Eine Luftaufnahme von modernen Metalldächern eines Gebäudekomplexes, die geometrische Muster bilden.
Auf den Metalldächern öffentlicher Gebäude wurden Anschlageinrichtungen ohne bauaufsichtliche Zulassung montiert – die Sachverständigenprüfung in Wuppertal deckte die Mängel auf. (Quelle: Thomas Sobireg)

Flachdach 2025-11-24T14:11:56.701Z Der Haken mit der Sicherheit

Serie Sachverständige: Auf vielen Dächern entsprechen Anschlageinrichtungen nicht den geltenden technischen und baurechtlichen Vorgaben. Wir beschreiben die Schwachstellen – von fehlenden Zulassungen über veraltete Bauteile bis hin zu fehlerhaften Montagen.

Die sichere Ausführung von Arbeiten auf Dachflächen setzt eine sorgfältige Planung und regelkonforme Montage von Anschlageinrichtungen voraus. Insbesondere bei Flach-, Steil- und Metalldächern ergeben sich komplexe Anforderungen an die Auswahl, Zulassung und bauliche Integration von Einzelanschlagpunkten und Seilsystemen. Der vorliegende Beitrag beleuchtet typische Fehlerquellen und Risiken, wie sie im Rahmen einer Sachverständigenprüfung an einem öffentlichen Gebäude in Wuppertal festgestellt wurden.

Im Rahmen einer Sachverständigen-Prüfung wurden mehrere Anschlageinrichtungen auf unterschiedlichen Dachtypen öffentlicher Gebäude in Wuppertal begutachtet. Ziel der Untersuchung war die Bewertung der Zulässigkeit und Sicherheit der installierten Einzelanschlagpunkte (starr) sowie der überfahrbaren Seilsysteme (beweglich).

Die Prüfung erfolgte auf Grundlage der allgemein anerkannten Regeln der Technik, relevanter DIN-Normen, der DGUV-Informationen sowie der technischen Baubestimmungen.

Anlass der technischen Überprüfung war die Mitteilung der mit der Sachkundeprüfung beauftragten Fachfirma, wonach die verbauten permanenten Anschlageinrichtungen und Einbauteile (z. B. Sicherheitsdachhaken) weder über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) des DIBt noch über eine Zustimmung im Einzelfall durch die zuständige Landesbaubehörde verfügen. Darüber hinaus fehlt die CE-Kennzeichnung der Komponenten.

Ein Befestigungspunkt auf einem Flachdach, der zur Sicherung von Personen dient.
Anschlageinrichtungen auf unterschiedlichen Dachtypen öffentlicher Gebäude in Wuppertal: Die Prüfung zeigte erhebliche Mängel bei Planung und Zulassung. (Quelle: Thomas Sobireg)

Es fehlt die CE-Kennzeichnung der Komponenten.

Die untersuchten Gebäude weisen unterschiedliche Dachformen und Unterkonstruktionen auf. Festzustellen waren Flachdächer mit mehrlagiger Bitumenabdichtung, die als (Warmdach) Konstruktionen auf Betondecken ausgeführt sind, sowie flach und steilgeneigte Steildächer mit Dachziegeldeckung oder Metalldachdeckung (Trapez- oder Bördel-Falz) Bekleidungen.

Bei der Sachverständigenprüfung ist weiterhin festzustellen gewesen, dass eine Vielzahl von verschiedenen Anschlageinrichtungen, wie z.B. Sicherheitsdachhaken (DIN EN 517) auf Steildächern, Einzelanschlagpunkte auf Flachdächern, Überfahrbare Seilsysteme auf Metalldächern, auf den unterschiedlichsten Unterkonstruktionen durch verschiedene Fachhandwerker selbstständig geplant und ausgeführt worden sind.

