Schäden: Versprödete Lichtplatten sind tickende Zeitbomben – schon Graupel oder große Regentropfen können Löcher reißen. Dachdecker, die Wartungen konsequent durchführen und Schäden klar einordnen, sichern Bauherren ab und schützen sich selbst vor Ärger mit Versicherern.
Kaum ein Thema ist bei Hagelereignissen umstrittener als Beschädigungen an Lichtbändern oder besser an Hohlkammerplatten bei Lichtbändern und oft bei Wintergärten. Gerne möchte ich hierzu noch weitere Gedanken einbringen, die weder in dem Aufsatz von Walter Holzapfel noch in dem Artikel des Kollegen Christian Richter (DDH 8.2025) zur Sprache kommen.
Die standardmäßige Lebenserwartung von Polycarbonat-Lichtplatten wird seitens der Hersteller mit 12 bis 14 Jahren angegeben. Das wird damit begründet, dass der Standard-UV-Schutz eine Schichtdicke von 40 µ hat. Witterungsbedingt werden jährlich circa 3 µ abgetragen. Somit ist der UV-Schutz nach circa 14 Jahren Liegezeit vollständig abgetragen. Wenn Reinigungen an den Lichtplatten vorgenommen wurden, kann es gegebenenfalls noch schneller geschehen. Ist der UV-Schutz abgetragen, erhöht sich die Versprödung der Platten deutlich. In der Folge reichen schon geringere mechanische Einflüsse aus, um zu einem Schaden zu führen.
Hagel oder Graupel?
Aus versicherungstechnischer und meteorologischer Sicht muss zwischen Hagel und Graupel unterschieden werden. Graupel hat eine deutlich geringere kinetische Energie, wenn er auf eine vorgeschädigte Hohlkammerplatte auftrifft, kann aber bei den versprödeten Platten eine ausgeprägte Lochbildung hervorrufen. Bei extrem versprödeten Platten können schon große Regentropfen ausreichen.
Auf der Webseite www.hagelregister.ch werden Hagelwiderstandsklassen HW 1 = 1 Zentimeter Durchmesser Hagelkorn bis HW 5 = 5 Zentimeter Durchmesser Hagelkorn beschrieben. Aufgrund dieser Einstufungen wurden verschiedene Herstellerprodukte geprüft und eingestuft. Dabei werden die Werte ausschließlich für neue Produkte angenommen. Insofern muss der Versicherer für eine Beurteilung eines Schadens auch die Hagelkorngröße im Rahmen einer meteorologischen Anfrage bestimmen lassen.
Bei Schäden an Lichtbändern kommt allerdings noch ein weiterer Effekt hinzu. Die Hohlkammerplatten sind gebogen, was auf der Außenseite der Platten Spannungen erzeugt. Je nach Größe/Länge des Lichtbandes kommen zusätzlich noch Spannungen durch thermische Längenänderungen sowie durch die gesamte Dachkonstruktion hinzu, die teilweise in die Platten eingeleitet und dort abgebaut werden müssen. Zu erkennen sind diese Spannungen an Rissbildungen, die parallel zu den Spannbändern verlaufen.
Zulassung vonnöten
Insbesondere bei Lichtbändern muss seitens der Hersteller eine bauaufsichtliche Zulassung vorliegen. In den, dem Autor bekannten, Zulassungen wird unter anderem ausgeführt:
4 Bestimmungen für Nutzung, Unterhaltung und Wartung
- Für die Wartungsarbeiten gelten die Vorschriften des Abschnitts 3.3.2 sinngemäß.
- Im Rahmen der Zustandskontrolle des Lichtbandes durch den Bauherrn sind nach vier Jahren und dann im Abstand von zwei Jahren die Stegplatten auf ihren äußeren Zustand zu überprüfen.
- Werden Risse oder starke Verfärbungen festgestellt, ist in Abstimmung mit dem Antragsteller ein Sachverständiger für Kunststoffkonstruktionen hinzuzuziehen. Der Bauherr ist auf diese Bestimmung ausdrücklich hinzuweisen.
Eine solche Überprüfung ist dann ohnehin erforderlich, wenn in den Lichtbändern RWA-Anlagen verbaut sind. Diese müssen in regelmäßigen Abständen gewartet werden, was in der Regel auch mit einer Überprüfung der Anlagen von der Dachfläche aus erfolgen muss. Mithin muss der Bauherr im Rahmen der Überprüfung von den Prüfern auf den Zustand der Platten hingewiesen werden. Der Bauherr ist verpflichtet, sein Objekt in einem versicherungsfähigen Zustand zu erhalten. Nach hiesiger Auffassung gehören die regelmäßigen Überprüfungen der Hohlkammerplatten und deren gegebenenfalls notwendiger Austausch bei deutlichen Veränderungen der Oberfläche der Hohlkammerplatten dazu.
Während der Untersuchung eines behaupteten Hagelschadens muss der Sachverständige auch überprüfen, ob es sich um ein einmaliges Ereignis oder eventuell um ein kumuliertes Schadenbild handelt oder handeln könnte. Zu erkennen ist das an unterschiedlichen Graden der Verschmutzung, zum Beispiel an den Bruchkanten. Lassen sich extrem unterschiedliche Grade der Verschmutzungen erkennen, so kann der Sachverständige eher davon ausgehen, dass Hagel nicht allein das auslösende Moment für den Schaden ist bzw. ein Mehrfachereignis vorgelegen hat. Diesen Umstand sollte er dem Versicherer bewertungsneutral zur Kenntnis geben.
Meine persönliche Meinung:
Die Idee einer Versicherung ist die wirtschaftliche Unterstützung bei einem unabwendbaren witterungsbedingten Schadeneintritt. Diese Idee wird leider seitens einiger Versicherungsnehmer immer wieder ausgenutzt. Unterstützt – oft unfreiwillig und aus Unwissenheit, aber auch aus wirtschaftlichem Interesse – werden sie dabei von Personen, die aus dem Schaden einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen wollen. Weiter konterkariert wird die Idee durch Gerichtsentscheidungen, die darauf abzielen, dass unabhängig vom Zustand des Bauobjekts oder des Bauteils dann ein Schaden durch den Versicherer zu vergüten ist, wenn das letzte Ereignis zum dann eingetretenen Schaden geführt hat. Schon der/ein versuchter Versicherungsbetrug ist strafbar. Durch nicht aufgedeckte Betrügereien entstehen bei den Versicherungen jährlich Schäden in Milliardenhöhe. Die Konsequenz sind steigende Beiträge – ein Teufelskreis. Sachverständige und seriöse Dachdecker müssen mit fachlicher Kompetenz vorhandene Schadenbilder aus technischer Sicht bewerten und den Versicherern damit eine Grundlage geben, die eine juristische und kaufmännische Beurteilung ermöglicht.



