachfläche der Tiefgarage nutzt ein angrenzendes Lokal als Terrasse. Grobe Pflastersteine dienen im Wechsel mit Rasengittersteinen als Belag. In Teilbereichen wurde als Untergrund ein mit Armierung versehener Estrich verlegt. Die Abdichtung wurde mit Gummigranulatmatten vor mechanischen Einflüssen geschützt.
Unterhalb der Schaumglasplatten war Wasser
Das Öffnen der Abdichtung zeigte, dass unterhalb der Abdichtung stehendes Wasser vorhanden war. Die Abdichtung, bestehend aus einer mehrlagigen Anordnung von Bitumen-Schweißbahnen und einer Oberlage aus einer beschieferten Polymer-Bitumen-Schweißbahn, ließ sich problemlos von der Wärmedämmung aus Schaumglas ablösen. Schon dieser Umstand zeigt massive Verarbeitungsfehler der Werkstoffe. Kommt Schaumglas durch einen Schweißbrenner mit einer offenen Flamme in Berührung, wird die Oberflächenstruktur zerstört, da der Halt der Schaumpartikel untereinander zerstört wird. Aus diesem Grund soll bei der Anordnung von Bitumen-Schweißbahnen auf Schaumglas grundsätzlich zuvor ein Deckabstrich mit Heißbitumen erstellt werden. Die Ausführung der Plattenstöße ließ weiter den Verdacht aufkommen, dass hier anstelle von Heißbitumen ein bituminöser Kaltkleber verwendet worden ist. Das führte zusätzlich zu einer geringen Haftung der Schweißbahnen in den Bereichen. Die bituminösen Abdichtungslagen untereinander wurden nur unzureichend verschweißt. Erkennbar war dies daran, dass in dem Bereich der Schnittkanten Reste des Schriftbildes auf der Trennfolie der Bitumen-Schweißbahnen erkennbar waren. Der Rückbau der Wärmedämmung ergab, dass auch die Haftung der Schaumglasplatten auf dem Untergrund - hier eine weitere Bitumen-Schweißbahn - nicht gegeben war. Unterhalb der Schaumglasplatten war ebenfalls Wasser.
Bitumenbahn hochgezogen, aber nicht herumgeführt

Der Kaltkleber hatte infolge des „Verseifens“ durch ständigen Kontakt mit Wasser seine Klebekraft vollständig verloren. Der Rand der Tiefgaragendachfläche war vom Untergrund her mit einem betonierten Keil versehen. Hier war die erste Bitumen-Schweißbahn auf der Rohbetondecke zwar hochgezogen, nicht aber herumgeführt worden. Die eingedrungene Nässe konnte so nicht vollständig über den Randbereich ablaufen und verblieb so dauerhaft im Schichtenpaket. Wurde weiteres Wasser zugeführt, erhöhte sich der Wasserstand in dem Schichtenpaket soweit, dass es über den Betonkeil nach außen geführt wurde. Da allerdings nur die Abdichtung oberhalb der Wärmedämmung an der Außenwand - hier an der äußeren Scheibe - nach unten geführt war, konnte das Wasser zwischen den beiden Wandscheiben nach innen eindringen und so zum Schadensbild führen.Ursächlich für das Schadensbild konnte aber nicht die Abdichtung selber sein, da diese in der Fläche „augenscheinlich“ dicht war. Blieben die Rand- und Anschlussbereiche als Ursache übrig. Und hier wurde der Sachverständige schnell fündig. An einem Kantstein aus Beton, der den Bereich der Fläche der Tiefgarage von einem Gehweg abgrenzt, war ein einfaches Aluminium-Wandanschluss-profil, das an seiner Oberseite mit Silikon versiegelt war, angeschlossen. Die Versiegelung war vollständig abgängig, sodass hier Niederschlags- und Schmelzwasser ungehindert eindringen konnten.
Nicht verschlossene Fugen des Schaumglases
Auch die übrigen Anschlüsse am aufgehenden Mauerwerk waren auf ihrer ganzen Länge undicht. Das Mauerwerk bestand zu einem großen Teil aus weichem Sandstein, der bei anfallendem Niederschlag Wasser aufnimmt und nach unten leitet. Weite Teile der Anschlüsse waren an eben diesem Sandstein hochgeführt und lediglich mit einem einfachen Aluminium-Wandanschlussprofil an der Oberkante mechanisch fixiert. Da mit dem Sandstein direkt oberhalb ein Sockel ausgebildet war, konnten Niederschlags-, Spritz- und Schmelzwasser ungehindert eindringen. Die mangelnde Haftung der Abdichtung auf dem Schaumglas führte dazu, dass sich die eingedrungene Nässe weiträumig unter der Abdichtung verteilen konnte.
Unterläufigkeit der Wärmedämmung beachten
Über die nicht dicht verschlossenen Fugen des Schaumglases gelangte es zusätzlich unterhalb der Wärmedämmung, wo es zum Verseifen des Klebers führte. Dass sich keine Schäden in dem Bereich der Decke der Tiefgarage zeigten, war dem Umstand zu verdanken, dass die erste Lage Bitumen-Schweißbahn offenbar dicht war. Insgesamt muss festgestellt werden, dass ein eigentlich als hochwertig geltendes Abdichtungssystem versagt hat. Dies jedoch nicht aufgrund einer falschen Wahl des Systems, sondern infolge erheblicher Verarbeitungsmängel der einzelnen Werkstoffe. Die Unterläufigkeit der Wärmedämmung zeigt zudem sehr eindrucksvoll, dass Schaumglas seine Vorteile nur dann sicher ausspielen kann, wenn es vollflächig in Heißbitumen eingeschwemmt wird. Erkaltetes Heißbitumen als Kleber neigt im Gegensatz zu einem Kaltbitumenkleber nicht zum Verseifen. Eine Unterläufigkeit der Platten oder eine Weiterleitung zwischen den Platten im Stoßbereich kann so auf ein Minimum reduziert oder gänzlich ausgeschlossen werden.
Die Lösung: Die gesamte Dachfläche muss zurückgebaut werden. Durch die mangelnde Verbindung der Abdichtung zu den Schaumglasplatten wird es zum Abschmirgeln der oberen Schichten der Platten und zur Zerstörung der Bitumen-Schweißbahnen kommen, da hier einwirkende Schubkräfte mangels einer wirksamen Gleitschicht oberhalb der Abdichtung nicht abgeleitet werden. Die An- und Abschlüsse müssen ebenfalls vollständig erneuert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Hinterläufigkeit der Wandanschlüsse in den Bereichen, in denen sie an den Sandstein grenzen, vermieden wird. Dazu können konstruktive und zusätzlich chemische Maßnahmen genutzt werden.
Stefan Ibold