Eine Dachentlüftung auf einem Flachdach, umgeben von Moos und Schatten.
Mehrere veraltete Anschlageinrichtungen auf dem Flachdach: Fehlende Dokumentation, unzureichende Abdichtung und fehlende Zulassungen machten eine Sperrung zwingend erforderlich. (Quelle: Thomas Sobireg)

Normative Anforderungen

DIN EN 795 – Prüfung von Anschlageinrichtungen

Die DIN EN 795 regelt die Prüfung von Anschlageinrichtungen hinsichtlich ihrer Belastbarkeit und Funktion. Sie unterscheidet zwischen Typ A (Einzelanschlagpunkte), Typ B (mobile Systeme), Typ C (Seilsysteme), Typ D (Schienensysteme) und Typ E (Gewichtssysteme). Wichtig: Diese Norm allein reicht nicht aus für die bauaufsichtliche Zulassung.

DIN EN 517 – Sicherheitsdachhaken

Sicherheitsdachhaken müssen gemäß DIN EN 517 CE-gekennzeichnet sein und eine ausreichende Tragfähigkeit aufweisen. Bei älteren Bauarten ohne CE-Kennzeichnung ist eine Nutzung unzulässig.

Bauordnungsrecht und DIBt-Zulassung

Seit 2015 gelten Anschlageinrichtungen als „Bauprodukte“ im Sinne der Landesbauordnungen. Damit ist eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) durch das DIBt oder eine Zustimmung im Einzelfall erforderlich. Alternativ kann eine europäisch technische Bewertung (ETA) vorliegen.

DGUV Information 201-056

Diese DGUV-Richtlinie beschreibt die Planungsgrundlagen für Anschlageinrichtungen auf Dächern. Sie fordert u. a.:

  • Nachweis der Tragfähigkeit
  • Regelmäßige Sachkundeprüfung
  • Dokumentation der Montage
  • Vorrang kollektiver Schutzmaßnahmen (z. B. Geländer)

Feststellungen aus der Sachverständigenüberprüfung

Nach einer visuellen Überprüfung vor Ort, sowie einer Drohnenbefahrung, da die Steildachflächen nicht direkt ohne Gefahr aufgrund der Sperrung der Anschlageinrichtung begutachtet werden konnten, erfolgte zuerst für die weiteren zu treffenden Feststellungen eine Sichtung der Planungsgrundlagen der ausgeführten Bauprodukte des Herstellers.

Aus diesen vom Hersteller der Bauprodukte übermittelten Dokumenten ist zu entnehmen, dass die angebotenen und später auch verbauten permanenten Anschlageinrichtungen bei den selbsttragenden Metalldachdächern gemäß der heranzuziehenden DIN EN 795 geprüft sind.

Eine allgemein bauaufsichtliche Zulassung (abZ) durch das DIBT oder eine Zustimmung im Einzelfall durch die Landesbaubehörde liegt gemäß den schriftlichen Mitteilungen des Herstellers nicht für diese ungeregelten Bauprodukte vor.

Der Hersteller verwies bei seinen Planungsunterlagen weiter darauf, dass eine Montage bei öffentlichen Gebäuden nicht zulässig sei. Trotz dieses Hinweises des Herstellers erfolgte die Montage bei den selbsttragenden Metalldachdächern.

Die Überprüfung bei den Flachdächern montierten Systeme ergab, dass die Systeme entweder veraltet oder nicht regelmäßig überprüft waren. Der Einbau erfolgte vor dem Jahr 2015. Bei den Steildachflächen war festzustellen, dass die verbauten Sicherheitsdachhaken sehr wahrscheinlich ca. mindestens vor bereits 50 Jahren also vor dem Jahr 2015 verbaut wurden und es deswegen keine Kennzeichnung oder Einbaudokumentation mehr gibt.

