Steildach: Dachschäden bei der Solarpanelbefestigung sind leider keine Seltenheit. Wir informieren Dachdecker*innen über mögliche Risiken, typische Schadensbilder und geben Praxistipps für die Installation.
Mit den neuen Aufgaben treten nun auch viele Gewerke auf, die häufig kein Verständnis für die Zusammenhänge von Regeldachneigung, Regensicherheit, Zusatzmaßnahmen zur Deckung sowie den statischen Anforderungen an Windsogsicherung und Schubsicherung haben. Gemäß den Landesbauordnungen müssen bauliche Anlagen so ausgeführt werden, dass sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit nicht gefährden. Diese bauordnungsrechtlichen Grundanforderungen gelten auch für PV- und Solarthermieanlagen sowie ihre Anlagenteile, die im Gebäude installiert bzw. an oder auf Gebäuden befestigt werden. Sie dürfen auch die baukonstruktiven und gebäudetechnischen Funktionen wie die Standsicherheit, den Brandschutz sowie die Gebäudenutzung nicht beeinträchtigen und müssen von allen Beteiligten in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich beachtet werden.
Typische Schadensbilder
Die Analyse von Schadensfällen geben deutliche Hinweise auf die Problemlagen. So werden häufig bei unsachgemäßer Begehung sowohl bei energetischen Modernisierungen als auch Neueindeckungen durch nicht fachgerecht eingewiesenes Personal Dachziegel oder Dachsteine beschädigt.
Wesentliche Schadensbilder zeigen sich vor allem bei der Montage von einfachen, herkömmlichen Dachhaken. Diese herkömmlichen Befestigungssysteme sind häufig nicht allen Belastungen auf dem Dach gewachsen. Dabei sind es nicht nur die statischen Anforderungen aus Wind- und Schneelast für die Haken selbst, die zu Problemen führen können. Vielfach führen Belastungen auf die Dachdeckung unter den Befestigungspunkten zu Problemen. Dabei liegen Dachhaken oder Sparrenanker oft auf den Dachpfannen, Biberschwanzziegeln oder ähnlichem auf und beschädigen diese. Kritisch wird es z. B., wenn sich der Sparrenanker unter Belastung verformt und so auf die Dachdeckung wirkt.

Oft zeigen sich Schäden auch erst nach einiger Zeit. Feine Haarrisse, die bei der Montage entstehen, führen dann erst nach Abschluss der Montagearbeiten und nach dem Entfernen von Gerüst und Baustelleneinrichtung zu Wassereintritt unter der Dachfläche. Ist es erst so weit, dann muss, sehr zum Unmut der Bauherrenschaft und unter Belastung des Finanzierungsplanes, die Solaranlage zur Reparatur der Dachdeckung zurück gebaut werden.
Lasteinleitung über Traglattung
Oft werden unterschiedlich gestaltete Dachanker durch Einhängen in die Dachlattung zwischen den Dachsparren auch durch Einnageln oder Einschrauben eingesetzt. Hierbei werden Horizontalkräfte über die Stirnseiten der Dachziegel oder Dachsteine in die Dachlattung und dann über die Konterlattung in die Dachsparren eingeleitet. Die Übertragung der Schnee- und Winddruckkräfte erfolgt also vollständig über die Oberfläche der Dachdeckung in die Dachlattung, Konterlattung und Dachsparren. Auch die Abstützung der Windsogkräfte erfolgt über die Dachlattung und Konterlattung an den Dachsparren. Bei diesen Befestigungslösungen ist die Erbringung eines statischen Nachweises zur Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit des Dachhakens kaum möglich, da der Lastabtrag über die Dachlattung erfolgt, die zwischen den Sparren einen relativ großen Stützabstand aufweisen und somit einen relativ geringen Flächenquerschnitt haben. Die nachweisbaren einzuleitenden Kräfte sind vergleichsweise sehr gering. Auch ist die Tragfähigkeit der Dachlatten abhängig vom Alter und Zustand nur schwer zu beurteilen. Da hier eine Kraft über üblicherweise genagelte Dachlatten erfolgt, können Windsoglasten nicht ausreichend übertragen und nachgewiesen werden.
