Dachhakten Bitumenschindeln
Ein eher unübliches Bild – Solarhalter in einer Bitumenschindeldeckung. (Quelle: Gärtner)

Steildach 3. November 2022 Dachhaken bei Solaranlagen: Vorsicht vor falschen Halterungen

Bei der Montage von Aufdach-Solaranlagen besteht eine weit verbreitete Problematik beim Einbau von Halterungen als sogenannte Dachhaken. Werden die Halterungen ohne statischen Nachweis montiert oder wird der Ziegel um den Haken herum „bearbeitet“, ist eine mängelfreie Abnahme durch den Sachverständigen ausgeschlossen.

Um preiswerte und renditefähige PV-Anlagen zu verkaufen, werden dem Kunden zum Beispiel durch Solarteure und diverse Elektrofirmen recht günstige, häufig ungeeignete Dachhaken angeboten, um die Gestellkonstruktionen von Aufdach-Solaranlagen aufzunehmen. Hierbei kommt es häufig vor, dass ein Dachdeckerbetrieb als Subunternehmer eingesetzt wird, welcher diese fragwürdigen Halterungen am Dach montieren soll. Problematisch ist, dass der ausführende Dachdecker bei der Montage gleich mehrere Risiken eingeht, und dies für einen untergeordneten Umsatz.

Schäden durch fehlerhafte und/oder falsch montierte Solarhalter

An 2 Beispielen soll dargestellt werden, welche Schäden fehlerhafte und/oder falsch montierte Solarhalter verursachen können:

1. Einbau der Halter auf einem Steildach (circa 35) aus Bitumendachschindeln unterhalb des PV-Bereiches mit ansonsten vorhandener Schieferdeckung.

2. Die grundsätzliche Problematik der Dachhaken, wenn dadurch eine Dachdeckung von Ziegeln oder Dachsteinen regelwidrig bearbeitet werden muss.

Unsachgemäße Nutzung der PV-Monteure

Zu 1.: In gegebenem Fall mussten die sogenannten Dachhaken in die Bitumendachschindeln eingedeckt werden. Nach der Eindeckung durch den Dachdecker entstanden durch die unsachgemäße Nutzung der PV-Monteure, welche auch als Auftraggeber für den Dachdecker fungierten, Schäden an der Eindeckung oberhalb der Dachhaken. Dies veranlasste den Auftraggeber, einen Sachverständigen einzuschalten. Der Sachverständige stellte bei der Begutachtung folgende Mängel fest:

Der erforderliche Befestigungsnachweis war nicht vorhanden.

Eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder ein Prüfzeugnis der Halter war ebenfalls nicht vorhanden. Demzufolge musste ein Einzelnachweis für die jetzt schon eingebauten Dachhaken geführt werden.

Ebenso sollte die grundlegende Eindeckmöglichkeit der Dachhaken geprüft werden. Somit wurde es erforderlich, dass zusätzlich ein Statiker involviert werden musste. Der Statiker erläuterte nach der Berechnung der bisher eingedeckten Dachhaken, dass bei dem jetzigen Zustand im Extremfall eine vierfache Überlastung (nach Normdaten) für die Dachhaken gegeben ist. Der Statiker gab vor, welche Halter für die gegebene Deckung in Verbindung mit dem Untergrund (Holzschalung) einzuplanen waren. Ebenso mussten für genannten Halter alle drei Schraublöcher genutzt werden, wobei das unterste Schraubloch durch eine definierte Schraube einzudrehen war. Dies bedeutet für die Eindeckung, dass in diesem Bereich eine relativ geringe Höhenüberdeckung besteht.

Zerstörungen der Ziegel

Zu 2.: Eine weitere Problematik besteht grundsätzlich dann, wenn zum Beispiel Dachsteine und/oder Ziegel bearbeitet werden. Hier entstehen insbesondere im Falzbereich unzulässige Zerstörungen des Ziegels. Der Ziegel ist, wenn Teile der Falze entfernt werden, nicht mehr regelkonform. Dieser Ziegel entspricht dann somit nicht mehr dem Produktdatenblatt des Fachregelwerkes.

Ob eine Funktionseinschränkung besteht, ist abhängig von der Dachneigung und der gegebenen Unterdeckung. Unabhängig von der Funktionseinschränkung besteht aber auf jeden Fall eine Regelwidrigkeit und stellt einen sogenannten Mangel dar.

Entscheidend für eine Funktionssicherheit bei gegebenen Dachhaken sind insbesondere das gewählte Unterdach und die Dachneigung. Hier ist es geboten, die Qualität des Unterdaches den Beanspruchungen nach der Ziegelregel anzupassen und gegebenenfalls sogar zu erhöhen. Insbesondere bei sehr häufig vorkommenden flacheren Neigungen führen solche Grenzbereiche zu Funktionseinschränkungen und Gewährleistungsansprüchen.

Auf allgemeine bauaufsichtliche Zulassung achten

Zu 1: Wenn der Dachhaken eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung besitzt oder durch Einzelberechnung nachgewiesen ist, wie dieser eingebaut wird, kann mit entsprechenden zusätzlichen Maßnahmen eine regelkonforme Eindeckung generiert werden.

Im speziellen Fall wurden 25 cm breite Metallunterlagen unter die Haken eingedeckt und die Metallunterlage entsprechend an den Seiten gefalzt. Nach Einbau des Dachhakens als Halterung für das Traggestell der PV-Anlage wurde der Haken mit entsprechenden Schrauben nach Definition des Statikers befestigt. Da auch das unterste Bohrloch mit entsprechenden Schrauben genutzt werden musste, entstand eine Problematik in der Höhenüberdeckung, die dadurch gelöst wurde, dass ein einschiebbares Blech über das vorher eingebaute Blech Verwendung fand. Die tiefsitzenden Schrauben waren nun um circa 10 cm in der Höhe überdeckt, sodass die Konstruktion regelkonform war.

Zu 2: Anstatt diverse (billige) Halterungen zu nutzen, die meist auch sehr schlecht eingedeckt werden können und bei denen, insbesondere von fachfremden Betrieben, zum Teil abenteuerliche Hilfsmaßnahmen (Silikone etc.) generiert werden, ist es wesentlich eleganter und regelkonform, von einschlägigen Herstellern der Ziegel oder von Universal-Halterungen entsprechende systembezogene oder Universaleinbauteile zu verwenden. Auch hierbei sind die statischen Parameter abzustimmen.

Der Einsatz von systemgerechten oder Universalhaltern ist sicherlich kostenintensiver als eine Montage von Dachhaken. Die Sicherheit für den Auszuführenden (Dachdeckerunternehmer) ist jedoch wesentlich größer. Es können insofern keine Regressansprüche sowie Gewährleistungsansprüche auf den Dachdeckerunternehmer zukommen.

Im Zweifel Bedenken anmelden

Der auszuführende Dachdeckerunternehmer, insbesondere wenn er als Subunternehmer für Elektrounternehmen tätig wird, ist gehalten, entsprechende Bedenken anzumelden, wenn Billiglösungen gefordert werden. Sinnvoll sind Produkte der einschlägigen Hersteller als Einbauteile. Die nachträglichen Schäden respektive Gewährleistungsansprüche können den Umsatz um ein Vielfaches übersteigen. 

Herbert Gärtner

zuletzt editiert am 03.11.2022