Photovoltaik: Viele Brände entstehen nicht durch defekte Produkte, sondern durch unsachgemäße Leitungsverlegung, fehlende Abschottungen oder unzureichenden Überspannungsschutz. Dachdecker müssen sich zunehmend mit Brandschutz bei Solar-Anlagen beschäftigen. Wir beschreiben die typischen Schwachstellen.
Photovoltaik-Anlagen auf Dächern gelten als wichtiger Bestandteil der Energiewende. Sie erzeugen klimaneutralen Strom, steigern die Unabhängigkeit vom Netz und können langfristig die Betriebskosten von Gebäuden senken. Gleichzeitig stellen sie jedoch besondere Anforderungen an Planung, Bauausführung und Wartung – insbesondere mit Blick auf den Brandschutz. Denn durch hohe Gleichspannungen, die Vielzahl elektrischer Komponenten sowie die Dachintegration entstehen spezifische Risiken, die es baurechtlich und technisch abzusichern gilt.
Ein fachgerecht installierter PV-Generator muss nicht nur stabil und langlebig sein, sondern auch die Entstehung und Ausbreitung von Bränden verhindern. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass Einsatzkräfte im Brandfall nicht gefährdet werden. In diesem Zusammenhang spielen gesetzliche Regelwerke ebenso eine Rolle wie Normen der Elektrotechnik und Vorgaben von Versicherern. Dieser Beitrag erläutert die relevanten Anforderungen, zeigt typische Schwachstellen auf und gibt Hinweise für die Umsetzung in der Dachpraxis.
Baurechtliche Grundlagen und Normenlage
Die Landesbauordnungen der Bundesländer – etwa § 14 LBO NRW – schreiben vor, dass bauliche Anlagen so zu errichten sind, dass die Entstehung und Ausbreitung von Feuer und Rauch wirksam verhindert wird. Photovoltaik-Module und deren Montagesysteme gelten in diesem Zusammenhang als sogenannte „Bauprodukte“ bzw. „Bauarten“. Damit unterliegen sie den Regelungen der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), die Nachweise zur Standsicherheit, zum Brandverhalten und zur baulichen Zulassung vorschreibt.
In Fokus stehen hier insbesondere:
- die Verwendbarkeit von PV-Modulen im Sinne des Bauordnungsrechts (Brandverhalten nach DIN EN 13501-1),
- die Einstufung von Montagesystemen als geregelte oder nicht geregelte Bauprodukte
- sowie die Zulassung von Durchdringungen und Abschottungen bei Leitungsführung durch Decken, Wände und Brandabschnitte.
In der Praxis bedeutet dies: Module und deren Befestigungen benötigen entweder eine harmonisierte CE-Kennzeichnung mit Leistungsnachweis oder eine nationale Zulassung wie eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) oder ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP).

Technische Risiken durch unsachgemäße Ausführung
Neben den baurechtlichen Aspekten besteht eine besondere Herausforderung im technischen Aufbau und der fachgerechten Montage der Anlage. Zahlreiche Schäden an PV-Anlagen in den vergangenen Jahren zeigen, dass Brandereignisse häufig nicht auf Produktfehler, sondern auf Montagefehler zurückzuführen sind.
Typische Schwachstellen sind:
- Nicht geschützte DC-Leitungen, die ohne Abstand zu scharfen Kanten verlegt werden, können durchscheuern. Daraus resultieren Isolationsfehler mit Lichtbogengefahr.
- Inkompatible Steckverbinder, etwa von unterschiedlichen Herstellern oder fehlerhaft gecrimpt, führen zu Übergangswiderständen. Diese erhitzen sich im Betrieb und sind potenzielle Zündquellen.
- Fehlende Ballastierungsnachweise auf Flachdächern oder lose verlegte Module können bei Windereignissen abrutschen oder kippen. Dabei werden häufig auch Kabel abgerissen – ein erhebliches Risiko für Lichtbögen oder Kurzschlüsse.
- Unzureichender Potenzialausgleich oder fehlende Erdung der Unterkonstruktion verhindern das sichere Ableiten von Fehlerströmen.
- Unzureichende Dokumentation führt dazu, dass im Brandfall keine schnelle Abschaltung der DC-Strings möglich ist – mit Gefährdung der Feuerwehr.
Ein weiterer Risikofaktor ist die Kombination aus stark reflektierenden Dachflächen, wärmespeichernden Dämmschichten und hoher DC-Leistung. Ohne ausreichende Hinterlüftung und ohne intelligente Steuerung der Anlage (zum Beispiel mit Abschaltvorrichtungen oder Lichtbogenerkennung) kann sich die Gefahr weiter potenzieren.
Fachgerechte Leitungsverlegung und Abschottung
Die VDE-Normen (insbesondere VDE 0100-712 sowie VDE-AR-E 2100-712) definieren klare Anforderungen an die elektrische Sicherheit von PV-Anlagen. Besonders sensibel ist die Leitungsverlegung auf dem Dach und innerhalb des Gebäudes.
DC-Leitungen sind grundsätzlich als doppelt isolierte Leitungen auszuführen. Verlegt werden sie in Systemen, die mechanischen Schutz gewährleisten und UV-beständig sind. Befestigung mit nicht alterungsbeständigen Kabelbindern oder offenen Drahtbügeln ist unzulässig. Wichtig ist auch die Vermeidung sogenannter Leiterschleifen – also großflächiger, nicht parallel geführter Plus- und Minusleitungen –, da sie durch Induktion zu unkontrollierten Spannungsfeldern führen können.
Ein neuralgischer Punkt ist die Gebäudeeinführung. Werden Leitungen durch Brandabschnitte geführt, muss eine brandschutztechnisch geprüfte Abschottung mit Kennzeichnung eingesetzt werden. Nach MVV TB sind hier Lösungen erforderlich, die über eine Zulassung verfügen. Fehlende oder improvisierte Abschottungen sind ein erheblicher Mangel, der zu Versicherungsproblemen und im Schadensfall zur Gefährdung von Menschen führen kann.

Technische Schutzmaßnahmen zur Brandprävention
Ergänzend zur baulichen Sicherheit fordern Normen und Regelwerke den Einbau technischer Schutzmaßnahmen. Der Überspannungsschutz (SPD) ist verpflichtend und muss möglichst nahe der Gebäudeeinführung der DC-Leitungen platziert werden. Auf der Netzseite im Zählerschrank ist ebenfalls ein SPD erforderlich, der den Anforderungen aus VDE 0100-443 und -534 genügt.
Zur Überwachung der Anlage werden zunehmend Lichtbogenerkennungssysteme (AFDD/AFCI) eingesetzt. Diese erkennen serielle Lichtbögen im DC-Kreis und schalten den betroffenen Stromkreis automatisch ab. Auch Isolationsüberwachungssysteme, die permanent den Zustand der Leitungen kontrollieren, sind Stand der Technik – insbesondere bei gewerblichen Anlagen.
Im Rahmen des abwehrenden Brandschutzes sind zudem organisatorische Maßnahmen zu beachten: Alle Komponenten der PV-Anlage – Strings, Wechselrichter, Trennstellen – müssen eindeutig beschriftet sein. Ein aktueller Übersichtsplan mit Lage der PV-Module und der DC-Leitungsführung am und im Gebäude sollte im Technikraum oder am Hausanschluss zugänglich aufbewahrt werden.
Den kompletten Beitrag lesen Sie in DDH 08.2025.