Martin Weihsweiler, Vorsitzender des ZVDH-Ausschusses Nachhaltigkeit (Quelle: DDH)

Nachhaltigkeit 2025-12-03T14:20:45.516Z Nachhaltigkeit neu gedacht

Interview: Die Zukunft des Dachdeckerhandwerks ist klimaorientiert, vielseitig und nachhaltig – davon ist DDM Martin Weihsweiler, Vorsitzender des ZVDH-Ausschusses Nachhaltigkeit, überzeugt. Im Interview spricht er über die Fortschritte bei nachhaltigen Produkten, gesellschaftliche Herausforderungen und warum Dachdecker längst mehr sind als nur Handwerker.

Herr Weihsweiler, wie hat sich der Ausschuss für Nachhaltigkeit seit Anfang 2021 weiterentwickelt?

Martin Weihsweiler: Strukturell hat sich der Ausschuss nicht verändert. Allerdings konnten wir uns personell über Zuwachs freuen, etwa durch das neue Mitglied Timo Markert aus Bayern. Der Ausschuss bleibt weiterhin offen für Interessierte, die wir gerne zu einem gegenseitigen Kennenlernen einladen.
Inhaltlich sind neue Themen hinzugekommen, die sowohl aus gesellschaftlichen Anforderungen als auch durch erhöhtes Interesse unserer Kollegen entstehen. Besonders spannend ist die zunehmende Zusammenarbeit innerhalb der Klimahandwerksberufe, etwa zwischen Dachdecker und Haustechniker.

Welche Fortschritte wurden bei den acht ursprünglich formulierten Nachhaltigkeitszielen gemacht?

Ein zentraler Punkt war, das Dachdeckerhandwerk als Klimahandwerk zu positionieren. Hier zeigt sich vor allem in der sozialen Medienarbeit, dass wir Schritte in die richtige Richtung machen. Ein schönes Beispiel ist ein Workshop an einem Gymnasium, bei dem ich mich erstmalig als Klimahandwerker vorgestellt habe. Die Resonanz war beeindruckend: Während sich vorher nur wenige für den Beruf des Dachdeckers interessierten, waren es für das Klimahandwerk plötzlich über 30 Teilnehmer.
Auch soziale Nachhaltigkeit durch die Ausbildungsarbeit im Handwerk wird betont – besonders durch junge Kolleginnen und Kollegen, die aktiv in sozialen Medien und Schulen kommunizieren. Im Bereich ressourcenschonendes Bauen und Recycling konnten wir in unseren Vorträgen „nachhaltige Betriebsführung“ darauf hinweisen, jedoch fehlt hier noch die breite Außenwirkung.

Gibt es messbare Erfolge bei der Entwicklung nachhaltiger Produkte oder Anwendungen?

Im Bereich der Indach-Anlagen für Photovoltaik ließen sich erste Ergebnisse verzeichnen, doch hier besteht weiterhin viel Potenzial nach oben. Positiv ist, dass wir auf ZVDH-Ebene das Institut für Dach- und Fassadentechnik gegründet haben. Ziel davon ist, die Entwicklung nachhaltiger Produkte in Zusammenarbeit mit der Industrie voranzutreiben.

Hat sich das Image des Dachdeckers als Klimahandwerker verbessert?

Hier bin ich ehrlich gesagt zwiegespalten. Es gibt politische Treffen, etwa mit der Bauministerin von NRW, bei denen wichtige Themen angesprochen wurden, doch fehlt oft eine Integration von uns Klimahandwerkern in die Diskussionen. Auf sozialer Ebene und in Schulen gibt es Fortschritte, aber entscheidende medienwirksame Impulse vermisst man leider – und hier sehe ich selbst die Verantwortung unserer Verbände.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Nachwuchswerbung?

Das Thema wird insbesondere in Landesverbänden wie BaWü oder NRW angesprochen. Auf ZVDH-Ebene gibt es definitiv Luft nach oben. Es findet intern Kommunikation statt, aber wir müssen verstärkt nach außen hin für Aufmerksamkeit sorgen.

Gibt es konkrete Leitlinien oder Handlungsempfehlungen für Mitgliedsbetriebe?

Ja, wir haben beispielsweise einen Leitfaden zu Dämmstoffen erstellt. Er bietet eine Übersicht über die verschiedenen Dämmstoffarten, deren Eigenschaften, Anwendungsmöglichkeiten und Recyclingfähigkeit. Ziel ist es, Betrieben sowohl bei der Kundenberatung als auch bei der Planung zu helfen. Weiterhin wurden nachhaltige Ansätze wie Dachbegrünung in der neuen Flachdachrichtlinie betont.

Gab es Zusammenarbeit mit anderen Gewerken im Bereich Nachhaltigkeit?

Eine strukturelle Kooperation hinsichtlich Nachhaltigkeitsstrategien ist mir nicht bekannt. Dennoch gibt es im Alltagsgeschäft eine enge Zusammenarbeit, besonders mit Holzbauern, Elektrikern und SHK-Kollegen. Dies zeigt, dass im Handwerk praktische Synergien bereits üblich sind.

Was wollen Sie in den nächsten zwei Jahren im Ausschuss besonders vorantreiben?

Ein zentrales Thema bleibt für mich die Nachwuchsgewinnung – nicht nur als Klimahandwerker, sondern auch wegen der Vielseitigkeit unseres Berufs. Außerdem ist es entscheidend, dass Politik uns Dachdecker als Klimahandwerker besser wahrnimmt und entsprechend unterstützt. Leider mangelt es hier noch an Engagement der Verbände, sowohl auf Landes- als auch Bundesebene.
Wenn man bedenkt, dass wir über 60.000 Dachdeckerinnen und Dachdecker in Deutschland sind, können wir bei den Themen Klimahandwerk und Nachhaltigkeit auch von der Basis noch viel mehr Aufmerksamkeit erreichen. Wir müssen es nur tun.

zuletzt editiert am 10. Dezember 2025