Ein Metallschloss mit der Aufschrift "GESPERRT" auf einem grauen, geriffelten Hintergrund.
Auf Metalldächern verbaute Anschlageinrichtungen ohne Zulassung: Die Sachverständigen sperrten die Systeme aus Sicherheitsgründen. (Quelle: Thomas Sobireg)

Keine allgemein bauaufsichtliche Zulassung (abZ) durch das DIBT

Die nach dem Jahr 2015 ausgeführten Montagen der ungeregelten Bauprodukte der permanenten Anschlageinrichtung auf den selbsttragenden Metalldachdächern der öffentlichen Gebäude sind nur nach der DIN EN 795 genormt und weisen keine allgemein bauaufsichtliche Zulassung (abZ) durch das DIBT oder eine Zustimmung im Einzelfall durch die Landesbaubehörde oder einer europäisch Technische Bewertung (ETA) auf.

Die durchgeführte Sperrung der für die Sachkundeprüfung beauftragten Fachfirma der verbauten permanenten Anschlageinrichtungen an den selbsttragenden Trapez- oder Bördelfalzdeckungen aus Metall ist richtig und entspricht den gültigen EU-Verordnungen seit dem Jahr 2015. Es ist ebenfalls davon auszugehen, dass entsprechend der Sachkundeprüfung der beauftragten Fachfirma auch die Sperrung der permanenten Anschlageinrichtung auf den Flachdächern und der Steildachflächen richtig war.

Entweder ist ein Rückbau und Austausch der gesperrten Anschlageinrichtungen durch zugelassene Bauprodukte durchzuführen oder es ist eine neue, technisch wirksame kollektive Schutzmaßnahme z. B. mit Geländern oder Arbeitsbühnen für die regelmäßigen Inspektions- und Wartungsarbeiten an den Flachdächern und den Steildachflächen zu planen. Insgesamt war die Sperrung der betroffenen Anschlageinrichtungen durch die Fachfirma fachlich korrekt und entspricht den geltenden EU-Verordnungen. Eine Nutzung ist ohne Zulassung und Nachweis der Tragfähigkeit nicht zulässig.

Folgendes Problem ist hier entstanden: Die technische Anlage auf den selbsttragenden Metalldachflächen des Fachbetriebes ist selbst geplant und erfolgte entgegen den Hingewiesen des Herstellers der ausgeführten Bauprodukte. Weiterhin hatte der Fachbetrieb in den letzten Jahren die Sachkundeprüfung auch für die jetzt stillgelegten Bestandsanlagen durchgeführt. Die jetzt festgestellten Abweichungen und Fehler wurden bei dieser Sachprüfung nie angeführt.

Tragfähigkeit von Anschlageinrichtungen hängt maßgeblich von der Art der Befestigung ab

Die Tragfähigkeit von Anschlageinrichtungen hängt maßgeblich von der Art der Befestigung und dem Untergrund ab. Bei Flachdächern muss die Verankerung in die tragende Konstruktion erfolgen – nicht nur in die Abdichtungsschicht. Weiterhin müssen Anschlageinrichtungen bei Flachdachkonstruktionen dauerhaft wasserdicht abgedichtet sein, um Feuchtigkeitseintrag und Korrosion zu vermeiden. Dies gilt insbesondere bei Durchdringungen auf Flachdächern. Bei Steildächern ist die Tragfähigkeit und die Maße der Dachsparren entscheidend.

Geländer, Arbeitsbühnen oder Schutznetze bieten einen höheren Sicherheitsstandard und sind gemäß DGUV vorrangig zu planen. Starre oder überfahrbare Anschlageinrichtungen sind nur dann zulässig, wenn kollektive Maßnahmen technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind.

Empfehlungen für die Praxis

  • Frühzeitige Abstimmung mit Herstellern und Sachverständigen zur Auswahl zugelassener Systeme
  • Dokumentation: Lückenlose Montage- und Prüfprotokolle
  • Prüfung: Regelmäßige Sachkundeprüfung durch qualifizierte Fachfirmen
  • Alternativen: Prüfung kollektiver Schutzmaßnahmen bei Neu- und Bestandsbauten

Den kompletten Beitrag lesen Sie in DDH 12. 2025

zuletzt editiert am 15. Dezember 2025