Ist Pfützenbildung jetzt nun egal oder nicht? Was muss der Dachdecker tun, wenn es sich um stehendes Wasser und dessen Konsequenzen handelt? Stefan Ibold schreibt uns seine Meinung zu dem Dauerbrenner "stehendes Wasser" auf dem Flachdach.
Bis vor rund 15 Jahren war das Thema mit dem Verbleib von Restwasser auf Dachflächen noch kein großes Thema. Das wurde es erst, als die unsäglichen Anwendungskategorien in die Fachregel für Abdichtungen übernommen wurden. Das wiederum wurde nach meiner Wahrnehmung durch die Novellierung der DIN 18531 und der folgenschweren Angleichung der Fachregel an die Norm erst möglich. Allein die Diskussionen, die durch die „immer notwendige Anwendbarkeit“ der Anwendungskategorie „K 2“ entstanden, sind bis heute aus rein technischer Sicht kaum nachvollziehbar. Allerdings hat die Einführung dazu geführt, dass auf Seiten der Bauherren und der Architekten Begehrlichkeiten geweckt wurden, die kaum ein Dachdecker wirklich einwandfrei erfüllen konnte. Unnötige Prozesse waren die Folge und darin enthalten eine Menge technisch falscher Urteile.
Das Gefälle bei Abdichtungen hat aber seine Hauptaufgabe in dem Abführen des anfallenden Niederschlags- und/oder Schmelzwassers und u. a. dadurch die möglichen Verunreinigungen auf den Abdichtungen zu verringern. Auf die Dichtigkeit der Abdichtungen hat es überhaupt keinen Einfluss. Trotz der weiteren Novellierungen der Fachregel für Abdichtungen, in denen inzwischen weder eine Anwendungskategorie noch eine Anwendungsklasse beschrieben wird, anders als bei der DIN 18531, verstummen die Diskussionen nicht.
Nach meiner persönlichen Wahrnehmung sind es allerdings die Architekten und Sachverständigen der IHKs, die der Auffassung sind, dass überhaupt kein Wasser auf dem Dach verbleiben darf. Die Forderungen aus dem Lager der Planer gehen inzwischen weiter. So soll das anfallende Wasser nur noch über die Gebäudeaußenseiten abgeleitet werden. Die sich daraus ergebenden Probleme will man aber andererseits nicht wahrhaben/-nehmen. Bei großen Dachterrassen mit langen Gefällestrecken ergeben sich z. B. irre Anschlusshöhen gerade in den Bereichen, die ohnehin schwierig zu gestalten sind (Stichwort barrierefreies Bauen beim Zugang auf die Dachterrasse) und somit an anderer Stelle kostenintensiv zu Buche schlagen.
Uwe Liebheit (u. a. Richter a.D. OLG Hamm und LG Münster, leider verstorben) hat im Rahmen eines Vortrags bei den Aachener SV-Tagen ausgeführt, dass eine aRdT nur in Gänze aRdT sein kann und nicht nur in Teilbereichen. Unsere Fachregel ermöglicht gemäß Abschnitt 2.2 „Dachneigung und Gefälle“ Dächer mit Abdichtungen, bei denen kein Gefälle (< 2%) geplant und ausgebildet ist. Seit Neuestem werden z. B. Retentionsdächer in größerem Umfang erstellt, bei denen ein Gefälle gerade nicht gewünscht ist. All diese Dächer entsprechen aber den anerkannten Regeln der Technik!
Heiß diskutiert: Vertiefter Dachablauf & Kontergefälle
Wenn sich die öffentlich bestellen und vereidigten Sachverständigen in der Beurteilung dieser Fälle dahingehend einig sind/wären, dass dann, wenn der Dachablauf nicht vertieft in der Dachfläche eingebaut ist (vergl. Fachregel für Abdichtungen Abschnitt 4.8.1 „Abläufe, Notab- und Notüberläufe, Klammersatz (3)) und aus diesem Grund Restwasser verbleibt, ein Mangel vorliegt; wenn aber die Konstruktion kein erkennbares Kontergefälle aufweist oder nachträglich der Beton in die Relegation geht, die Abläufe jedoch vertieft eingebaut sind, nicht automatisch trotzdem ein Mangel erkannt wird, dann wäre vielen Kollegen geholfen. Wenn der Planer die Abläufe z. B. bei Stahltrapezprofilen im Bereich der Auflager plant und ausführen lässt (vergl. Fachregel für Abdichtungen Abschnitt 2.3.4 „Stahltrapezprofile“ Klammersatz (2)), ohne dass Dachreiter zu einer punktweisen Entwässerung führen, dann liegt ein Mangel vor, selbst wenn der Ablauf vertieft eingelassen ist, denn dann verstößt die Ausführung gegen die Fachregel für Abdichtungen.
Es mehren sich die Stimmen, dass verbleibendes Restwasser der Abdichtung nicht schaden darf. Das tut es aber in den wenigsten Fällen. Auch das Argument der Geruchsbelästigung und der immer wieder heraufbeschworenen Mückenplage ist mit Verlaub Unsinn und wissenschaftlich widerlegbar.
Dächer müssen gemäß der Fachregel im Abschnitt 5 „Pflege und Wartung“ inspiziert und gewartet werden. Dazu gehört auch, dass sie gereinigt werden müssen. Insbesondere in den Bereichen vor den Abläufen sammeln sich durch Ablagerungen an den Kiesfangkörben vermehrt organische Stoffe, die regelmäßig entfernt werden müssen. An diesem Punkt – der Inspektion und Wartung – müssen wir als Sachverständige uns und unsere Kollegen in die Verantwortung nehmen, genau dieses mehr zu publizieren und durchzusetzen.
Stefan Ibold