Regensicherheit und Lasteintrag über die Dachdeckung
Ein weiterer Faktor aus der Fachwelt des Daches wird häufig missachtet. Als wesentliche Komponente beschreibt dabei das Regelwerk des ZVDH (Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks) neben der Beachtung der statischen Anforderungen vor allem die Maßnahmen zum Erhalt der Regensicherheit. Die Fachregeln gehen dabei von der Erkenntnis aus, dass klein- oder großformatige Dachdeckungen nicht wasserdicht sind. Zwar sind die Einzelelemente also z.B. Dachsteine und Dachziegel einer Deckung entsprechend ihrer jeweiligen Güteanforderung als wasserundurchlässig anzusehen. Ihrem Zusammenwirken als Dachdeckung ist von Regensicherheit auszugehen, die bei Einhaltung der in den Fachregeln angegebenen werkstoffabhängigen Regeldachneigungen und Werkstoffüberdeckungen im Normalfall erreicht wird. Konsequenterweise betrifft dies auch Einbau- und Zubehörteile zur Deckung (siehe. ZVDH-Merkblatt Einbauteile bei Dachdeckungen).
Bei extremen Witterungseinwirkungen, wie z. B. Treibregen, Flugschnee, Vereisungen und Schneeablagerungen kann allerdings kurzfristig bzw. auch vorübergehend Niederschlagsfeuchte unter die Dachdeckung gelangen und zur Durchfeuchtung der darunter liegenden Konstruktion und im schlimmste Fall auch der Räume führen. Hier kommen zusätzliche Maßnahmen wie z. B. Unterspannungen, Unterdeckungen oder Unterdächer zum Einsatz um derartige Einwirkungen zu minimieren.
Zu einer ganzheitlichen Betrachtung sind hier Element und System und die weiteren Bedingungen/Anforderungen in ihrem Wirkungszusammenhang Grundlage für die erwartete Wirkung einer regensicheren Deckung.
Ein Großteil von Schäden bei Solaranlagen sind auf Sturm, Schneelast und Feuer zurückzuführen. Windsog- und Schneelasten stehen dabei für die Solaranlage wie auch für Montageelemente im Vordergrund.
Für die vom Bauherren gewünschten langen Betriebszeiträume der Systeme ist die funktionssichere und geplante Montage auf dem Dach eine Grundvoraussetzung. Die Lastableitung erfordert immer einen Eingriff in das System der Dachdeckung und berührt somit automatisch die Thematik der Regensicherheit einer Dachdeckung.
Herkömmlicher Sparrenanker müssen zur Befestigung durch die Ebene der Dachdeckung geführt werden. Hierzu werden Kopf- und Fußrippen von Dachsteinen oder Dachziegeln, also die Verfalzungen und Regensperren mit Hammer oder Flex bearbeitet und entfernt um ein Sperren der Dachdeckung zu verhindern . Dadurch wird auch bei sorgfältigster Bearbeitung aber die Regensicherheit einer Dachdeckung reduziert. In der Folge kann die Dachdeckung, nicht nur bei flach geneigten Dächern, in ihrer Wirkung als regensichere Bedachung versagen. Dabei ist allen Beteiligten klar, dass zur Sicherstellung der geforderten Regensicherheit vor allem die Überdeckungsbereiche der Dachziegel oder Dachsteine mit teilweise aufwändig verfalzten Zonen oder Regensperren erforderlich sind. Diese Bereiche bestimmen auch die Zuordnungen der Regeldachneigung einer Dachdeckung. Es bleibt festzuhalten: Auch wenn die Bearbeitung der Dachpfannen sorgfältig erfolgt, verringert sich an dieser Stelle zwangsläufig die Regensicherheit der Dachdeckung, die nach dem Regelwerk durch eine höherwertige Zusatzmaßnahme (Unterdeckung/Unterdach) ausgeglichen werden müsste. Gegebenenfalls stellt dies sogar einen Mangel dar.
Schwächung der Dachdeckung
Häufig wird auch nicht beachtet, dass die Bearbeitung der Dachpfannen auch die mechanische Stabilität der Dachpfannen beeinträchtigt. Dadurch entsteht ein erhöhtes Bruchrisiko. Dabei führt vor allem die elastische Verformung der Dachhaken durch Wind- und Schneelasten zu einer punktförmigen Belastung der Dachpfannen. So kann es unter der Solaranlage leicht zu unbemerktem Dachpfannenbruch mit weitreichenden Folgen kommen. Die Bearbeitung der Dachpfannen mit Hammer oder Flex führt eine Schwächung herbei, die auch zu einem Verlust auf Gewährleistungsansprüche der Dachpfannen-Hersteller führen kann. Die Ein- oder Weiterleitung zusätzlicher Lasten über die Dachdeckung in die Tragkonstruktion ist nicht geregelt und wird auch in den seltensten Fällen von den Herstellern von Dachziegeln oder Dachsteinen freigegeben. Wird die Biegetragfähigkeit von Dachziegeln und Dachsteinen zur Lastaufnahme in Anspruch genommen, kann dies zum Bruch führen. Diese Art der Lastübertragung ist zu vermeiden. Das Risiko verbleibt also bei Installateur der Solaranlage; und das ist nicht immer der Dachdecker. Aufklärung tut Not und kann ein wichtiges Argument im Kundengespräch sein.
Modulstütze
Zur Befestigung von Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach sind beispielsweise Modell-bezogene Dachsystemteile günstig, die, wie die Modulstütze, passend in Form und Farbe in die Deckung eingebunden wird. So erübrigt sich eine Anpassung der Deckung durch z.B. Flexen und Schroten. Die Befestigung der Modulstütze erfolgt sparrenunabhängig auf Dachlatten und zusätzlichen Sog- und Stützlatten. Die Regeneintragssicherheit der Deckung wird nicht vermindert. Als Systemelement bleibt auch die volle Hersteller-Gewährleistung erhalten. Auf der Modulstütze können Montagegestelle bzw. entsprechende Adapter von oben mit Schrauben befestigt werden. Die Lasten werden über zwei Zusatzlatten in die Dachkonstruktion eingeleitet, eine sogenannte Soglatte zum Abtragen der Windsogkräfte und eine zusätzliche Dachlatte zur Aufnahme der Schubkräfte unter der Dachlatte, in der die Dachpfannen hängen. Auch für diese Lösung gelten maximal aufnehmbare Lasten.
Die angegebenen Werte sind vom Hersteller bewusst konservativ angesetzt, um immer auf der sicheren Seite zu liegen und die Dachdeckung nicht zu beeinträchtigen. Die Modulstütze wurde im Windkanal getestet und ist TÜV-geprüft. Sie fügt sich in Form und Farbe harmonisch in die Dachdeckung ein.

Indach-Anlagen
Der gesamten Problematik entgeht der Dachdecker bei der Installation von Indach-Anlagen, die auch ästhetisch ansprechende Lösungen in der Dachgestaltung ermöglicht und die Architektur des geneigten Daches unterstreicht. Die Dachintegration verbindet kostengünstig und sicher die Deckung eines Daches mit der Installation einer Solaranlage. So erfordern Indach-Anlagen keine Solarhalter, die zum Ableiten der auftretenden Eigen-, Windsog- und Schneelasten durch die Dachdeckung geführt werden müssen.
Die integrierte Anlage erfüllt neben der Energiegewinnung auch die Funktion einer Dachdeckung. Die auftretenden Kräfte werden direkt in die Unterkonstruktion eingeleitet. Da die Dachdeckung nicht durchdrungen wird, gefährden diese gebäudeintegrierten Anlagen nicht die Regensicherheit der Deckung.
Zu unterscheiden sind Systeme mit Eindeckrahmen, die vergleichbare Anschlüsse wie ein Dachfenster haben und Module, die im Raster der Dachpfannen verlegt werden. Die Module werden an Stelle der Dachpfannen verlegt und ermöglichen ein dezentes und harmonisches Deckbild, das auch besonderen ästhetischen Ansprüchen genügt.
Hanns-Christoph Zebe, Geschäftsführer Qualitätsverband Solar- und Dachtechnik (QVSD)
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